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Landeshauptstadt: Chatten mit Oma

Im Seniorenkurs „Die Menschen neben uns“ vermitteln Helmholtz-Schüler älteren Menschen Computerkenntnisse

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Im Potsdamer Helmholtz-Gymnasium sitzen an diesem Nachmittag ganz besondere Schüler in den Bankreihen des Informatikraums. Sie geben ihren Benutzernamen und das Passwort über die Computer-Tastatur ein, um sich anzumelden. Manchmal klappt es nicht so ganz mit der Anmeldung, es wird getuschelt. „Müssen Sie auch immer Ihre Brille wechseln, wenn Sie nah oder fern schauen wollen?“, fragt eine Dame ihren Nachbarn. „Nein, ich habe Gleitsicht“, antwortet der. Vor den Computern sitzen Menschen mit ergrauten Haaren und einer Menge Lebenserfahrung.

„Schön, dass Sie wieder bei uns sind“, begrüßt Lena Müller die zehn Senioren, die nun nach vorn blicken. Die Elftklässlerin wird in der nächsten Stunde gemeinsam mit ihren Klassenkameradinnen Josephine Hühne und Maia Oelrich den Schülern älteren Semesters erklären, wie der Arbeitsplatz eines Computers aufgebaut ist, wie Ordner angelegt und Dateien gespeichert werden können. In der letzten Woche haben die Potsdamer Senioren bereits gelernt, wie ein Text am PC geschrieben und formatiert wird.

Während Lena, Josephine und Maia die Grundlagen der Computerarbeit vermitteln, findet im Nebenraum der Fortgeschrittenen-Kurs statt. Dort haben sich noch einmal zwölf Senioren auf den Bänken niedergelassen. Markus Stöber, Hendrik Senf und Marius Jacob – ebenfalls Schüler der elften Klassenstufe – zeigen den Senioren, die schon einige Computerkenntnisse besitzen, wie E-Mail-Anhänge verschickt und Internet-Suchmaschinen benutzt werden.

Seit dem 13. Februar unterrichten die sechs Schüler der Helmholtzschule einmal wöchentlich Menschen ab 60, die erste Erfahrungen mit dem Computer sammeln oder ihre Kenntnisse auffrischen wollen. „Die Menschen neben uns“ heißt das Projekt, das noch bis zum 22. Mai läuft.

„Wir sind auf die Idee zum Kurs über einen Wettbewerb der Medienanstalt Berlin Brandenburg gekommen“, beschreibt Bettina Kondrjakow, die die Schüler im Fach Medien und Kommunikation unterrichtet. Unter dem Titel „Die Medien, meine Enkel und ich“ hatte die Medienanstalt nach Projektkonzepten gesucht, in denen Medien eine Verbindung zwischen der Generation „60 plus“ und jungen Menschen schaffen. Lehrerin Kondrjakow machte ihre Schüler auf den Förderwettbewerb aufmerksam, sechs von ihnen entwickelten schließlich das Konzept für den Seniorenkurs. „Viele unserer eigenen Großeltern haben Probleme mit dem Computer“, beschreibt Lena Müller. „Deshalb wollten wir speziell einen Kurs für Senioren anbieten.“ Mit ihrem Vorschlag überzeugten die Schüler die Jury und konnten sich über eine Fördersumme von gut 1000 Euro freuen.

Das Kursangebot der Helmholtzschüler stieß auf reges Interesse unter den Potsdamer Senioren. „Mit so vielen Anmeldungen hatten wir eigentlich nicht gerechnet“, gibt Lehrerin Bettina Kondrjakow zu. Kurzerhand wurden zwei Kurse gebildet – auch, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Teilnehmenden gerecht zu werden.

Kursteilnehmerin Ruth Hellwig möchte etwa von Grund auf lernen, wie ein Computer funktioniert und wie sie ihn benutzen kann. Marianne Giersberg dagegen möchte erfahren, wie sie Dateien und Fotos per E-Mail verschicken kann und die Dateien auf ihrem Computer sinnvoll ordnet. „Meine Enkeltochter kann das alles und sagt manchmal ,Oma, das geht doch so!’“, schmunzelt die 72-jährige Potsdamerin.

„Viele Senioren möchten lernen, wie sie mithilfe des Computers kommunizieren können – also E-Mails verschicken, Fotos und Texte anhängen oder sogar chatten“, so Lena Müller. Doch das sei nicht immer einfach Der Umgang mit der Maus und der Tastatur sei für die Senioren oft schwierig, da die Motorik manchmal nicht mehr so fein sei, erzählt die Schülerin. „Darauf muss man sich einstellen.“

Bettina Kondrjakow ist überzeugt: Vom Kurs profitieren beide Seiten – sowohl Schüler als auch Senioren. „Ich finde, dass bisher in den Schulen zu wenig für die Öffentlichkeit gemacht wird“, macht die Lehrerin deutlich. Das sei in vielen Ländern anders. Das Seniorenprojekt sei ein gutes Beispiel dafür, wie eine Schule sich auch nach außen öffnen und über die Schulgrenzen hinaus wirken könne. „Daraus kann vielleicht sogar eine gute Tradition werden“, hofft Kondrjakow. Dass das Projekt eine Brücke zwischen den Generationen schafft, ist deutlich spürbar. Die älteste Teilnehmerin ist fast 85 Jahre alt. Sie komme wegen der jungen Leute her, sagt sie. „Die sind ganz reizend.“

Zum Abschluss des Projektes werden sich Schüler und Senioren gemeinsam auf den Weg machen und Menschen auf der Straße fotografieren. Anschließend werden die Fotos - wie zuvor gelernt - am Computer bearbeitet und in einer Ausstellung präsentiert. Heike Kampe

Heike Kampe

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