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Links und rechts der Langen Brücke: Das Experiment

Sabine Schicketanz über das Werkstattverfahren zur Frage, wo Potsdam künftig baden geht – und die anschließende unnötige Bürgerbefragung

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In der Stadtspitze dürfte mancher dieser Tage frohlocken. Denn man ist dabei, die Bürger, die Politik und Rathaus das Gestalten und Verwalten des Öfteren schwermachen, mit den eigenen Waffen zu schlagen: Hochkomplex und aufwendig ist das Werkstattverfahren, mit dem der ungestüme Bürgerwille in Sachen Schwimmbad gezähmt werden soll. Schon zum Start wurde es anstrengend: Arbeitsgruppen tagten stundenlang, Für und Wider musste angehört und ausgehalten werden. Und es stehen nach dem Wochenende noch zwei Werkstatt-Termine aus, bevor das Ergebnis vorliegen soll.

Ob sich die Mühe lohnt? Die Bürger sich im Ergebnis wiederfinden, es akzeptieren? Das Ergebnis eine taugliche Basis bietet für die Bürgerbefragung danach? All dies wird sich zeigen müssen. Die groß angelegte Bürgerbeteiligung ist eine Premiere, ein Experiment. Dass es gewagt wird, ist gut. Dass die Potsdamer zahlreich mitmachen, noch besser. Sie sollten auch dem Verfahren, das vom Rathaus beauftragte Profis aus St. Gallen entwickelt haben, offen gegenüber stehen – und es als Neuanfang begreifen in der Debatte um Neubau oder Sanierung eines Schwimmbads, bei der im Laufe der Jahre viel Vertrauen verspielt worden ist. Von der Drewitz-Brache über den Niemeyer-Entwurf für eine Kuppelbadewelt bis zum Freizeitbad Bornstedter Feld reicht die Kette der Entscheidungen der Stadtpolitik. Ein ums andere Mal erwiesen sich die Kalkulationen als verfehlt, die politischen Voten als wackelig. Kostendeckel nützten nichts, ebenso alle Debatten über Standort, Qualität, Preis und Ausstattung.

Dass den Potsdamern jetzt gleich die ganze Entscheidung zum Schwimmbad überlassen wird, ist allerdings überzogen: Schließlich soll das Ergebnis der Bürgerbefragung, die nach dem Werkstattverfahren im März stattfinden soll, nach Willen von Oberbürgermeister Jann Jakobs für das Stadtparlament bindend sein. Dessen Votum wird also gar nicht mehr gebraucht. Dabei hätten die Stadtverordneten doch mit dem Ergebnis des Werkstattverfahrens als Unterpfand gut selbst entscheiden können, ja müssen. Gefordert haben die Potsdamer die Entscheidungsmacht in Sachen Schwimmbad im Übrigen nicht – statt einer „von oben“ angeordneten Befragung hätte es dann nämlich einen „von unten“ erkämpften Bürgerentscheid gegeben.

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