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Eine Straßenbahn in der Potsdamer Innenstadt.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Busse und Trams in Potsdam: Vier-Fraktionen-Bündnis will Stopp der ÖPNV-Kürzungen

Die Linke, Bündnis90/Grüne-Volt-Die Partei, CDU und Die Andere wollen gemeinsam die Einsparungen beim Verkehrsbetrieb ausbremsen. Es ist der zweite große Posten, der im Sparkonzept des Rathauses infrage steht.

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Ein Bündnis von vier Fraktionen will den Sparkurs beim kommunalen Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) stoppen. Das teilten Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen-Volt-Die Partei, CDU und Die Andere am Montag mit. Zusammen verfügen die Parteien und Gruppierungen über eine deutliche Mehrheit von 31 Sitzen in der 57-köpfigen Stadtverordnetenversammlung.

In ihrem Antrag fordern die vier Fraktionen, dass die Stadt endlich eine Finanzierungsvereinbarung mit dem ViP schließt. Sie soll eine „auskömmliche ÖPNV-Finanzierung“ sichern und bis Ende 2029 gelten. Ansonsten werde die Handlungsfähigkeit des Verkehrsbetriebs „durch aktuell geplante Haushaltseinsparungen ohne eigenes Verschulden gefährdet“.

Das bedeutet im Klartext: Weitere Sparmaßnahmen beim Verkehrsbetrieb sollen mit dem Beschluss dauerhaft ausgeschlossen werden. Das Angebot der Busse und Trams, das seit den Winterferien zusammengestrichen ist, dürfte dann nicht mehr eingeschränkt werden.

Die Finanzierungsvereinbarung solle sicherstellen, dass „keine Kürzungen über das bestehende ÖPNV-Angebot (Stand 3.2.2025) hinaus als sogenannte Einsparungen benötigt werden“, so die Beschlussvorlage. Außerdem soll die Stadt dem ViP nicht nur dieses Jahr zusätzlich drei Millionen Euro zahlen, sondern auch in 2026 und den Folgejahren.

Stadtwerke warnten vor 36 Millionen Euro Minus

Grünen-Politiker Gert Zöller kritisierte, dass ein Dringlichkeitsantrag aus dem Dezember, der den ÖPNV absichern sollte, bis heute nicht umgesetzt worden sei. „Weder wurde bislang eine Finanzierungsvereinbarung mit dem Verkehrsbetrieb für 2025 unterschrieben, noch gibt es ein Finanzierungsmodell zur dauerhaften Sicherung der Leistungsfähigkeit des ViP in den Jahren danach“, so Zöller.

Bereits Ende November 2024 hatte Stadtwerke-Chef Monty Balisch gewarnt, beim ViP seien 2025 Verluste in Höhe von rund 36 Millionen Euro zu erwarten. Daher müssten die Zuschüsse der Stadt erhöht werden, „oder wir reduzieren das Angebot“, so Balisch damals. Mit seinem aktuellen Haushaltsentwurf hatte das Rathaus den Stadtwerken nur rund 4,6 Millionen Euro extra gewährt, die zu etwa einem Drittel auch für den zunehmend defizitären Bäderbetrieb verwendet werden sollen. Daher musste der Verkehrsbetrieb nun sparen.

Pressekonferenz der Fraktionen zur Abwahl des Oberbürgermeisters Anfang Januar.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Das Vier-Fraktionen-Bündnis, das in ähnlicher Konstellation bereits den Abwahlantrag gegen Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) geschmiedet und beschlossen hatte, will zudem, dass laufende und künftige Investitionen des ViP über Darlehen mit Laufzeiten von mehr als 20 Jahren finanziert werden. Dazu gehören Fahrzeugbeschaffungen, der Betriebshofum- und neubau sowie Streckenerweiterungen wie nach Krampnitz. Durch die langen Laufzeiten der Darlehen erreiche man ein „stabiles Zukunftsmodell“ für Stadt, Stadtwerke und ViP, so die Antragsteller.

Der Eigenanteil für die kreditfinanzierten Ausgaben soll nach dem Willen des Bündnisses aus dem städtischen Haushalt kommen – trotz des scharfen Sparkurses von rund 50 Millionen Euro pro Jahr, den Schubert und sein Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD) einschlagen wollen.

Mit den bislang gesetzten Sparzielen setzt der Kämmerer die Axt an unseren Nahverkehr.

Benjamin Karl, sachkundiger Einwohner für die Fraktion Die Linke

„Mit den bislang gesetzten Sparzielen setzt der Kämmerer die Axt an unseren Nahverkehr“, so Benjamin Karl, sachkundiger Einwohner für die Fraktion Die Linke. Wärme- und Verkehrswende dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Tanja Mutschischk (CDU) sagte: „Nur wenn es uns gelingt, den ViP finanziell langfristig zu stärken, werden wir den Herausforderungen im Sparhaushalt begegnen können.“ Es müsse auch die Zukunft der ViP-Mitarbeiter im Blick behalten werden.

Potsdam brauche „schnellstmöglich für die Nutzenden eine Zusage für ein verlässlich gutes Angebot – und für den Verkehrsbetrieb die Sicherheit einer stabilen Finanzierung“, so die Stadtverordnete Anna Duksch von Die Andere.

Bündnis will Politik an Schubert vorbei durchsetzen

Dass politisch sehr unterschiedlich ausgerichtete Fraktionen wie Die Andere und CDU in einem gemeinsamen Antrag zusammen finden, gilt nach wie vor als ungewöhnlich in der Potsdamer Stadtpolitik. Doch diese Mehrheit will nunmehr an Oberbürgermeister Schubert vorbei ihre Politik durchsetzen. Auch beim Ersatz für das Heizkraftwerk, also der sogenannten Wärmewende, setzte es den Rathauschef unter Druck.

Schubert steht wegen großer Unzufriedenheit angesichts fehlender politischer Erfolge und seines umstrittenen Führungsstils sowie nach der VIP-Ticket-Affäre vor der Abwahl durch die Stadtverordneten. Ihn unterstützt nur noch seine eigene SPD-Fraktion. Schubert will es allerdings auf einen Bürgerentscheid zur Abwahl ankommen lassen. Dieser fände Ende Mai statt.

Der gemeinsame ÖPNV-Antrag der vier Fraktionen zeigt, dass es nach wie vor keine neue Kooperation oder Vertrauensbasis zwischen Schubert und den Stadtverordneten gibt. Darum hatte Schubert sich bemüht, jedoch kaum mit Aussicht auf Erfolg.

Kürzlich hatte bereits seine eigene SPD-Fraktion den Haushaltsentwurf des Oberbürgermeisters zerpflückt. Sie lehnt den Plan ihres Oberbürgermeisters ab, wonach die kommunale Bauholding Pro Potsdam pro Jahr eine Million Euro an die Stadtkasse abführen soll, um einen Beitrag zur Finanzierung der Wärmewende zu leisten.

Darüber hinaus will die SPD-Fraktion die Sparbemühungen bei Kindern und Jugendlichen begrenzen. So müsse im Gegenteil die Jugendförderung gestärkt und ausgebaut werden. Die Stadtspitze um Schubert will unter anderem bis zu vier Jugendklubs schließen oder Kita-Kinder mit besonderen Bedarfen nicht mehr extra unterstützen.

Auch beim Schulessen stellt sich die SPD-Fraktion quer. Die Stadt müsse in dem Bereich 170.000 Euro jedes Jahr zusätzlich bereitstellen: „Die Preisdeckelung bleibt dabei ein wesentliches politisches Instrument.“

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