Sport: Das Auge täuscht die Psyche
Tim Lobinger siegt in Potsdam und holt sich den Spaß am Springen zurück
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Tim Lobinger siegt in Potsdam und holt sich den Spaß am Springen zurück Ein ganzes Haus drückt auf die Latte. Optisch natürlich, denn das Auge lässt die aufgelegten 5,83 Meter beim Marktplatzspringen im Kirchsteigfeld im Vergleich zu dem Wohnhaus im Hintergrund gering aussehen. „Dadurch springt es sich leichter“, sagt Tim Lobinger, der diese Höhe zwar dreimal riss, das 10. Marktplatzspringen im Kirchsteigfeld am Sonntag aber mit übersprungenen 5,70 Metern vor Adam Kolasa (Polen) und Fabian Schulze (Kornwestheim, alle 5,70 m) gewann. Denn wären im Blickwinkel der Sprunganlage kleine Bäume oder gar der Himmel, sähen die aufgelegten Höhen laut Lobinger noch höher aus. Das Auge täuscht die Psyche Vor manch Wahrheit konnte sich der erste Sechsmeterspringer Deutschlands in den vergangenen Wochen jedoch nicht verstecken. Keine Medaille im Stabhochsprung bei Olympia und kein Deutscher Meistertitel, obwohl der mit „nur“ 5,70 Meter an Danny Ecker (Leverkusen) ging. Gründe, die Lobinger über einen Abbruch der Saison nachdenken ließen. „Ich wollte heute hier sehen, ob ich den Spaß am Springen zurück finde“, sagte der Medienprofi nach seinem Sieg zu den Zuschauern. Selbstverständlich hat er ihn gefunden, „in dieser familiären Atmosphäre in Potsdam“. Mehrmals jährlich kommt der Springer von ASV Köln in die Landeshauptstadt, einerseits zum Springen im Stern-Center und Kirchsteigfeld, andererseits zu Sponsorenterminen. „Dadurch habe ich die Stadt kennen gelernt, ich bin gerne hier.“ An diesem Wochenende ließ er gar ein internationales Meeting aus, obwohl er in Rieti (Italien) mehr hätte verdienen können. „Doch ich hatte keine Lust auf Flugzeug, Springen, Flugzeug.“ Zumal die Gage in Potsdam auch kein Hungergeld sei. Bezahlt werden Springer wie Lobinger mit einem Startgeld in vierstelliger Höhe und zusätzlich der Prämie je nach geschaffter Höhe. Lobinger hat somit am Wochenende am Besten aus den Startern des Siebenerfeldes verdient. Das Meeting erinnerte aber nicht an Wettkämpfe aus den Vorjahren, als Springen ebenso wie am Sonntag in einen Sporttag am Kirchsteigfeld eingebettet war. Spielten sonst die Frauenkonkurrenzen mit Annika Becker (Erfurt), Sabine Schulte (LG Bonn Troisdorf/Niederkassel) oder Thorey Edda Elisdottir (Island) die Hauptrolle, verzichten die Veranstalter vom SC Potsdam diesmal gänzliche darauf. Während Björn Otto (Uerdingen/Dormagen) noch am Vortag bei einem von Rens Blom (Niederlande) initiierten Meeting sprang und nach Potsdam kam – er sprang 5,30 m und wurde Fünfter – trug auch Schulte ihr eigenes Marktplatzspringen am Wochenende aus. Die Termine kollidierten so sehr, dass Peter Rieger, Organisator des Springermeetings, die Frauenkonkurrenz in diesem Jahr absagte. Dennoch zeigte er sich nicht unzufrieden mit dem Wettkampf der Männer, bei denen sich Lobinger am Meetingrekord von 5,83 Metern versuchte. „Gemessen an den Leistungen der Saison ist das heute ein gutes Ergebnis gewesen“, sagte Rieger. Zufrieden waren die Springer mit den Ergebnissen nicht. Doch ihre Minen verrieten, dass es wohl schlimmeres gibt, als in Potsdam nicht höher als 5,70 Meter zu springen. Zumal der Anlaufsteg in der Havelstadt für sie eine Umorientierung darstellte. „Wir haben die letzten Springen auf der von Marc Osenberg entwickelten Anlaufbahn absolviert, die ist dagegen bretthart“, erklärt Lobinger. Darauf würden künftig auch Rekorde und Normen anerkannt, die bei derartigen Veranstaltungen erzielt werden. In Potsdam blickt man dagegen bereits auf den Februar, wenn sich die Stabsprungelite wieder im Stern-Center trifft. Dann will auch Lobinger dabei sein, doch dort sind die optischen Voraussetzungen umgekehrt. Die enge „Halle“ lässt die Lattenlage hoch aussehen. jab
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