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Potsdamer Leibniz-Kolleg: Das All expandiert in die Zukunft

Der Physik-Nobelpreisträger Brian Schmidt erklärt in den PNN, was die Welt im Innersten zusammenhält und warum dunkle Energie das Universum auseinander driften lässt.

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Sie sie überall. „Hier im Zimmer, im Tisch, in Ihnen, in mir, um uns herum“, sagt Brian Schmidt und blickt in den Konferenzraum der Potsdamer Uni. Gemeint ist die Dunkle Energie, diese unsichtbare mysteriöse Kraft, die nach einhelliger Meinung der Astrophysiker das Auseinanderdriften des Weltalls vorantreibt. Schmidt nennt im Gespräch mit den PNN diese unbekannte Energie „Space“, es handele sich um das, was man früher als Äther bezeichnete. Dass es diese verborgene Kraft geben muss, hatte der US-Astronom Schmidt mit Kollegen anhand der Beobachtung von Sternenexplosionen nachweisen können. Sie hatten von deren Helligkeit auf die Entfernung und Bewegung von Galaxien geschlossen. Für diese bahnbrechende Entdeckung erhielt er zusammen mit Saul Perlmutter und Adam Riess 2011 den Nobelpreis für Physik.

Am Donnerstag hatte Brian Schmidt in Potsdam im Rahmen des diesjährigen Leibniz-Kollegs über Dunkle Energie und das sich ausdehnende Universum gesprochen. Die Dunkle Energie sei eine Idee von vielleicht 5000, mit denen Forscher die Antriebskraft des Universums zu erklären versuchen. Aber solange die Theorien von Albert Einstein nicht widerlegt sind, sei die Dunkle Energie die beste Erklärung dieser unbekannten Kraft, die das Universum seit dem Urknall vor etwa 13,7 Milliarden Jahren unaufhörlich auseinandertreibt. „Doch die Realität ist nicht schwarz-weiß“, ergänzt Schmidt. Natürlich könnten auch ganz andere Erklärungen richtig sein.

Zumindest könne man heute aber davon ausgehen, dass das Universum kein Ende hat. Diese Unendlichkeit könne man sich am besten anhand eines Balls vorstellen, auf dessen Oberfläche auch kein Ende zu finden ist. Das Universum habe allerdings eine vierte Dimension, die mit der Zeit verknüpft ist. In diese Dimension expandiere das Universum hinein. „Ich sage immer, es expandiert in die Zukunft“, erklärt Schmidt und schaut dabei aus dem Fenster auf den Uni-Campus am Neuen Palais. Da man mit unserer gültigen Physik nur bis auf Bruchteile von Sekunden an den Urknall herankommen könne, bedürfe es zur Erklärung des Urknalls selbst einer vereinheitlichten Theorie. Auf der Suche nach dieser Weltformel könnte Potsdam eine wichtige Rolle spielen, so der 46-jährige Nobelpreisträger. Falls es seinen Kollegen des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Golm tatsächlich gelingen sollte, Gravitationswellen zu messen, sei man dabei einen riesigen Schritt weiter. Bis dahin bleiben viele Fragen offen. Etwa auch die danach, was Zeit eigentlich ist. Schmidt formuliert es einstweilen so: „Zeit ist der Taktgeber, der die Dinge geschehen lässt.“

Mehr zum Thema lesen Sie in der FREITAGAUSGABE der POTSDAMER NEUESTEN NACHRICHTEN

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