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Triumvirat. Die drei Ex-Chefredakteure des Satiremagazins Titanic Oliver Maria Schmitt, Martin Sonneborn und Thomas Gsella (von links) sind am Mittwoch in Potsdam zu Gast. Sonneborn verspricht ein abendfüllendes Multimediaspektakel und fordert mehr Ernst – besonders in der Politik.

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Interview mit Martin Sonneborn: „Darauf fallen nur die dümmsten Bauern rein“

Der Satiriker Martin Sonneborn kommt am Mittwochabend mit zwei weiteren Ex-Titanic-Chefredakteuren zur Abschiedstournee in den Lindenpark. Extra für die Potsdamer, wird er etwas langsamer vorlesen - die Show dauert deshalb auch doppelt so lange.

Stand:

Herr Sonneborn, heute treten Sie im Potsdamer Lindenpark auf, gestern in Rostock und morgen in Dessau. Haben Sie ihre Vorliebe für den Osten entdeckt?

Auf unseren weltweiten Tourneen haben wir eigentlich alle Großstädte schon besucht. Jetzt sind eben kleinere dran. Bei den genannten handelt es sich um Städte dritter Ordnung. Bisher wollten wir da nicht hin. Aber nun haben wir keine Alternative mehr gesehen.

Ihre Tour nennen Sie Abschiedstournee. Haben Sie dem Publikum nichts mehr zu sagen?

Wir haben leider stetigen Zuschauermangel beklagen müssen. Deshalb kamen wir auf die Idee der Abschiedstournee. Eigentlich hat uns unser Management sogar abgeraten. Sie meinten, auf den Trick fallen nur die dümmsten Bauern rein. Aber seitdem sind die Hallen überall ausverkauft.

Die Titanic-Boygroup mit den drei Ex-Chefredakteuren des „endgültigen Satiremagazins“ Martin Sonneborn, Thomas Gsella und Oliver Maria Schmitt steht am heutigen Mittwoch um 20 Uhr auf der Bühne des Lindenpark s in der Stahnsdorfer Straße. Karten sind noch für 20 Euro an der Abendkasse erhältlich. Der Einlass beginnt um 19 Uhr.

Dann können Sie ja künftig weiter Abschiedstourneen ankündigen.

Die nächste wäre dann eher eine Wiedervereinigung. Das hat auch einen guten Klang.

Was erwartet denn ihre Gäste am heutigen Abend im Lindenpark?

Für das Programm haben wir die Höhepunkte aus den letzten 15 Jahren Titanic zusammengefasst. Die präsentieren wir in einem unaufgeregten Multimediaspektakel. Es gibt alles: Wort, Bild, Ton und Film.

Bei so vielen Reizen fürchten Sie nicht, das Publikum zu überfordern?

Wenn wir am Rande von Großstädten auftreten, müssen wir uns natürlich an die Fähigkeiten des Publikums anpassen. Wir werden also in Potsdam alles etwas langsamer vorlesen und vorspielen. Deshalb wird die Lesung auch doppelt so lange dauern wie in einer Großstadt.

Neben ihren Auftritten und der Arbeit für die „Heute-Show“ im ZDF sind sie auch Bundesvorsitzender der Satirepartei „Die Partei“. Sehen sie die Gründung der Alternative für Deutschland als Konkurrenz an?

Die Alternative für Deutschland wird für uns keine Konkurrenz werden. Auch die Piraten versuchen uns den Platz streitig zu machen. Aber solche Gründungen beschäftigen sich oft zu sehr mit sich selbst. „Die Partei“ gibt es schon seit 2004. Wir haben an Bundestagswahlen teilgenommen. Leider sind wir 2009 nicht zugelassen worden. Aber nun ist das Wahlrecht geändert worden und wir treten mit vier oder fünf Landesverbänden an. Unser Ziel sind 100 Prozent plus X - wegen der Überhangmandate.

Sie sind also optimistisch für die Bundestagswahl im September?

Wir gehen fest davon aus, dass wir im Herbst die Macht übernehmen.

Und wenn es wider Erwarten nichts mit einem großen Sieg der Partei bei der Bundestagswahl wird? Gibt es einen Plan B?

Im Stillen arbeite ich ja an einer feindlichen Übernahme des ZDF. Zum Glück ist das eine so große Anstalt, dass das klappen wird, ohne dass die das merken. 

Zum Programm der Partei gehörte ja auch die Forderung, die Mauer wieder auszubauen. Kann man sich darauf verlassen?

Die Mauer ist nicht mehr unser zentrales Thema. Im Jahr 2011 haben wir bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl mit dem Slogan „Inhalte überwinden“ 0,9 Prozent erreicht. Das war unser bestes Ergebnis seit Kriegsende und bestätigt uns in unserem Kurs.

Also wird in Potsdam die Mauer nicht aufgebaut?

Wir sind ja offen für lokalpolitische Themen und auch in Potsdam vertreten. Es wäre also denkbar, über einen Maueraufbau abzustimmen. In Berlin setzen wir uns auch dafür ein, dass die Mauer dort erhalten bleibt, wo sie noch steht - und ausgebaut wird.

Bei ihrem letzten Auftritt in der Region haben sie in Aussicht gestellt, dass sie einspringen, wenn sich die Stadt und Hasso Plattner nicht auf den Bau einer Kunsthalle einigen. Wann geht es los?

Wir sind jederzeit zu Gesprächen bereit. Seit Längerem warten wir darauf, dass uns die Stadt anspricht. Vielleicht kann der Oberbürgermeister heute Abend vorbeikommen und winken. Dann können wir uns in der Pause treffen und die Sache unter Männern regeln.

Mit einem Fax in dem Sie Mitgliedern des Fifa-Exekutivkomitees Kuckucksuhren und Schinken versprochen haben, waren Sie mitverantwortlich dafür, dass die Fußballweltmeisterschaft 2006 an Deutschland vergeben wurde. Wann können wir uns auf das nächste Großereignis freuen?

Das bin ich schon verschiedentlich gefragt worden. Allerdings musste ich seinerzeit eine von mehreren Anwälten ausgearbeitete Erklärung unterzeichnen, dass ich zeitlebens nie wieder solche Faxe verschicke. Andernfalls wurde mit einer Schadenersatzforderung von 600 Millionen Mark gedroht. Allerdings stand nicht darin, dass ich keine E-Mails mit Bestechungsangeboten verschicken darf.

Wer wie Sie Satire zum Beruf gemacht hat, hat bestimmt häufiger mit verständnislosen Reaktionen zu tun. Wie hat sich der Humor in Deutschland ihrer Ansicht nach entwickelt?

Alles wird immer lustiger und ironischer. Markus Lanz macht heute Witze über die FDP. Jeder Politiker weiß schon, dass er ironisch werden muss, wenn ich ihn anspreche. Es wird einfach zu viel gelacht in Deutschland. Das muss sich wieder ändern.

Das Interview führte Marco Zschieck

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