Landeshauptstadt: Charme des Orients
Kerstin Timper gibt Kurse im Bauchtanz
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Kerstin Timper gibt Kurse im Bauchtanz Es wird geredet, gekichert und mit Paletten am Hintern geklimpert. Noch einmal zeigt Helli, wie sie von den anderen lachend genannt wird, eine Rechts- Links-Rechts-Kombination ihres Hüftschwunges. Ihr prüfender Blick in die Spiegelfront des Übungsraumes im Bürgerhaus am Schlaatz stimmt sie zufrieden. Sie hat wie die anderen ein buntes Tuch um die Hüften gebunden, über ihre Trainingshose. Susanne, heute ganz in Rot, ist wieder zu dritt da. Sie erwartet Zwillinge – eine etwas andere Form der Schwangerschaftsgymnastik? Endlich ist auch Kerstin Timper fertig, die Tanzlehrerin eröffnet an diesem Mittwochabend die neunzigminütige Übungsstunde der Fortgeschrittenen Gruppe. Acht Frauen nehmen Haltung an und bilden mit ihrer Lehrerin einen Kreis. Außerhalb des Tanzraumes sind sie berufstätig, Hausfrau, Mutter, Tante, vielleicht auch schon Oma, verheiratet oder allein erziehend. Aus der Musikanlage tönt orientalische Musik, modern angehaucht mit schmissigem Beat. Zum Aufwärmen gibt es das volle Programm: Armkreisen, Becken lockern, Oberschenkel dehnen, auf die Fußballen stellen und Kopfkreisen. Danach werden fleißig Tanzschritte und Körperbewegungen nach einer Choreografie eingeübt. Schon nach einer Viertelstunde zeigen sich die ersten Schweißperlen. Kerstin Timper kann man getrost als Speerspitze der aufkeimenden Bauchtanzbewegung in Potsdam bezeichnen. Gemeinsam mit den beiden Betreiberinnen des „Tausendundeine Nacht“-Tanzstudios in Falkensee organisierte sie im März das 1. Orient-Festival im Nikolaisaal. „Die Resonanz war ausgesprochen gut“, so Timper, die seit sechs Jahren orientalischen Tanz unterrichtet, davon vier Jahre in Potsdam. „Die Frauen möchten etwas Besonderes machen. Das war früher im Osten nicht möglich“, erzählt sie. Außerdem sei ein großer Vorteil, dass man als Frau auch ohne den Ehemann oder Freund, der ja meist Tanzmuffel ist, seine naturgegebene Tanzlust ausleben könne. „Frauen lieben es auch, sich mit den fremdländischen Stoffen zu verkleiden“, ergänzt sie. Ein Schönheitsideal gäbe es nicht, wobei es natürlich von Vorteil sei, wenn man wohlproportionierte Hüften und einen schönen Busen habe. 60 Frauen betreut sie in fünf verschiedenen Kursen im Bürgerhaus. Auch einen Mann hat sie in ihrer Anfängergruppe. „Ja, der ist schon süß“, sagt die Tanzlehrerin lächelnd über den Japaner. Ihre jüngste Schülerin, der „blonde Engel“ Stefanie, sei jetzt 15 Jahre alt, erzählt sie. Ute Veit, knapp 70 Jahre alt, ist die älteste Schülerin. „Angefangen habe ich schon vor zwölf Jahren, als die Volkshochschule in der Villa Grenzenlos Bauchtanzkurse angeboten hatte“, sagt Ute Veit. Rückenprobleme zwangen sie orthopädische Übungen zu machen. Diese empfand sie aber als langweilig. Seit fünf Jahren nimmt sie auch bei Kerstin Timper Unterricht. „Ich kann zwar nicht mehr alles mittanzen, aber so lange es Spaß macht, bleibe ich dabei“, beteuert die lebenslustige Frau. In Berlin gibt es mindestens zwei dutzend Tanzstudios und „tausende Frauen, die orientalisch tanzen“, weiß Kerstin Timper. In Potsdam biete außer ihr nur die Volkshochschule noch ein paar Kurse und eine Frau namens „Layla“ einen Kurs an. „Wenn man dem Bauchtanz mit Leib und Seele verfallen ist, wie ich, ist man so idealistisch und wünscht sich, dass es anderen Menschen auch so ergeht“, daher ist es Kerstin Timper auch wichtig, dass ihre Schülerinnen regelmäßig zeigen können, was sie im Unterricht erlernt haben. Also richtet sie halbjährlich eine kleine Show im Bürgerhaus am Schlaatz aus. Neben ihrer Tätigkeit als Tanzlehrerin ist sie unter dem Künstlernamen „Aminah“ (arab. Name der Mutter des Propheten Mohammed) Mitglied des fünfköpfigen Anjum-Ensembles (arab. Sterne). Das Ensemble existiert schon seit November 1999 und hat sich besonders mit Folkloretänzen, wie dem Fellachi, einem Bauerntanz aus dem Nildelta, einen Namen in Brandenburg und Berlin gemacht und dadurch eine Nische gefunden. „Beim Fellachi sind wir aber ganz züchtig in lange, bunte Gewändern eingekleidet“, erklärt sie. Das Kokettieren mit der eigenen Weiblichkeit, wie es die Frauen im Orient tatsächlich ausleben, ist eines der wichtigsten Elemente beim Tanz. „Ich mag den Begriff Bauchtanz nicht so recht, denn er klingt so anrüchig, als würden die Tänzerinnen nur mit dem Bauch wackeln, um die Männer scharf zu machen“, so Timper, dabei sei der Tanz gerade sehr emanzipiert und selbstbewusst und gilt als große Kunst. „Wenn ich in arabische Länder reise, bin ich immer ganz fasziniert davon.“ Neben jährlichen Reisen ist sie ständig auf der Suche nach neuen Lehrern und Kursen, um ihr Wissen zu erweitern. „Potsdam ist doch bekannt für seine kulturelle Feste und die verschiedenen hervorragenden Tanzfeste“, sagt Kerstin Timper, und ist sich sicher, dass man auch in Potsdam eine „orientalische Tanz-Szene“ etablieren könne. Eine neue Auflage des Orient-Festivals wird es am 23. April 2005 geben, verkündet sie. Patrick Steller Infos zu Kursen im orientalischen Tanzen gibt es unter Tel. (03327) 554 17 bei Kerstin Timper, unter www.anjum-ensemble.de oder bei der Volkshochschule.
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