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Schöne Lage. Das Hotel auf Hermannswerder ist Burkhard Scholz’ Baby. Hierher kommen auch Minister, Kanzler oder die „Kelly Family“.

© J. Bergmann

Inselhotel-Chef Scholz wird 60 Jahre: Chef mit Schrittzähler

Er baute nach der Wende das erfolgreiche Inselhotel auf. Heute wird Burkhard Scholz 60 Jahre alt. Und denkt noch lange nicht an den Ruhestand.

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Potsdam - Manchmal kann man nicht warten. Oder erst lange reden. Da braucht es Bewegung, eine klare Ansage. Wenn der Azubi ein Bier am Nachbartisch verschüttet, verliert Burkhard Scholz keine Worte sondern flitzt los, um ein Handtuch zu holen. Und wenn der Hotelchef meint, dass er am liebsten vor dem Haupteingang und nicht am See fotografiert werden möchte, dann ist das gesetzt. Und hat seinen Grund: Wasser gibt es überall, aber das Hotel, das im Design ein wenig an ein in die Breite gegangenes Kapitänshaus oder Dampfschiff erinnert, gibt es so eben nur einmal. Entworfen von Burkhard Scholz selber. Man spürt: Die Marketing-Denke des Hoteliers ist allgegenwärtig.

Das muss auch so sein, sonst hätte sein Plan, ein vergleichsweise großes Haus ohne Anschluss an eine Hotelkette aus dem Nichts aufzubauen, nicht funktioniert. Längst zählen nicht nur Touristen, sondern auch Promis und Politiker zu seinen Gästen. Heute wird Burkhard Scholz 60 Jahre alt. Und feiert mit Freunden und Familie bei einem kleinen Empfang im eigenen Hotel.

Der Glaube hält die Familie zusammen

Burkhard Scholz, gelernter Wirtschaftskaufmann, ist das älteste von fünf Geschwistern, die Familie lebt in Oranienburg. Es ist keine leichte Kindheit. Immer wieder wird der Vater, weil er sich vom DDR-Regime nicht den Mund verbieten lässt, verhaftet. Burkhard ist fünf, als er sieht, wie der Vater zu Hause abgeholt wird und in einem Gemüselieferwagen verschwindet. Abends geht die Mutter mit dem Jungen zur Polizeistation und sucht den Vater. Der ihnen aus einem Kellerverlies zuruft, dass er dort ist. Zuletzt wird der Vater, wie viele politisch Verfolgte, in eine Nervenklinik gesperrt. Erst mithilfe westdeutscher Verwandten können sie ihn dort rausholen. Das bleibt Burkhard Scholz klar im Gedächtnis. Als Schulkind schwänzt er später manchmal die Schule, weil er dort „Sohn eines Staatsfeindes“ genannt wird. Was die Familie zusammenhält, ist unter anderem der Glaube. Scholz tritt mit 18 Jahren in die Ost-CDU ein, um den SED-Werbern aus dem Weg zu gehen. Bis heute halten – und tragen – manche Verbindungen der alten Gemeinde.

Nach Potsdam-Hermannswerder kommt Scholz 1990. Die Hoffbauerstiftung braucht einen neuen Verwaltungsleiter. Von seinem Büro im Schulgebäude des heutigen Gymnasiums kann er den russischen Soldaten der benachbarten Kaserne zusehen, wenn sie jeden Morgen um 7 Uhr ihre sauberen Stiefel vorzeigen müssen. 1991 ziehen die Russen die Kaserne mit dem Militärkrankenhaus leer. Die Stiftung will die Flächen an geeignete Investoren verpachten. Scholz greift zu. Nicht gerade zum Schnäppchenpreis und es dauert zudem lange, bis er die Banken soweit hat, dass sie ihm Geld geben. Denn nennenswertes Eigenkapital gibt es nicht, woher auch. Nächtelang sitzt Scholz über den Zahlen und schreibt Konzepte. Die Baugenehmigung ist schon da, aber kein Geld. Längst müsste er seinen Architekten bezahlen, eine halbe Million D-Mark. Beim Rotwein schreibt der auf einen kleinen Zettel: Lieber Herr Scholz, sollte das alles nichts werden, verzichte ich auf mein Honorar.

24-Stunden-Schichten in schlechten Jahren

Scholz hat den Zettel aufgehoben. Und es wurde was. 1995 ist Baubeginn, ein Jahr später Eröffnung. Scholz denkt von Anfang an groß. 88 Zimmer für 176 Gäste, mehrere Tagungsräume, Restaurant, Terrasse, Wellnessbereich mit Pool. Vier Sterne. „Banken finanzieren erst ab einer bestimmten Größe“, sagt Scholz. Auch Bekannte aus der Branche raten ihm: Mach’ ein großes Haus, falls doch mal ein Bus kommt. Die kommen heute selten. Wer kommt, sind Tagungen und Ministerkonferenzen, natürlich auch normale Familienfeiern, Hochzeiten, Radwanderer. „Es musste einfach laufen, vom ersten Tag an“, sagt er. Es ist eine große Verantwortung, ein immenser finanzieller Druck, der auf ihm lastet. Er muss die Verbindlichkeiten der Banken bedienen, das Finanzamt sitzt ihm im Nacken, er muss die Mitarbeiter bezahlen. Und alle über den Winter bringen. Es gibt Jahre, da läuft es weniger gut, da schiebt er selber 24-Stunden-Schichten, wenn Not am Mann ist. Eine Dienstwohnung im Haus wollte er aber nicht. „Das ist nicht gut für Familie und Mitarbeiter“, sagt Scholz. Er wohnt in Wilhelmshorst, er ist ohnehin schnell erreichbar. „Hotellerie ist ein Knochenjob.“

Seine Familie ist tapfer und erträgt den Stress. Keine Urlaubsplanung ohne Reiserücktrittsversicherung. Oft genug fährt die Frau ohne ihn los. „Sie kann aber gut damit umgehen“, sagt er anerkennend. Er ist eben einer, der lieber alles selber macht. Bis hin zum Design von irgendwelchen Lampen. „Ich vertraue auf meine eigene Kraft. Dann wird es meistens auch gut.“

Natürlich geht das auf Kosten der Gesundheit. Sein Arzt hat ihm geraten, 10 000 Schritte am Tag zu tun. Bei dem vielen Hin und Her im Haus ist das zu schaffen, sein Handy hat eine Schrittzähler-App. Seit einem Jahr arbeitet seine Tochter an seiner Seite, das tut gut und erfüllt ihn mit Stolz. Judith Scholz ging auf Hermannswerder zur Schule, studierte in Deutschland und den USA und leitet jetzt das Finanzwesen im Haus. Da gibt es schon Reibungspunkte, sagt Scholz, seine Tochter ist strukturiert und diszipliniert, Termin ist Termin; er aber muss immer erreichbar sein, auch mal spontan einen Gast begrüßen gehen. So wie die Bundesministerin, die an diesem Nachmittag mit dem Rad eincheckt. Da muss er einfach kurz Guten Tag sagen.

Prominenter Besuch im Inselhotel

Dass sein Haus aufgrund der idyllischen und zugleich strategisch günstigen Insellage gern für hohen politischen und prominenten Besuch gebucht wird, hätte er nie gedacht. Merkel war hier, Bill Gates, die Kelly Family. Diese übrigens mit einem Bus, der Freund hatte Recht gehabt, groß denken, groß bauen.

Angefangen hatte alles mit ganz kleinen Häusern. Als Kind ist er immer mal wieder mit der Familie in einem Hotel in Lübeck zu Gast. Da gibt es eine Spielecke mit niedlichen kleinen Häusern, Autos und sogar Verkehrsschildern. Das findet er toll. So etwas will er einmal haben. Heute schenkt er den Kindern seiner Hotelgäste echte Matchboxautos. Mit Kundenbindung kann man nicht früh genug beginnen. „Die feiern dann hoffentlich später im Inselhotel ihre Hochzeit.“

Holzstapel ausgeschildert

Er selber will noch etwa zehn Jahre arbeiten. An so etwas wie Ruhestand denkt er noch lange nicht. Er hat ja zu tun. Zum Beispiel will er den kuriosen Holzstapel-Streit mit der Stadt zu Ende bringen. Weil das so viel Zeit und Energie frisst, für einen Unternehmer kostbares Gut. Scholz versucht, es mit Humor zu tragen, hat den Weg zu jenem Holzstapel, für den die Stadt eine Baugenehmigung verlangt, jetzt sogar ausgeschildert. „Die Besucher fragen ja schon danach.“ Und dann möchte er irgendwann auch mal das ernten, was er begonnen hat. Es denen zeigen, die ihn vielleicht für verrückt hielten damals. Er erklärt: An jedem großen Projekt sind drei beteiligt: Der Erste plant, der Zweite macht, der Dritte erntet. Burkhard Scholz will auch der Dritte sein.

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