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MEINE Woche: Das erste Mal

Auf den ersten Blick gefiel mir Potsdam gar nicht. Ich kann nicht einmal sagen, woran das eigentlich lag.

Stand:

Auf den ersten Blick gefiel mir Potsdam gar nicht. Ich kann nicht einmal sagen, woran das eigentlich lag. Vielleicht daran, dass ich in Jena studiere und sich dort das ganze Geschehen im Stadtkern konzentriert, vor allem, was das Nachtleben betrifft. In Potsdam verläuft sich vieles sehr schnell, das stört mich ein wenig. Aber jetzt, nach einer Woche, ist mir die Stadt irgendwie ans Herz gewachsen. Ich überraschte sogar meine Freundin mit der Aussage, ich könne mir vorstellen, später einmal hier zu wohnen. Sie macht seit kurzer Zeit eine Ausbildung in Potsdam, und ich habe sie nun zum ersten Mal besucht. Wahrscheinlich sogar das letzte Mal für lange Zeit, denn morgen fliege ich nach Barcelona, und das gleich für ein halbes Jahr. Ich arbeite dort an einer klinischen Studie der Universität im Rahmen meines Medizintechnik-Studiums.

Die letzten Tage in Deutschland verbrachte ich also in Potsdam – und da meine Freundin jeden Tag arbeiten musste, hatte ich Zeit, mir die Stadt genauer anzugucken. Ich glaube, proportional zur vergehenden Zeit wuchs auch meine Sympathie. Am Montag schlenderte ich durch die Innenstadt, verkleidet als Tourist mit Kamera und allem Drum und Dran. Holländerviertel, Neuer Garten, Sanssouci – jeder Reiseleiter wäre auf mich als Autodidakten stolz gewesen. Ich war mir schon selbst ein wenig unheimlich, als ich dann am nächsten Tag das komplette Klischee erfüllte und per Dampfer eine Schlösserrundfahrt auf der Havel machte. Meine Freundin lachte mich aus, als ich ihr das am Abend erzählte. Als ich an den Altersdurchschnitt auf dem Boot dachte, musste ich sogar mitlachen. Trotzdem war das noch einmal eine ganz andere Perspektive auf die Stadt.

Die nächsten Tage ließ ich es dann ruhig angehen. Als meine Freundin am Abend nach Hause kam, gingen wir im Heiligen See baden, Sushi essen, in Bornstedt Äpfel ernten oder ins Kino. Heute ist mein letzter Tag in Potsdam. Morgen fliege ich von Leipzig aus nach Barcelona. Wie gesagt, auf den ersten Blick gefiel mir Potsdam nicht unbedingt. Auf den zweiten zog die Stadt mich schon in ihren Bann. Und später, wenn ich wirklich das Alter erreicht habe, in dem Bootsrundfahrten auf der Havel anfangen einen gewissen Reiz auszuüben, kann ich mir durchaus vorstellen, herzuziehen.

Florian Tetschke ist 23 Jahre alt, studiert in Jena und besuchte seine Freundin zum ersten Mal in Potsdam.

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