Landeshauptstadt: „Chronologie ist langweilig“
Gespräch mit Susanne Köstering über einen geplanten Workshop und das zukünftige Museumskonzept
Stand:
Morgen findet der erste Workshop zum zukünftigen Ausstellungskonzept für das Potsdam Museum unter dem Motto „Neupositionierung des Potsdam Museums“ statt. Sie als Geschäftsführerin des Brandenburgischen Museumsverbandes sind auch eingeladen. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in dieses Expertenforum?
Grundsätzlich freue ich mich immer über offene Diskussionen. Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr gern über neue Museumskonzeptionen nachdenke und solche Ideen gern zusammen mit anderen entwickeln möchte. Was den morgen stattfindenden Workshop betrifft, habe ich Zweifel, ob diese Erwartungen erfüllt werden können. Die Teilnehmer kommen nicht, wie ursprünglich angedacht, aus verschiedenen Museumsbereichen und anderen Orten. Es handelt sich dabei, bis auf Ausnahmen, um diejenigen, die in Potsdam schon sehr häufig über das Museum diskutiert haben. Wenn sich die Verwaltung für so eine Zusammensetzung entscheidet, hätte ich mir gewünscht, dass auch ich zu einem Redebeitrag eingeladen werde. Denn der Museumsverband hat schon zusammen mit dem Potsdam Museum eine Konzeption entwickelt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt an dem Workshop teilnehmen werde.
Vielleicht ist das von Ihnen vorgelegte Konzept für die Verwaltung gar nicht mehr aktuell.
Wir hatten das Konzept, entstanden im Rahmen der zweijährigen Diskussion um einen neuen Standort für das Potsdam Museum, im vergangenen Jahr vorgelegt. Dabei handelt es sich natürlich nur um ein vorläufiges Papier, in dem wir auch geschrieben haben, dass wir erst daran weiterarbeiten können, wenn die Standortfrage geklärt ist.
Sie hatten sich für das Brockesche Haus als zukünftigen Standort für das Potsdam Museum ausgesprochen. Jetzt läuft alles darauf hinaus, dass das von der Verwaltung favorisierte Alte Rathaus das Rennen macht. Da Sie beim Workshop nicht zu einem Redebeitrag eingeladen sind, könnte der Eindruck entstehen, die Verwaltung versucht jetzt beim Konzept schon im Vorfeld die Richtung vorzugeben, in dem sie bestimmte Leute nicht zu Wort kommen lässt.
Ich kenne keinen Grund, warum die vom Museumsverband vorgetragenen Argumente jetzt nicht mehr gehört werden sollten. Es waren viele Vorschläge dabei die auf Interesse und sogar Konsens gestoßen sind. Wir hatten uns natürlich sehr stark für das Brockesche Haus eingesetzt. Das mag ein Grund dafür sein, dass man uns von bestimmter Seite mit gewisser Zurückhaltung bedenkt.
War das von Ihnen vorgelegte Konzept vielleicht schon zu sehr am Brockeschen Haus orientiert gewesen?
Nein. Der Standort, das Gebäude und die damit verbundene räumliche Situation sind nur in einem von vielen Punkten berücksichtigt. Das Konzept beinhaltet daneben Adressaten, Profil, Charakter, Sammlung, Forschung, Vermittlung, Vermarktung, institutionelle Rahmenbedingungen und eine Personalentwicklung. Die Diskussion um die beiden Standorte nimmt natürlich einen erheblichen Teil des Papiers ein, da das zum damaligen Zeitpunkt auch eine herausgehobene Frage in Potsdam war.
Also haben Sie sich schon intensiv mit dem Alten Rathaus auseinandergesetzt und hätten dementsprechend auf dem Workshop Ihre Ergebnisse referieren können?
Ja. Aber es ist auch bekannt, dass in diesem Konzept eine Abwägung der beiden Standorte zugunsten des Brockeschen Hauses argumentativ unterlegt wird.
Sie sehen das Alte Rathaus noch immer sehr kritisch als möglichen Museumsstandort?
Ich werde jetzt keine Lobeshymne auf das Alte Rathaus anstimmen können. Es bleibt die zweite Lösung. Aber es ist immer noch im Vergleich zu allen anderen noch möglichen Vorschlägen ein prominentes Haus im Zentrum mit einer stadträumlichen Bedeutung und großen Flächen. Ich würde mich sehr gern an einer Diskussion über ein mögliches Konzept für das Alte Rathaus als Museum beteiligen.
Grundfrage dieser Konzeptdiskussionen ist, ob man ein traditionelles, die Stadtgeschichte chronologisch präsentierendes oder eine modernes Museum will, wo die Geschichte innerhalb von Themenkomplexen behandelt wird. Welche Richtung bevorzugen Sie?
Chronologie ob anhand von Tafeln oder Jahreszahlen ist langweilig und niemand lernt wirklich etwas dadurch. Trotzdem kann man auf die Dimension „Zeit“ nicht verzichten, denn die Aufgabe eines Museums besteht darin, Geschichte im Zeitraffer zu erzählen. Thematische Strukturen halte ich für sehr interessant. Da bieten sich viele Chancen und interessante Möglichkeiten, die aber immer abhängig von den räumlichen Gegebenheiten sind. Man könnte Geschichte beispielsweise auch rückwärts erzählen. Das hat in Brandenburg noch keiner probiert.
Ein Diskussionspunkt im Workshop ist die Frage nach dem Museum des 21. Jahrhunderts. Das klingt so, als solle etwas Neues, Revolutionäres gefunden werden.
Das Museum der Zukunft ist seit 1890 immer wieder Thema. Und diese Diskussion war immer mit Hinwendung zu mehr Bildungs- und Vermittlungsarbeit verbunden.
Welche Chance hat ein vernünftiger Diskussionsprozess um ein Konzept für das Potsdam Museum?
Mich würde es freuen, wenn das Potsdam Museum im Vergleich zu anderen Stadtmuseen zu einem der innovativsten Häuser in Deutschland wird. Denn die Stadt hat die Chance dazu. Dafür muss man sich aber von einer Denkweise lösen, die in einem Museum ein Problem sieht, das gelöst werden muss. Und die Verwaltung darf hier nicht nur allein aktiv werden, sondern muss die Grundlage bereiten für kreative Gedanken und dann den Prozess der Museumsentwicklung begleiten.
Das Gespräch führte Dirk Becker
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