Landeshauptstadt: Das erste Duell
Ein Gastspiel von Jann Jakobs in Babelsberg wurde zum Podium für den Oberbürgermeister-Wahlkampf
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Babelsberg - Die wahrscheinlichen Oberbürgermeisterkandidaten von SPD und Linken haben sich ein erstes öffentliches Rededuell geliefert: Am Donnerstagabend hatte die SPD ins Kulturhaus Babelsberg geladen, Stadtoberhaupt Jann Jakobs sollte wie zuletzt bei ähnlichen Veranstaltungen in anderen Stadtteilen eine Bilanz seiner Politik ziehen. Diesmal ließ es sich Potsdams Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg nicht nehmen, zusammen mit weiteren Parteigenossen dem Vortrag von Jakobs zu lauschen. „Ich war neugierig, was der Oberbürgermeister zu sagen hat“, erklärte Scharfenberg danach und nannte den Auftritt „enttäuschend“.
Während der Sitzung gerieten beide Politiker, die schon 2002 gegeneinander angetreten waren, vor allem beim Thema Uferweg am Griebnitzsee aneinander. Scharfenberg griff Jakobs wegen dessen Haltung zum laufenden Bürgerbegehren der Linken für einen freien Uferweg an. Dafür sind bereits mehr als 13 000 Unterschriften gesammelt. Er vermisse ein klares Bekenntnis des Oberbürgermeisters zu dieser Aktion, so Scharfenberg: „Wie stehen Sie dazu?“
Jakobs reagierte gereizt. Seine Haltung im Konflikt sei klar: Er wolle einen offenen Uferweg. Dazu betreibe er aktuell „Lobby-Arbeit“ in Berlin. Dort wird der Haushaltsausschuss des Bundestags darüber entscheiden, ob die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) ihre 32 000 Quadratmeter Uferfläche an Potsdam verkaufen darf. Mit dem Erwerb will die Stadt Flächen für einen öffentlichen Weg am See sichern. Bei der Bima liegt ein höheres Gegenangebot von Anrainern vor, die damit offenbar den öffentlichen Uferweg verhindern wollen. „Wir führen Gespräche mit Politikern“, sagte Jakobs über die Potsdamer Lobby-Arbeit. Zugleich müsse er für einen Bebauungsplan zum Griebnitzseeufer sorgen, der vor Gerichten bestehen könne, erklärte der amtierende Oberbürgermeister seinem wahrscheinlichen Herausforderer. „Von einem OB darf man mehr verlangen als bloß eine wohlfeile Unterschrift“, so Jakobs zu Scharfenberg.
Doch Linke-Parteimitglied Stephan Worseck ließ nicht locker: Beim Bürgerbegehren der Linken hätte er sich mehr Engagement der SPD gewünscht. Und Worseck fragte nach „personellen Konsequenzen“ wegen der Schlappen, die Potsdam im Uferstreit erlitten habe. Jakobs sagte, man könne aus den gemachten Fehlern nur lernen, allerdings sei ein „fehlerfreier Bebauungsplan“ auch ein „Kunstwerk“. Zugleich hätten die Potsdamer Stadtverordneten mehr tun können, um das Ufer offen zu halten, sagte Jakobs – und nannte Scharfenberg namentlich. Das ließ den Linke-Chef aus seinem Sitz fahren: „Jetzt reicht es aber!“ Er sagte, es sei in den Jahren 2003 und 2004 die Linke gewesen, die Uferflächen habe kaufen wollen. Jakobs erwiderte, seine Kritik beziehe sich auf die 1990er Jahre.
Schließlich ging ein Babelsberger Bürger verbal dazwischen und beschwerte sich über die „ganz schlechte Parksituation“ in dem Stadtteil. Offensichtlich hat (noch) nicht jeder Potsdamer den Nerv für Wahlkampfduelle.Henri Kramer
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