Filmuni Potsdam ehrt Alexander Kluge: Dada für alle
Die Filmuniversität Potsdam verleiht Alexander Kluge den „Dada-Preis“ des Instituts für künstlerische Forschung. Die Preisverleihung stand ganz im Zeichen dieser künstlerischen und literarischen Bewegung.
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Potsdam - Er sei nicht planbar, schön und schrecklich zugleich, man finde ihn überall – und man möge ihn bitte nicht nachmachen, sagt Alexander Kluge, als er am gestrigen Dienstag im vollbesetzten großen Kinosaal der Babelsberger Filmuniversität „Konrad Wolf“ über die Kunstform Dadaismus spricht. Und um zu demonstrieren, was mit schrecklich gemeint ist, lässt er seine Begleitung, den Volksbühnen-Musiker Sir Henry, ein herrlich schräges Stück auf dem Klavier vortragen – das Publikum kichert und schmunzelt.
Es gibt kaum einen Preis, den der – Achtung, es folgen viele erlahmende Aufzählungen! – Filmemacher, Schriftsteller, Drehbuchautor, Filmtheoretiker, Film- und Fernsehproduzent Kluge in seinem Leben nicht gewonnen hat: Goldener Löwe, Deutscher Filmpreis, Heinrich-Böll- oder Georg-Büchner-Preis und sogar das Große Bundesverdienstkreuz – in Deutschland gilt er als einer der bedeutendsten Künstler und Intellektuellen.
Filmuni Potsdam will auf Persönlichkeiten aufmerksam machen
Am gestrigen Abend kam nun der Preis des Instituts für künstlerische Forschung (IKF) der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf hinzu. Das ist kein hoch dotierter, sondern ein „symbolischer Preis“ wie das Institut erklärt – Geld gibt es nicht. Mit jedem Preisträger bekommt er einen neuen, zu diesem passenden Namen, für Kluge heißt er an diesem Abend „Dada-Preis“. Auf Persönlichkeiten soll aufmerksam gemacht werden, die aus Sicht des Instituts „die Idee der Autonomie und Freiheit der Kunst befördern und vertreten“. Den Preis gibt es seit Gründung der Universität und des Instituts im Jahr 2014, verliehen werden soll er laut Filmuni alle zwei Jahre.
Dada, das war eine große künstlerische und literarische Bewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts aufkam und alles bisher Bekannte auf den Kopf stellte. Konventionelle Kunst und das Bürgertum wurden gnadenlos parodiert und in Frage gestellt. Kluge hat sich in seinem Schaffen immer wieder damit auseinandergesetzt – weshalb die Preisverleihung der Filmuni ganz in diesem Zeichen stand. Und das bedeutete ein ungewöhnliches und vor allem unkonventionelles Programm.
Hommage an Alexander Kluge
So boten Studenten der Uni als Hommage an Kluge einen dadaistischen „Zirkus“ aus Gedichten, Vorträgen, Kurzfilmen und Projektionen dar, bei dem immer wieder gelacht wurde. Und die Preisverleihung bestand in einer kurzen Rede von Student Fabian Salgado auf Spanisch, übersetzt von Frank Gessner. Währenddessen lief im Hintergrund ein Zeichentrickfilm, in dem ein Mann versuchte, einem anderem einen Nagel in den Kopf zu schlagen – die Erklärung dieses Symbolbildes ist an dieser Stelle sicher nicht nötig. Übergeben wurde Kluge schließlich ein großer Hammer, und er bedankte sich mit den Worten: „Es ist eine große Ehre, ich bin gerührt, dass Sie alle trotz Nikolaus hier sind.“ Und dass er gar nicht gewusst habe, welch schönen lateinischen Dialekt man in Brandenburg noch spreche.
Ob es angesichts der großen und prominenten Persönlichkeit Alexander Kluge notwendig war, auf dessen Wirken durch den „symbolischen Preis“ aufmerksam zu machen, kann man sich zwar fragen. Hört man Kluges ernsten Tönen aber zu, etwa wenn er mit einem Dada-Gedicht auf die Bedeutung des freien Wortes verweist, kann man feststellen: Ja, es ist durchaus sinnvoll in unruhigen politischen Zeiten, in denen wir leben. Und schließlich ist diese Verleihung auch eine Profilschärfung des Instituts selbst.
Lesung im Literaturladen Wist geplant
Auf seinem Weg zur Preisverleihung kam Alexander Kluge übrigens im Potsdamer Literaturladen Wist vorbei, wie auf dessen Homepage zu lesen ist – geplant sei nun eine Lesung, heißt es. Das Datum ist noch nicht bekannt, aber eines ist sicher: Das dürfte ein sehr geistreiches und lustiges Highlight werden.
Andrea Lütkewitz
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