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Landeshauptstadt: Chiffre mit Folgen

Mit einer Anzeige und einem tragbaren Kopierer begann am 27. April 1990 die Karriere von Matthias Gundel, heute hat sein Unternehmen 300 Mitarbeiter

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Mit einer Anzeige und einem tragbaren Kopierer begann am 27. April 1990 die Karriere von Matthias Gundel, heute hat sein Unternehmen 300 Mitarbeiter Der VW-Pritschenwagen in der Garage, das alte Autotelefon von der Größe eines Fax-Gerätes und der tragbare Kopierer sind für Matthias Gundel Relikte, die ihn an die Zeit um den 27. April 1990 erinnern. Heute vor 15 Jahren gründete der Wolfsburger und heutige Havelstädter die Potsdamer Putzteufel: mit einem Firmenauto, dem Kopierer zum Ablichten von Gebäudeplänen und dem Telefon für die Autofahrten zwischen Potsdam und Wolfsburg. Dass er einmal 300 Menschen Arbeit geben wird und die „Potsdamer Putzteufel Gruppe“ (PPT) künftig zu einem überregional operierenden Unternehmen entwickeln will, war Gundel schon 1990 mit knapp 22 Jahren klar. Die Sehnsucht nach dem guten Leben hat er allerdings in Italien kennen gelernt. Mit einem Webstuhl habe der Vater einer Freundin in Florenz angefangen, erzählt Gundel die Geschichte, die für ihn als Vorbild gilt. Danach florierte das italienische Unternehmen und wurde eine der größten Webereien im Norden des Landes. Die Familie führte ein Leben, von dem Gundel noch heute träumt. Zwar sei er trotz aller wirtschaftlichen Begleitumstände zufrieden mit der Entwicklung der „Putzteufel“, doch will sich der 36-Jährige nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Das Unternehmen sei gesund, auch wenn er schon viele unruhige Tage wegen Kundeninsolvenzen erlebt habe. Beispielsweise als die Götzen-Baumärkte geschlossen wurden. Damals sei ihm der größte Auftraggeber weggebrochen und viele unbezahlte Rechnungen übrig geblieben. 50 Märkte hat er gereinigt, über Nacht standen die Maschinen still. Aber auch ein Unternehmer in Zwickau schuldete ihm viel Geld – trotz versprochener Bezahlung sah er keinen Pfennig: „Vor der Fabrik standen die großen Autos der Bosse, in den Räumen die auf ihr Geld wartenden Handwerker“, erzählt Gundel, der noch heute wöchentlich gegen schlechte Zahlungsmoral von Firmen kämpft. Einige Unternehmer aus den neuen Bundesländern hätten schnell die Mentalität des Westens aufgenommen. Die öffentliche Hand, für die er unter anderem in Werder (Havel) und auch Potsdam aktiv ist, nimmt er davon aus. Diese Lanze müsse man brechen, „die Verwaltungen zahlen pünktlich“. Gundel selbst kam zwei Monate nach dem Mauerfall in die damals noch real existierende DDR, wohnte anfangs bei entfernten Verwandten in Babelsberg und witterte Goldgräberstimmung. Die ersten Aufträge bekam er über eine Chiffre-Anzeige in einer Potsdamer Tageszeitung. „Potsdamer Putzteufel putzen ihre Fenster“ inserierte Gundel. Gemeldet hätten sich sechs Interessenten, darunter Antenne Brandenburg. Auch die Reinigung der Fenster aller Gebäude im Park Sanssouci gehörte zu den Aufträgen Gundels: Der Anfang war gemacht. Inzwischen bietet er seine Leistungen für 750 Kunden zwischen Dresden und Wolfsburg an, reinigt allein in Potsdam 300 Kilometer Fußwege und verbraucht 3000 Liter biologisch abbaubaren Sanitärreiniger sowie 50 000 Müllsäcke jährlich. Geboten wird den Kunden unter anderem ein Hausmeisterservice, Winterdienst und künftig ein Internetshop. Der Auftakt zum Jubiläumsjahr wird heute von 11 bis 17 Uhr mit einem Fest auf der Brandenburger Straße gefeiert. Matthias Gundel und Hochspringerin Annett Engels sind ab 14.30 Uhr da. J. Brunzlow

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