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Links und rechts der Langen Brücke: Chance und Pflicht

Peer Straube über den Weg zu einer Synagoge in Potsdam

Von Peer Straube

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Gut 20 Jahre nach der Wende ist Brandenburg noch immer das einzige Bundesland ohne Synagoge. Und auf noch nicht absehbare Zeit wird das auch so bleiben. Für diese betrübliche Tatsache einen Schuldigen auszumachen ist schwer. Denn die Sachlage ist kompliziert und über das gesamte Verfahren hinweg haben sich alle Beteiligten nicht mit Ruhm bekleckert. Nicht das Land, das den Streit um den Haberland-Entwurf unterschätzt hat, statt ihn zu moderieren und ihn somit eskalieren ließ. Und auch nicht die jüdischen Gemeinden, die nicht in der Lage waren, sich auf eine gemeinsame Linie in der Frage zu verständigen. Das gilt auch für die Getreuen von Ud Joffe, der sich die Frage gefallen lassen muss, warum er mit seiner – durchaus berechtigten – Kritik am Haberland-Entwurf ein Dreivierteljahr gewartet hat. Da das Kind aber nun einmal in den Brunnen gefallen ist, war es zu diesem Zeitpunkt richtig vom Land, das Projekt erst einmal zu stoppen. Niemand kann ein Interesse daran haben, eine Synagoge zu bauen, über deren innere und äußere Gestalt unter den Potsdamer jüdischen Gemeinden keine Einigkeit besteht. Auch die Entscheidung der Landesregierung, die Rolle als Bauherr aufzugeben, ist vertretbar. Eines aber darf nicht passieren – dass sich das Land komplett aus der Verantwortung stiehlt, die in der unseligen Geschichte Deutschlands zwischen 1933 und 1945 begründet liegt. Es waren Brandenburger und Potsdamer, die am 9. November 1938 zur Reichspogromnacht den Anschlag auf die hiesige Synagoge verübten und es waren ebensolche, die nach dem Ende des Krieges die Ruine abreißen ließen. Soll das jüdische Leben in Potsdam ein normales werden, muss dafür ein würdiges Gotteshaus zur Verfügung stehen, eines, das allen Juden eine spirituell inspirierende Atmosphäre bietet und zugleich den hohen ästhetischen Anforderungen entspricht, die das Bauen in der Mitte der Stadt stellt. Diese Chance bietet jetzt der Neubeginn. Das Land aber hat die Pflicht, gemeinsam mit allen Juden, die daran ein ernsthaftes Interesse haben, eine Einigung herbeizuführen.

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