Von Thorsten Metzner und Jan Brunzlow: „Da hört der Spaß auf“
Kritik an Stadtwerkefest / Kommunalpolitiker verteidigen Quersubventionierung im Stadtkonzern
Stand:
Verbraucher und Verbände schimpfen über die anstehende Energiepreiserhöhung der Stadtwerke, Lokalpolitiker verteidigen sie: Die Preise auf dem Weltmarkt zwingen die Stadtwerke dazu, den Preis zu erhöhen, sagte Stadtwerkechef Peter Paffhausen. Um bis zu 23 Prozent steigt der Gaspreis für die Kunden des Potsdamer Energieunternehmens ab dem kommenden Jahr, Fernwärmenutzer müssten mit zwanzig Prozent Aufschlag rechnen und für Stromkunden bahnt sich eine Erhöhung ab Februar an. Dazu steigen die Wasser- und Abwasserpreise um 20 Cent je Kubikmeter. Und auch der Verkehrsbetrieb würde gerne die Preise aufgrund hoher Energiekosten leicht erhöhen, sagte Geschäftsführer Martin Weis unlängst. Dabei ist der Verkehrsbetrieb eines der Argumente, warum der Gaspreis erhöht wird.
Denn die Stadtwerke bekommen die Gewinne des Energieunternehmens und leiten diese an die defizitären Töchter wie Verkehrsbetrieb und Bäderlandschaft weiter. Es sind knapp zehn Millionen Euro jährlich – damit der Fahrpreis nicht steigt, hieß es gestern immer wieder. Stadtpolitiker, deren Vertreter im Aufsichtsrat für eine Preisstabilität im Kommunalwahljahr gestimmt hatten und die sich nun für die Preiserhöhung ab dem 1. Januar eingesetzt haben, äußerten gestern die Hoffnung, dass ab dem zweiten Quartal die Preise aufgrund der niedrigeren Einkaufspreise auf dem Weltmarkt wieder sinken können. „Die Preisgleitformel ist nicht nur dazu da, nach oben anzupassen“, sagte Potsdams SPD-Chef Mike Schubert. Der aktuelle Einkaufspreis für Gas für die EWP errechnet sich aus einem Mittelwert des Ölpreises der letzten sechs Monate zuzüglich einer eigenen Formel. Da die Preise zwischen März und September sehr hoch gewesen seien, müsste nun auch viel für das Gas bezahlt werden, sagte Peter Paffhausen. Er hoffe, wenn die Ölpreisverfall sich auswirke, auf Preissenkungen beim Gas.
Schubert verteidigte die Politik der Stadt, wonach der Verkehrsbetrieb auch aus den Gewinnen der Verbraucherpreise finanziert werde und nicht allein durch Steuergelder. „Wenn dies nicht der Weg ist, müsste das Geld aus dem städtischen Haushalt kommen“, so Schubert. Dass würde wiederum geringere Investitionen an anderen Stellen der Stadt bedeuten.
Der Linke-Kreischef Pete Heuer kritisierte die Erhöhung dagegen. Wie berichtet, hatte der Aufsichtsrat des Energieunternehmens ursprünglich sogar eine 30-Prozent-Preissteigerung beschlossen, was nach Gesprächen mit der Landeskartellbehörde verringert wurde. Heuer erinnerte daran, dass die Landeshauptstadt bereits bei Abwasser- und Wasserpreisen die „teuerste Stadt Deutschlands“ sei. Als besonders skandalös bezeichnete es der Linke-Chef, dass die Stadtwerke derzeit versuchen, frühere Kunden mit „einer Preisgarantie“ zurückzulocken - und zugleich „20-Prozent-Preiserhöhungen für treue Kunden“ ankündigen. „Dieser Widerspruch muss aufgeklärt werden.“ Und er erinnerte daran, dass bei Fernwärme Kunden nicht einmal den Anbieter wechseln können. „Da hört der Spaß auf.“
Als wenig geglückte Kommunikation bezeichneten die Vertreter des EWP- Aufsichtsrates die Veröffentlichung der Gaspreiserhöhung zeitgleich mit dem Bekanntwerden eines erneut drei Tage andauernden Stadtwerkefestes 2009. „Das hat mich etwas irritiert“, sagte Peter Schüler (Bündnis90/Grüne) gestern. Auch Peter Lehmann (CDU) und Hans-Jürgen Scharfenberg (Linke) erklärten, das Fest müsse nicht drei Tage dauern. Es sei jedoch bislang nicht Bestandteil der Diskussion im Aufsichtsrat gewesen.
Im Aufsichtsrat der EWP, der die saftigen Gebührenerhöhungen bereits abgenickt hat, sind fünf Kommunalpolitiker vertreten (siehe Kasten und Bilder). Auch sie werden sich Fragen gefallen lassen müssen. Wie Heuer sagte, „werden wir unsere Aufsichtsratsmitglieder bitten, uns reinen Wein einzuschenken.“ Aus Sicht von Linke-Chef Heuer sind die bisherigen Begründungen von Rathaus und Stadtwerken für die Preiserhöhungen nicht schlüssig. So argumentieren die Stadtwerke mit der Kopplung des Gaspreises an den Ölpreis – bei dem sich die früheren Rekordmarken nun zeitversetzt auswirken würden. Allerdings ist, wie berichtet, der Ölpreis mittlerweile um mehr als die Hälfte gefallen. Warum der Stadtkonzern diese Zeit nicht überbrücken kann, ist bislang unklar. Peter Schüler sagte, wenn die Preise nicht erhöht werden, drohten die Stadtwerke in die roten Zahlen abzurutschen. Dies sei nicht im Interesse der Stadt. Denn die Stadtwerke bekommen die Gewinne des Energieunternehmens ausgeschüttet und reichen das Geld an die Tochterunternehmen Verkehrsbetrieb und Bäderlandschaft weiter. Jährlich knapp zehn Millionen Euro.
Schüler forderte gestern ein Umdenken beim Energiebetrieb. Die EWP müsste auf erneuerbare Energie wie Solar und nachwachsende Rohstoffe setzen. Zudem sollte sie einen geothermischen Speicher bauen, damit die im Sommer produzierte Fernwärme später genutzt werden kann. „Damit könnte der Wirkungsgrad erhöht werden“, so Schüler. Eine Umstellung der Energieproduktion würde zwar die Energiepreise nicht unmittelbar senken, „aber die Preise langfristig stabilisieren“, so Schüler.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: