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Landeshauptstadt: „Das Baltikum war eine Entdeckung“

Wieder zurück: Corinna Thiel und Felix May radelten 6000 Kilometer um die Ostsee

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Wieder zurück: Corinna Thiel und Felix May radelten 6000 Kilometer um die Ostsee Corinna Thiel und Felix May sind im Frühling zu einer mehrmonatigen Radtour gestartet. Ihre 6 000 Kilometer lange Reise führte sie durch Skandinavien, das Baltikum und Polen. Regelmäßig berichteten die beiden Reiselustigen den PNN-Lesern von ihren Erlebnissen – nun sind sie wieder zu Hause. Sie haben 75 Tage lang die Ostsee umradelt. Wie ist es wieder in Potsdam zu sein? Corinna: Potsdam habe ich nur 36 Stunden lang gesehen, da ich ziemlich direkt zu meinem Freiwilligen Ökologischen Jahr nach Föhr aufbrechen musste. Felix: Die Zeit reichte nur für einen kurzen Zwischenstopp, bei dem ich gemerkt habe, dass mir die Stadt durch meine Studienzeit zu einer vertrauten Umgebung geworden ist, in die ich gern zurückkehre. Haben Sie nach dreieinhalb Monaten Abwesenheit einen neuen Blick auf die Stadt gewonnen? Corinna: Einen Blick über den Tellerrand auf jeden Fall. Gerade das Baltikum war eine Entdeckung - die Gastfreundschaft war überwältigend. Die Reise hat Lust auf mehr gemacht. Felix: Ich glaube, die Zeit hat meinen Blick dafür geschärft, wie viel oder wie wenig zum Leben nötig ist. Alles was wir brauchten, war in sechs Taschen verpackt. Manchmal freute ich mich über Dinge, die sonst alltäglich erscheinen wie eine warme Dusche oder einen heißen Kaffee. Seit Jahren sind Sie beide bei Greenpeace engagiert. Wie wird der Naturschutzgedanke in den Ländern gelebt, die Sie bereist haben? Corinna: In Schweden waren wir von dem großen Angebot an Bio-Produkten zu „normalen“ Preisen überrascht. Dort ist alles relativ teuer, aber die ökologische Landwirtschaft wird so subventioniert, dass die Produkte teilweise billiger als die konventionellen sind. Im Baltikum gab es auffällig viele Feuchtwiesen und damit viele Störche. Die Landwirtschaft war sehr viel kleinbäuerlicher als in Deutschland. Es ist zu befürchten, dass dies später durch die Normen der EU verschwinden wird. Viele Gedanken machten wir uns über die sichtbare Armut der Landbevölkerung und die Zusammenhänge der Wirtschaft. Polen erlebten wir vor allem an der Küste. Wir waren entsetzt über den boomenden Billig-Tourismus und die militärischen Sperrgebiete, die die Küste säumen und ziemlich kaputt machen. Felix: Wir erfuhren in Schweden, dass die Forstwirtschaft eine sehr positive Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit macht. Mittelfristig sollen große Waldflächen mit dem FSC-Siegel für eine ökologisch und sozial verträgliche Forstwirtschaft versehen werden. Was bleibt nach dieser Reise übrig, außer einer guten Kondition? Corinna: Viele Erinnerungen an schöne Orte, liebe Menschen und lange Nächte am Lagerfeuer, einen Teelöffel von einem alten Mann aus Lettland, die Erinnerung an das Entengeschnatter am Morgen, eine drei Kilo Wassermelone zum Mittag vor einer alten Kirche, eine Nacht am Stadtstrand oder an ein ausgiebiges Frühstück an Bord der Fähre nach Tallinn. Felix: Natürlich gab es Strecken, auf denen auch mal Geduld und Kampfgeist nötig war, aber ich denke, es ist uns gut gelungen unsere Kräfte einzuteilen und uns dabei die Reiselust zu bewahren. Vielleicht ist dies das Tollste an unserem „Abenteuer“, dass wir nicht als Einzelkämpfer gefahren sind, sondern jeden Berg, Regen, Mückenangriff und eine Magengrippe zusammen durchstehen mussten und viele schöne Erlebnisse teilen konnten. Mit Sicherheit haben wir dabei gelernt, auf die Macken des anderen Rücksicht zu nehmen und damit umzugehen. Wie war es so lange aufeinander angewiesen zu sein? Corinna: Ausgesprochen gut. Wir haben es geschafft, in stressigen Situationen die Ruhe zu bewahren und den Frust nicht am anderen auszulassen. Zum Glück hatten wir im Norden schönes Wetter, sonst wäre uns womöglich manchmal in Finnland der Himmel auf den Kopf gefallen, denn dort gab es schnurgerade Straßen, nur Kiefern und zweimal am Tag eine Ansammlung von Häusern. Felix: Für mich war es ein sehr schönes Gefühl, dass wir uns einander so sehr anvertrauen konnten. Ich denke, die Reise war eine gute Lektion darin, darauf zu achten, wie es Corinna und mir selber geht und im Zweifelsfall unsere gute Laune und Gesundheit wichtiger zu nehmen, als das Ziel die Ostsee zu umrunden. Wie geht es nun weiter? Corinna: Ich werde auf der Nordseeinsel Föhr mein Freiwilliges Ökologisches Jahr bei der Naturschutzstiftung „Fering Natüür“ absolvieren. Felix: Die Zeit bis Mitte Oktober werde ich bei Corinna an der Nordsee verbringen, dann komme ich zurück und studiere hier weiter Geoökologie. Das Gespräch führte Ulrike Strube

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