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Landeshauptstadt: Casting nach der Traumfrau

Über die Suche von der Nadel im Heuhaufen erzählt das Stück „Kamikaze Pictures“ des Jungen Theaters

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Wo ist die begehrte Nadel im Heuhaufen? Es gibt legendäre Suchaktionen verliebter Teenager: Stadtweit verteilte Plakate, Aufrufe per Radio oder Fernsehen, überdimensionale Graffitis an Häusern, auf Straßen, an Brücken – der Andy in „Kamikaze Pictures“, dem neuen Stück des Hans-Otto-Jugendtheaters (Premiere am kommenden Samstag in der Reithalle A), geht da noch einige Schritte weiter. Er will einen Film über die Suche nach seiner Traumfrau Linda drehen, die er auf der Love-Parade gesehen und sich sofort in sie verliebt hat.

Moritz Führmann, der 29-jährige Darsteller des Andy, kennt solche Gedanken. „Ein Aufruf bei ,Nur die Liebe’ kam mir als Jugendlicher schon mal in den Sinn“, gesteht er. Seine ausgeführten Aktionen im Jugendalter beschränkten sich dann aber im Aufnehmen von Kassetten: „Ich glaube, Tapes haben wir alle mal zusammengestellt und die Anfangsbuchstaben der Lieder haben dann immer den Namen der Angebeteten ergeben.“

Eine sanfte Aktion, wenn man die Taten des Andys gegenüber stellt. Er lässt im Stück von Jan Liedtke von Freunden ein Phantombild entwerfen, das in der ganzen Stadt plakatiert wird, Andy und sein Kumpel Henry dringen in eine Kunsthalle ein und besprühen die Bilder mit Lindas Namen; um immer mehr Aufmerksamkeit zu erhalten, schreien sie „Liiindaaa“ per Megaphon auf Stadtplätzen. Das ganze gipfelt in einem Kamikaze-Auftritt bei einem Parteitag der CSU, auf dem sich Andy splitterfasernackt auszieht, auf seinem Körper steht sein Begehr: Das Finden von Linda. Für den Film startet Andy ein Casting für die Rolle der Linda: Es meldet sich bei Andy ein Mädchen, dass mit seiner Gesuchten fast identisch ist. Doch ist es nur eine „Linda-Kopie“ oder ist es wirklich die gesuchte Traumfrau?

Im Stück geht es dabei nicht nur um die Varianten der Suche nach seiner großen Liebe, sondern um den Unterschied zwischen Wunschbild und Realität. Inwieweit hat man ein Bild vom anderen und wie stark nimmt man die Realität dann an. Die Linda werde deshalb im ersten Teil des Stücks auch als „manchmal unwirkliche Figur“ dargestellt, erklärt Linda-Darstellerin Caroline Lux. Und Moritz Führmann ergänzt: „Sie bleibt im Stück lange ein unantastbares Bild, eben das Bild, das Andy von ihr hat.“ Der Vergleich von Fiktion und Realität entscheidet: „Wird es Liebe oder nicht“, erklärt der 29-Jährige Schauspieler. Die Frage sei: Wie groß ist die Bereitschaft, das Bild zu ändern, „was passiert, wenn die Realität einbricht“, fasst es Moritz Führmann zusammen.Die fade Realität – passt das zum Gefühl des Verliebtseins, wenn man völlig auf der rosaroten Wolke schwebt? „Selbst wenn man die rosarote Wolke immer noch hat, weiß man mit ihr umzugehen“, meint Caroline Lux. Das klingt nach Abgeklärtheit des Alters, dem ein Prozess des Lernens vorauszugehen hat. „Natürlich ist die Kontaktaufnahme eine andere wie zu Jugendzeiten“ , sagt der 29-Jährige.

Doch, der Hesse mit dem Schalk in den Augen kann zumindest aus seiner Studienzeit mit einer Gegebenheit auftrumpfen, die ganz an Kamikaze Pictures erinnert: In Leipzig, wo er Schauspiel studierte, sah er eines Tages in der Mensa eine Frau. „Die habe ich dann dreieinhalb Monate lang gesucht und schließlich durch ständiges Rumfragen ausfindig gemacht.“ Daraus sind dann immerhin anderthalb Jahre Beziehung geworden, grinst er. Moritz Führmann fand damit zwar seine Traum-Nadel im menschlichen Heuhaufen, aber auch das garantiert nicht immer ein ewiges Happy-End.

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