
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Dachdecker-Schule in Existenznöten
Ausbildungszentrum mit 160 Azubis hat Insolvenz beantragt: Fördermittel müssen zurückgezahlt werden
Stand:
Am Stern - Es geht um möglicherweise falsch verwendete Fördermittel und eine Ausbildungsschule in Existenznot: Der Trägerverein des Landesbildungszentrums (LBZ) des Brandenburger Dachdeckerhandwerks hat Antrag auf Insolvenz stellen müssen. Das bestätigte eine Sprecherin der Kanzlei von Rolf Rattunde, dem vorläufigen Insolvenzverwalter, am Freitag den PNN auf Anfrage. „Derzeit werden die Vermögensverhältnisse geprüft.“ Man versuche mit allen Beteiligten eine Lösung für eine erfolgreiche Sanierung zu finden, so die Sprecherin. LBZ-Geschäftsführer Wolfgang Stumm sagte den PNN, es solle geprüft werden, ob das vor zehn Jahren mit rund fünf Millionen Euro Fördermitteln ausgebaute Zentrum in der Röhrenstraße mit einer neuen Trägergesellschaft weiterbetrieben werden könne.
Die damaligen Bauarbeiten sind auch der Grund dafür, dass die offizielle Schule des Landesinnungsverbands der Brandenburger Dachdecker nun um ihre Existenz bangen muss. Wie LBZ-Chef Stumm erklärte, hätten Bund und Land für den Neubau eines Hauptgebäudes mit vier Werkhallen etwa 5,3 Millionen Euro gegeben. Dann sei 2010 eine Prüfung angelaufen, wie dieses Geld genau eingesetzt wurde. Danach habe der Trägerverein des Ausbildungszentrums einen Rückforderungsbescheid erhalten. „Damit wären wir überschuldet, deshalb haben wir vorsorglich Insolvenz eingelegt“, sagte Stumm. Zu Details wollte er sich unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.
Beim Hauptförderer der Schule, dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) mit Sitz in Bonn, bestätigte eine Sprecherin die „mögliche Rückforderung“ von Fördermitteln an die Schule, ohne Details zu nennen. Die Untersuchung der Verwendung der Gelder habe der Brandenburgische Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) übernommen. BLB- Chef Norbert John sagte, nach Prüfung der Nachweise zu dem Fünf-Millionen-Euro-Projekt sei eine Differenz von 870 000 Euro übrig geblieben. Nach PNN-Informationen sollen zusätzlich Zinsen aufgelaufen sein, was die Höhe der Rückzahlung noch weiter habe steigen lassen. Sorgen bereitet Stumm auch, dass mit der drohenden Insolvenz auch andere Stellen, die die überbetriebliche Ausbildung an der Schule finanziell unterstützen würden, nun die Zahlung weiterer Fördermittel zurückhalten würden.
Stumm trägt für die früheren Baumaßnahmen in der Schule keine Verantwortung. Denn Geschäftsführer des Trägervereins der Dachdeckerschule ist er erst seit Anfang 2011. Vorher wurden der frühere Vereinsvorstand abgewählt und die Geschäftsführung ausgetauscht. Zur Arbeit seiner Vorgänger und zur Frage, ob bei der Nachweisführung für die Verwendung der Fördergelder geschlampt worden sein könnte, wollte sich Stumm nicht weiter äußern.
Zur früheren Spitze der Dachdeckerschule gehört der Potsdamer Anwalt Jan R. Bis 2010 war er Geschäftsführer, inzwischen streiten er und die LBZ nach eigenen Angaben um offene finanzielle Forderungen. Aus seiner Sicht hätte sich die Schule wegen der drohenden Rückzahlung viel eher juristische Hilfe holen müssen, so der Anwalt: „Man hat zu wenig unternommen.“ Zugleich räumte R. ein, während der Bauphase ab 2002 sei dem Architekten zu viel Spielraum gelassen worden. Dieser habe an einigen Stellen teurer gebaut als vom BIBB als Fördermittelgeber vorgesehen. Zudem habe man die Schülerzahlen für das Ausbildungszentrum „zu optimistisch“ eingeschätzt – ursprünglich sei von 120 Azubis pro Lehrjahr ausgegangen worden, so der Anwalt. Tatsächlich sind nun 160 Schüler in drei Lehrjahren verteilt, sagte LBZ-Chef Stumm.
Auch bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft sind die Querelen in der Dachdecker-Schule bekannt. So wird gegen Jan R. wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, wie Oberstaatsanwältin Bianca Stohr auf Anfrage erklärte. R. werde vorgeworfen, eine mittlere fünfstellige Summe vom Konto der Dachdeckerinnung abgehoben zu haben und nicht belegen zu können, was damit geschehen sei. Jan R. sagte dazu, er gehe von einer Einstellung des Verfahrens aus.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: