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Frauen: Das ewige Problem-Geschlecht

Es gibt eine Scherzfrage, die leider an der entscheidenden Stelle nur auf Englisch funktioniert: Vater und Sohn haben einen Unfall und kommen verletzt in eine Klinik. Der Sohn muss notoperiert werden.

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Es gibt eine Scherzfrage, die leider an der entscheidenden Stelle nur auf Englisch funktioniert: Vater und Sohn haben einen Unfall und kommen verletzt in eine Klinik. Der Sohn muss notoperiert werden. Er liegt bereits im OP, da kommt „the doctor“ dazu und sagt entsetzt: Ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn! An dieser Stelle fragen die Deutschen immer: Hä? Wer ist das dann?

Wahrscheinlich hat sich das ein/e Englisch-Lehrer/in ausgedacht, um den Schülern/Schülerinnen zu verklickern, dass im anglophonen Sprachraum meist kein Unterschied besteht zwischen Männlein und Weiblein. Englische Muttersprachler/innen haben kein Problem, hier beides zu assoziieren. Für den gemeinen Teutonen ist und bleibt der Doktor allerdings männlich. Das stößt den Feministinnen seit Jahrzehnten übel auf.

Seitdem grübeln studierte Gender-Expertinininnen, wie die weibliche Form möglichst elegant in den deutschen Sprachgebrauch hinein gebastelt werden kann, hacken wir uns beim Tippen die Finger wund, um den Wurmfortsatz der Weiblichkeit an männliche Nomen zu koppeln, auch wenn die Sprache dadurch für den akustischen Gebrauch nutzlos wird. Weiterhin wurden aus Studenten Studierende, aus Demonstranten Demonstrierende, verloren Begriffe wie Belegschaft und Kundschaft, Schülerschaft und Lehrerschaft ihre Geschlechtlichkeit. Hingegen verteufeln wir mittlerweile die explizite feminine Form bei Friseuse und Masseuse, und es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis die Friteuse abgeschafft wird.

Erste Verlusterscheinungen im Wortschatz sind bereits zu beobachten: So gibt es ohne die „Gnäd’ge Frau“ keine Vokabel mehr, um eine Bürgerin höflich anzusprechen. Ewig Gestrige benützen immer noch gern den lächerlichen Begriff „junge Frau“, auch wenn diese mit Krücken und orthopädischen Schuhen zur geriatrischen Tagespflege unterwegs ist. Kein wohlklingendes nasales „Madame“, kein respektvolles „Yes, M’am, thank you M’am“. Kein schnurriges Señora. Schade.

Ja, wir tun uns schwer. Weil wir ahnen, dass da was im Argen liegt.

Nur was genau ist es, und wie reagiert man angemessen? Frauen können wählen, Konten eröffnen oder gleich Bankdirektorin werden. Was bleibt, ist dieser vermaledeite Uterus, den wir einfach nicht weg(r)evolutioniert bekommen. Dass uns die Kinder im Bauch wachsen und danach für mindestens ein halbes Jahr an unseren Brüsten hängen, lässt sich auch mit lingualen Experimenten nicht wegdiskutieren, falls wir das denn wollten. Denn mittlerweile hat sogar der letzte Chauvi erkannt, dass Kitaplätze in jede Stadt gehören.

Natürlich ist es nach Jahrhunderten, in denen die Frau mehr oder weniger auf ein Rollenbild festgelegt war, für manche gewöhnungsbedürftig, ihr die gleichen Möglichkeiten wie den Männern zuzugestehen, ohne dass die Entscheidung für das eine oder andere Lebensmodell nachteilig wäre. Aber muss die Frau deshalb als Problem-Geschlecht gebrandmarkt werden, als das, was extra Geld, Geduld, Liebe und Aufmerksamkeit braucht? Müssen wir am Frauentag kollektiv heulen und Zähne knirschen? Frauentag – wenn wir denn so an ihm hängen – ist immer. Und dann kann man ihn eigentlich auch weglassen.

Dann besser langfristig und nachhaltig da investieren, wo es Sinn macht. Die Frauen des Unternehmerinnenverbandes haben nicht gejammert sondern eine Plattform gegründet, wie Männer schon längst viele haben. Selbstbewusst hocken die auf Sitzungen, in Vereinen und im Urologenwarteraum aufeinander und netzwerken, ohne sich dessen bewusst zu sein. Das können wir Frauen doch auch, gleichwohl wir zugegebenermaßen eher selten zum Urologen gehen.

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