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Landeshauptstadt: Chatten bis zum Selbstmord

Der Potsdamer Jan Dose bereitet sich zurzeit auf seine Hauptrolle für ein neues Stück am Hans Otto Theater vor – die von ihm dargestellte Figur verrät viel über sein Verständnis als Schauspieler

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Warum willst du Schauspieler werden? Diese Frage hört Jan Dose oft. Erst um Ostern herum haben ihn Bekannte wieder darauf angesprochen, als er seine Eltern in Dresden besuchte. Geantwortet hat der 21-Jährige wie so oft: Weil er mit seinem Berufswunsch eine Art Verantwortung übernehmen möchte. „Ich möchte den Leuten mit meinen Rollen zeigen, wie sie mit einigen Problemen im Leben klarkommen können.“ Dazu komme die Faszination in verschiedene Figuren zu schlüpfen. „Ich kann heute Feuerwehrmann, morgen ein Killer und danach Romeo sein." Dadurch habe er die Chance, verschiedenste Ansichten über das Leben zu begreifen. Zurzeit bereitet sich der Schauspiel-Student an der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) auf seine nächste Rolle vor: In dem Stück „Chatroom“, das nächsten Donnerstag in der Reithalle A des Hans Otto Theaters seine Premiere feiert, spielt er einen Jugendlichen, der mit sich ringt, ob er Selbstmord begehen soll oder nicht.

Jim heißt die Figur, die Jan Dose spielen wird. „Er kommt nicht klar mit der Welt“, meint der Schauspieler zu seiner Rolle. Denn Jim hat keine Freunde, zudem ein kaputtes Elternhaus. In den Weiten des Internets versucht er deswegen Leute zu finden, die ihn verstehen. So landet er in einem Chatroom mit dem Namen „Die verdammten Besserwisser“. Dort treffen sich bereits regelmäßig vier andere Jugendliche, um in der virtuellen Welt miteinander zu kommunizieren. „Jim kündigt in dem Forum seinen Selbstmord an, sucht aber eigentlich nur Hilfe“, erklärt Jan. Doch zwei der vier Chatter bestärken ihn in seinem Gedanken aus dem Leben zu scheiden – er soll ein Exempel statuieren, ein Zeichen der Rebellion gegen die Gesellschaft setzen. Für welchen Weg sich Jim letztendlich entscheidet, ist Inhalt von „Chatroom“, einem Stück aus der Feder des irischen Dramatikers Enda Walsh. In Potsdam wird dieser Stoff von Carlos Manuel inszeniert, der vier der sechs Rollen mit Studenten der HFF besetzt hat.

Jan Dose ist das jüngste Mitglied in dem Ensemble. Jedoch besitzt er schon viel Erfahrung als Darsteller. Mit sechs Jahren habe er bereits beim Puppentheater mitgewirkt, später dann beim Jugendtheater. Seit 2005 studiert er in der HFF, konnte sich beim Aufnahmetest zum Schauspielstudium gegen hunderte andere Bewerber durchsetzen.

Doch trotz seiner Routine als Schauspieler ist für Jan die Rolle des Jim offenbar noch spannend, weil er sich auf einen neuen Aspekt einlassen muss: „Mich beschäftigt an der Figur das starke Gefühl der Einsamkeit, ein Gemütszustand, den wohl jeder Jugendliche einmal hat – eben nicht so beachtet zu werden, wie es sich das eigene Ego gern vorstellt.“ Von solch einem Punkt aus ließe sich die Rolle für ihn als Schauspieler begreifen, so Jan.

Ein anderes Beispiel sei das Tabuthema Selbstmord. „Auch daran hat wohl jeder schon einmal zumindest kurz gedacht, auch wenn viele nie zu diesem letzten Mittel greifen würden“, meint Jan. Doch eine entfernte Freundin von ihm, damals in der zehnten Klasse, habe auch Suizid begangen, „obwohl sie immer gelächelt hat“: An einem Tag sei ihre Lehrerin kreidebleich zur Klasse gekommen und habe die Nachricht überbracht. „Daran musste ich während der Proben oft denken“, sagt Jan. So beschreibe „Chatroom“ auch, wie schnell alles vorbei sein könne, selbst das Leben. Solche Denkanstöße könne er jungen Zuschauern liefern. Jan Dose schmunzelt, als er sagt: „Natürlich hätte ich Leistungssportler werden können, oder Anwalt wie mein Vater – doch ich wollte etwas Vernünftiges machen.“ Henri Kramer

„Chatroom“ in der Reithalle A (Schiffbauergasse): Öffentliche Probe, 17. August, 18 Uhr; Premiere, 19. August, 18 Uhr; weitere Termine unter www.hot.potsdam.de.

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