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Homepage: Crossmediales Denken für das Klima
Mit Filmen, Games oder Telenovelas möchte die „Climate Media Factory“ über den Klimawandel aufklären
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Europa befinde sich auf einer Insel der Glücklichen. „Die Folgen des Klimawandels machen sich erst einmal anderswo bemerkbar,“ sagt Jürgen Kropp. Am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) untersucht er, in welchen weltweiten Zusammenhängen sich der Klimawandel abspielt. Weil die wissenschaftliche Erkenntnis alleine aber das Handeln im Alltag noch lange nicht verändert, möchte Kropp sein Wissen gerne breitenwirksam publizieren. Deshalb arbeitet er zusammen mit Klaus Dieter Müller von der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) an einem Projekt, mit dem Klimawissen breit vermittelt werden soll – und das nicht nur in Europa.
Denn die ganz konkreten Folgen des westlichen Lebensstils machen sich zunächst in anderen Regionen der Welt bemerkbar. Beispielsweise bereiten die instabilen sozialen und politischen Verhältnisse am Horn von Afrika westlichen Schifffahrtsgesellschaften derzeit einiges Kopfzerbrechen, wenn ihre Schiffe geplündert und die Besatzungen als Geiseln genommen werden. Ausgelöst hat das Drama der „Failed States“ in Afrika nach mittlerweile weitgehender Überzeugung von Wissenschaftlern und Politikern der Klimawandel. Als dessen Folge rückt die Wüste in Äthiopien und Somalia immer weiter vor, und die Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage . Dennoch seien politische Lösungen des Problems kaum in Sicht, wie die Klimakonferenz von Kopenhagen gezeigt habe, bedauert Kropp. Daher müsse ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie der Einzelne mit seinem Verhalten die Malaise beeinflussen kann.
Die „Climate Media Factory“ soll nun künftig Formate entwickeln, die in Film, Funk und Fernsehen unterhaltsam und wissenschaftlich die gesammelten Erkenntnisse über Klimaveränderungen kommunizieren. „Gegenwärtig sind wir in der Pilotphase und untersuchen, wie das aussehen kann“, beschreibt Kropp den Stand der Vorbereitungen. Filme wie „The day after tomorrow“ wären ja recht eindrucksvoll, würden aber letztlich weder etwas erklären, noch etwas bewirken. Hier gälte es Ideen zu entwickeln, die nachhaltig das Handeln der Verbraucher im Alltag erzeugen könnten.
Ein „crossmediales Denken“ hält Klaus Dieter Müller für angebracht. Computergames, Spielfilme, Dokumentarfilme, schlicht alle Medien müssten darauf hin betrachtet werden, wie sie für die Vermittlung der klimafreundlichen Botschaft genützt werden können. „Manche, auch manche Kinder sitzen bis zu zehn Stunden vor dem Computer, auch die wollen wir erreichen“, erklärt er. Das funktioniere dann vielleicht eher mit einem interaktiven Spiel, als mit einem erklärenden Dokumentarfilm. Den Zuschauern möchte er „über eine gewisse Betroffenheit“ verdeutlichen, dass sie sich verändern müssten. Dabei müssten auch die Regionen genau untersucht werden, für die jeweils produziert würde. Der westeuropäische TV-Junkie wäre da anders anzusprechen als Landarbeiter in Indien. Gerade aus Indien weiß Müller auch von einem interessanten Projektansatz zu berichten. Als die indische Regierung damit gescheitert war, eine nachhaltige Landwirtschaft mithilfe von geschulten Beratern und sachlichen Dokumentationen zu propagieren, versuchte sie etwas Neues. Bollywood, immerhin das größte Filmunternehmen der Welt, drehte eine Telenovela. Nun waren auch die Landarbeiter angesprochen, die zuvor nur schwer einen Zugang zu Düngetabellen und Fruchtfolgenzyklen gefunden hatten.
Einen Vorteil für das Projekt sieht Müller auch in der reichhaltigen Medienlandschaft Potsdams, die von Firmen die Spieledesign betreiben über Medienwissenschaftler an den Universitäten bis hin zu den Studios Babelsberg reicht. Seiner Einschätzung nach gibt es auch nicht viele Medienprojekte, bei denen Naturwissenschaftler so eng mit Filmfachleuten zusammenarbeiten, wie bei der „Climate Factory“. Gegenwärtig überprüfen die Initiatoren, welche Formate am besten geeignet sind, in dem jeweiligen Land die Botschaft zu transportieren und wie eine weitere Förderung möglich ist. Die Filmhochschule sei gut vernetzt, darauf greife man zurück.
„Am Ende allerdings soll schon eine Produktionsfirma stehen, die eigenständig profitabel arbeitet“, erklärt Jürgen Kropp die langfristige Zielsetzung des neuen Projektes. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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