Landeshauptstadt: Campanile in Zartrosa
Vorläufiger Abschluss der Bauarbeiten an der Sacrower Heilandskirche mit einem Gottesdienst gefeiert
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Sacrow - Eine einzige Säule aus Ebenholz hatte die Wirren überstanden. Allerdings nur als Fragment. Dazu ein Viertel eines Kapitells sowie das Altarpodest. Mehr war vom ursprünglichen Altar der Sacrower Heilandskirche nicht mehr übrig geblieben, bevor sich die Restauratoren daranmachten, ihn zu rekonstruieren. So erzählte es Architekt Klaus Günther am gestrigen Sonntag am Rande eines Gottesdienstes, mit dem die Potsdamer Pfingstkirchengemeinde unter Anwesenheit von Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) den Abschluss der jüngsten Bauarbeiten an dem Gotteshaus feierte.
Die nun abgeschlossenen Arbeiten an dem Sakralbau bilden den vorläufigen Schlusspunkt in den Bemühungen, die durch das DDR-Grenzregime geschundene Kirche wiederherzustellen. Das Gotteshaus lag zu DDR-Zeiten bekanntlich mitten im Grenzgebiet und war daher für die Bevölkerung nicht zugänglich. Der Innenraum des Sakralbaus wurde bald nach dem Mauerbau mutwillig zerstört. Die Kirche verfiel lange Zeit. Nachdem bereits in den 1980er-Jahren, also noch vor dem Mauerfall, die Kirche mit Unterstützung des damaligen Westberliner Senats und der Tagesspiegel-Stiftung teilweise saniert werden konnte, erfolgten seit den 1990er-Jahren umfassende Restaurierungsarbeiten an dem imposanten Gotteshaus, das heute zur Potsdamer Pfingstkirchengemeinde gehört.
In dem vorläufig letzten Bauabschnitt, der sich über drei Jahre erstreckte, wurde nicht nur der Altar mit seinen schwarzen Säulen aus Ebenholz, dem Zedernfurnier sowie den Goldverzierungen und den kunstvoll gefertigten Intarsien aus Ahorn und Ebenholz vollständig rekonstruiert, auch die Täfelungen und Einfassungen der Kirchenbänke erhielten in Teilen einen Anstrich. Auch das Hochkreuz in der Apsis, dessen Fuß die Verwüstung der Kirche zur Zeit von Mauer und Stacheldraht überdauert hatte, wurde rekonstruiert und erstrahlt nun in neuem goldenen Glanze. Das Adlerlesepult aus Zinkguss, das durch seine farbliche Behandlung wie aus Holz wirkt, erhielt quasi einen Zwilling: Zum Zwecke des liturgischen Gebrauchs wurde eine Kopie gefertigt. So kann das historische Pult geschont werden.
Die Hauptarbeit der vergangenen Jahre jedoch galt dem Campanile, also dem freistehenden Glockenturm direkt neben der Kirche. Eine „hauchdünne Brühe“ habe man als Lasur auf die Ziegelsteine des Glockenturms aufgebracht, berichtete Restaurator Ulrich Schneider am Sonntag. Das zarte Hellrosa der Lasur wechselt sich nun ab mit den horizontalen Streifen aus blauglasierten, gelbgemusterten Fliesen. Schon zur Erbauungszeit der Kirche – sie wurde 1844 von Ludwig Persius nach Skizzen Friedrich Wilhelm IV. errichtet – seien die hellen Ziegelsteine des Campaniles, ebenso wie des Kirchenschiffes, gestrichen worden, sagte Schneider. Man habe sich also schon damals nicht mit der natürlichen Farbe der Steine begnügen wollen. Und in der Tat ist das optische Erlebnis ein durchaus anderes als vor der Frischekur: Der Campanile ist jetzt von weit her kräftiger in der Landschaft sichtbar. Auch das Kreuz auf dem Turm sowie das gesamte Dach des Campaniles wurden in den vergangenen Jahren restauriert. „Das Kreuz leuchtet wieder weit ins Land“, freute sich am Sonntag Lektor Karl-Heinrich von Bothmer. Er dankte zugleich für die vielen helfenden Hände sowie die finanzielle Förderung durch öffentliche Stellen.
Nach Angaben der Potsdamer Stadtverwaltung wurde der jüngste Bauabschnitt mit 324 000 Euro aus dem Investitionsprogramm für nationale Unesco-Welterbestätten vom Bund gefördert. Die Stadt Potsdam gab demnach 36 000 Euro dazu.
Wie Restaurator Schneider erläuterte, fehlt nun zur vollständigen Wiederherstellung der Kirche vor allem noch die farbliche Behandlung des Kirchenschiffs – so wie jetzt mit dem Campanile bereits geschehen. Holger Catenhusen
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