Homepage: Chancen als Stadtregion verschlafen Forscher: Brandenburg mit Berlin kaum vernetzt
Was haben andere Städte, was Berlin nicht hat? Dieser Frage sind Wissenschaftler der Uni Potsdam und des Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung Erkner (IRS) mit Kollegen aus ganz Deutschland auf den Grund gegangen.
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Was haben andere Städte, was Berlin nicht hat? Dieser Frage sind Wissenschaftler der Uni Potsdam und des Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung Erkner (IRS) mit Kollegen aus ganz Deutschland auf den Grund gegangen. Sie haben die Hauptstadtregion mit anderen Metropolen in Europa und der Welt verglichen. „Unter diesen gibt es Vorreiter von denen man exemplarisch lernen kann“, sagt Professor Heinz Kleger, der Initiator des Projektes („Von der Agglomeration zur Städteregion“, LIT Verlag).
Eine Stadt, die sich Berlin zum Vorbild nehmen könnte, ist beispielsweise Hannover. Dort gibt es seit 2001 eine gemeinsame Planungsebene, die die Stadt und ihre Umlandgemeinden miteinander verzahnt. So konnten Doppelstrukturen abgebaut und zugleich zukunftsträchtige Projekte gemeinsam realisiert werden. Eines der Resultate ist „eine der größten und leistungsfähigsten kommunalen Umweltbehörden Deutschlands“, so Prof. Axel Priebs, der die Entwicklung begleitet. Auch bei den Gesundheitsämtern und der Wirtschaftsförderung konnte ein besserer Service mit weniger Personal erreicht werden. Wichtige Voraussetzung dafür war eine verwaltungsübergreifende Zusammenarbeit aller Ebenen von Stadt, Landkreis und Kommunen. Speckgürtel und Innenstadt sind in Hannover miteinander verwoben, ohne dass das Hinterland dabei einen Nachteil hätte.
Rund um Berlin sieht das völlig anders aus. Regionalwissenschaftler Hans-Joachim Bürkner zieht in seiner Analyse der Berlin-Brandenburgischen Verflechtungen eine düstere Bilanz. Kooperationen über die Landesgrenzen gibt es bisher nur punktuell. Planung sind kaum aufeinander abgestimmt. „Die größten Unternehmen der Region konzentrieren sich auf einer Ost-West-Achse südlich von Berlin. Das gleicht eher einer Kette von Speckwürfeln“, analysiert Bürkner.
Vor allem auf Brandenburger Seite schwankten die Zielsetzungen in der Vergangenheit. Zunächst gab es Wirtschaftsförderung nach dem Gießkannenprinzip. „Dieses Leitbild wurde von der anhaltenden ökonomischen Krise in den brandenburgische Randgebieten sowie dem demografischen Wandel ab Ende der 90er Jahre regelrecht überrollt“, so Bürkner. Im neuen Leitbild der Wachstumskerne sieht der Experte größere Chancen. Aber auch hier fehlt die Verzahnung mit Berlin. „Auch bleibt das Problem der Abkopplung der Randgebiete weiter bestehen.“
Wie weit andere Regionen Berlin in diesem Punkt voraus sind, zeigt das Beispiel Centrope. Das ist ein Kooperationsbündnis von mittlerweile 16 kleineren und größeren Städten um Wien, Brno und Bratislava. Was in Berlin-Brandenburg nicht einmal über eine einfache Ländergrenze hinweg funktioniert, wird dort über gleich vier Staatsgrenzen praktiziert. Es gibt Kooperationen bei der Wirtschaftsförderung und im Technologietransfer, sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und Kultureinrichtungen. „Wir sehen Wien und die anderen Städte der Region auf der Höhe der Zeit, während Berlin-Brandenburg die Chance, eine wirkliche Ost-West-Drehscheibe zu sein, seit mehr als einem Jahrzehnt eher verpasst und verspielt“, zieht Heinz Kleger Bilanz.
Was in und um Berlin fehlt, sind nicht nur gemeinsame Planungsstrukturen sondern vor allem eine Vision. Kleger: „Zukunftsträchtige Städte benötigen nicht nur Wissen, Technik und gute Verwaltung. Es kommt darauf an, welcher Geist in ihnen weht.“ Berlin solle sich etwa ein Beispiel an der Ruhrstadt nehmen: einer Vision, die sich zwischen Dortmund und Düsseldorf entwickelt. Aus vielen Einzelstädten wächst langsam eine gemeinsame Metropole. Bodo Baumert
Bodo Baumert
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