Homepage: Das Bauprinzip der Natur Leibniz-Preis: Peter Fratzl erforscht Bio-Strukturen
Von der guten Nachricht wurde Peter Fratzl völlig überrascht. Vergangene Woche erhielt er von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) einen Anruf, er sei einer der zehn Auserwählten, die 2010 Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis erhalten werden, den bedeutendsten deutschen Forschungspreis.
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Von der guten Nachricht wurde Peter Fratzl völlig überrascht. Vergangene Woche erhielt er von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) einen Anruf, er sei einer der zehn Auserwählten, die 2010 Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis erhalten werden, den bedeutendsten deutschen Forschungspreis. Der Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam-Golm erhält 2,5 Millionen Euro, die projektbezogen ausgegeben werden müssen (PNN berichteten). „Ich freue mich sehr über diesen Preis, der es mir ermöglichen wird, das Grenzgebiet zwischen Materialwissenschaft und Biologie weiter auszuloten“, sagte der aus Wien stammende Forscher in einer ersten Reaktion. „Vor allem möchte ich Nachwuchswissenschaftler fördern und für dieses spannende Forschungsthema begeistern“, kündigte er an.
Der 51-jährige Potsdamer Biophysiker, der seit diesem Sommer auch Honorarprofessor an der Universität Potsdam ist, hatte bereits im vorigen Jahr den begehrten Max-Planck-Forschungspreis erhalten. Fratzl interessiert sich für den Bauplan der Natur. Er beschäftigt sich mit natürlichen Materialien wie Knochen und Pflanzen. Er will vor allem deren mechanische Eigenschaften erkunden. Ziel ist auch die Anwendung: Fratzl entwickelt neue biomimetische und bioinspirierte Werkstoffe, die biologische Strukturen oder Prozesse nachahmen. Die Forschungen bauen auf Fratzls frühere Arbeiten in der Metallphysik auf.
Peter Fratzls Arbeiten versprechen wichtige Erkenntnisse zur Behandlung von erkranktem Knochengewebe und insbesondere zur Osteoporose. Zudem schaffen sie die Basis für die Entwicklung neuer oder optimierter biomimetischer Materialien für den Knochenersatz und für die regenerative Therapie von Hartgeweben. Dazu sucht der Forscher oft auch die Kooperation mit Medizinern und Biologen. Peter Fratzl zählt zu den Pionieren auf dem Forschungsfeld der Biomimetik, das er am Potsdamer Max-Planck-Institut in Golm etabliert hat.
„Um ihre Ideen übernehmen zu können, müssen wir verstehen, wie die Natur zu ihren Lösungen gelangt ist“, erklärt der Forscher sein Vorgehen. Die Natur habe im Verlauf der Evolution enorm lange Zeit gehabt, technisch optimale Lösungen zu finden. Und die betrachtet Fratzl sehr genau. Der Biophysiker hat sich mit seinem Golmer Team die Frage gestellt, warum Knochen oder auch Holz so extrem stabil und gleichzeitig verformbar sind.
Im Fokus der Erkenntnisse des Forscherteams steht dabei das hierarchische Bauprinzip der Natur. Fratzl hat es anhand des Glasschwamms analysiert. Hier habe sich gezeigt, dass kleine, regelmäßige Formen zu größeren zusammengesetzt werden. Je nach Vergrößerung erkenne man eine ganz andere Architektur. „Das beginnt bereits im ganz Kleinen, im Glas selbst, bei kleinen Nanokügelchen, aus denen das Glas besteht“, erklärt er. Diese kleinen Glaskügelchen werden zusammengefügt zu Schichten, die dann konzentrisch angeordnet Fasern ergeben. „Mit diesen Fasern kann der Glasschwamm wie ein Architekt Gebäude, im Sinne eines Skeletts, zusammenfügen.“
Die Natur verwende das hierarchische Bauprinzip, um aus einfachen und günstigen Grundstoffen hervorragende Materialien zu konstruieren. „Für uns stellt sich jetzt die prinzipielle Frage, wie wir dieses Bauprinzip in die Technik übertragen können, um aus Materialien, die die Natur selbst gar nicht verwendet, Materialien mit völlig neuen Eigenschaften zu konstruieren“, so Fratzl. Jan Kixmüller
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