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Gläsernes Unternehmen? Die Stadtwerke-Zentrale in der Babelsberger Steinstraße besticht durch ihre Architektur aus Glas und Stahl. In Sachen Transparenz des Stadtkonzerns sehen viele Potsdamer Politiker allerdings großen Handlungsbedarf.

© Andreas Klaer

Nach der Spitzel-Affäre: CDU und FDP setzen Jakobs unter Druck

Bohrende Fragen zur Abfindung für Paffhausen

Stand:

CDU und FDP in Potsdam nehmen in der Stadtwerke-Affäre nun Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ins Visier. Beide Parteien fordern ihn auf, politische Verantwortung für den Skandal zu übernehmen. Im Zentrum stehen Jakobs Agieren zur Aufklärung der Spitzel-Vorwürfe und die Abfindung in unbekannter Höhe für Ex-Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen. Jakobs müsse alle ihm bekannten Stadtwerke-Vorgänge in der Affäre offen legen und seine Rolle dabei erklären, heißt es in einer Beschlussvorlage für die Sitzung des CDU-Kreisvorstands am Dienstagabend. Der Oberbürgermeister solle auch Stellung zu dem Sponsoring-Geflecht der Stadtwerke nehmen und „eine Einschätzung“ dazu abgeben, ob aus diesem Geflecht Gefahren für die Unabhängigkeit städtischer Entscheidungen entstehen könnten. Nur so, meint die CDU, könne Jakobs „das Vertrauen in seine Amtsführung und die sie leitenden Prinzipien herstellen“. CDU- Kreischefin Katherina Reiche sagte, es dürfe öffentlich nicht der Eindruck entstehen, „es handele sich bei der Abfindung für Herrn Paffhausen um Schweigegeld“. CDU-Fraktionschef Michael Schröder bezweifelte, dass mit Jakobs und Bürgermeister Burkhard Exner (SPD) an der Stadtspitze „die angekündigte Herstellung von Transparenz überhaupt erreicht werden kann“. Beide seien „maßgeblich mitverantwortlich für die geschaffenen Strukturen“ und die damit entstandene Intransparenz um die kommunalen Unternehmen. Der Potsdamer CDU-Landtagsabgeordnete Steeven Bretz sagte: „Jakobs muss schwere Fehler einräumen und sich aus der Deckung wagen“, sonst gerate er in den Verdacht, nicht aufklären zu wollen. Mit seinen Bemühungen um Transparenz-Regeln verteile der Oberbürgermeister derzeit „Beruhigungspillen“. Auch Potsdams FDP-Chef Marcel Yon nannte die von Jakobs angekündigten Schritte für mehr Transparenz eine „Nebelbombe“. Er betonte, Jakobs habe als Gesellschafter der Stadtwerke und damit der Tochterunternehmen die Chance gehabt – „auch in den vergangenen Jahren“ – für Transparenz zu sorgen. „Dafür brauchen wir kein neues Regelwerk, keine neuen Strukturen, sondern die derzeitigen müssen angewandt werden.“ Die Stadtspitze verstoße aber mit ihrem Vorgehen sogar gegen die selbst aufgestellten Regeln im „Government Codex“ der Landeshauptstadt.

Yon kann Erfahrungen auf dem Feld der Unternehmensführung vorweisen. Nach eigenen Angaben leitete er zwei von ihm gegründete, börsennotierte Technologiefirmen, wirkte an der Privatisierung internationaler Energieunternehmen mit und beriet für eine Bank Versorgungsunternehmen auch in Fragen der „Governance“ – also der Unternehmensführung. Ein „derartiges Verletzen von ethischen Grundlagen wie in Potsdam“ habe er noch nie erlebt. Seit anderthalb Jahren ist Yon Mitglied des Aufsichtsrats der Stadtwerke. Dort habe man ihm, „auch Jakobs als Aufsichtsratsvorsitzender“, Zugang zu Informationen verweigert, seiner Ansicht nach rechtswidrig.

Yon stellt die möglicherweise mit Ex-Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen getroffene Vertragsauflösung samt Abfindung in Frage. Es habe in den öffentlich bekannten Verfehlungen genügend Gründe für eine fristlose Kündigung des Geschäftsführers gegeben, bei der eine Fortzahlung des Gehalts nicht fällig werde. „Sollte Jakobs sich auf einen Kuhhandel geeinigt haben, behalte ich mir vor, eine Anzeige wegen Untreue gegen den Oberbürgermeister zu stellen“, sagte Yon.

Die SPD-Fraktion erklärte am Dienstag, sie setze weiter auf die konsequente Aufklärung aller Vorwürfe. Das Handeln des Oberbürgermeisters begrüße sie. In der Debatte um den Aufsichtsrat der Energie und Wasser Potsdam (EWP) wollen sich die SPD-Mitglieder Mike Schubert und Hannelore Knoblich einer erneuten Wahl in Fraktion und Stadtparlament stellen. Die Grünen hatten einen Neuanfang und die Abberufung aller Stadtverordneter aus dem Aufsichtsrat gefordert. SCH

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