Landeshauptstadt: Das Herz der Familie
Ella Hohlweg feierte ihren 101. Geburtstag im Bürgerstift mit Kindern und Kindeskindern
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Hat man mit 101 Jahren noch Wünsche? Ella Hohlweg, die gestern diesen biblischen Geburtstag feiern konnte, winkt schmunzelnd ab: „Allen in der Familie soll es gutgehen“, sagt sie. Und auch die schönsten Augenblicke ihres Leben seien immer die mit der Familie gewesen. Die besteht inzwischen aus sechs Kindern, 17 Enkeln, 27 Urenkeln und vier Ururenkeln. Unisono bestätigen die Kinder, dass Ella immer deren Mittelpunkt war und den Kontakt zu allen gehalten habe. „Wenn jemand in die Kyritzer Ecke zu Besuch kam“, bestätigt denn auch Sohn Siegfried, „dann führte der erste Weg zu Muttern.“ Und die anderen kommen ins Schwärmen über den frischgebackenen Kuchen mit Streusel und Pflaumen.
Erst mit 86 Jahren gab Ella Hohlweg den eigenem Haushalt auf und ging ins Potsdamer Bürgerstift des Evangelischen Verbandes für Altenarbeit. Dort war Tochter Hannelore beschäftigt, jetzt selbst Rentnerin und Nutznießerin des betreuten Wohnens. Die beiden treffen sich Tag für Tag, machen ein Schwätzchen oder auch mal bei schönem Wetter einen kleinen Ausflug, nun allerdings im Rollstuhl, denn weite Wege wollen Ellas Hüfte und Füße nicht mehr absolvieren. In der Wohnung geht es aber immer noch allein mit dem Rolli zur Toilette. Die alte Dame besucht noch regelmäßig die Andacht im Haus, liest gern und bekommt den Lokalteil der Kyritzer Zeitung zugeschickt, wo sie nach dem Krieg wohnte.
Geboren wurde Ella in der Nähe von Meseritz im heutigen Polen und half beizeiten dem Vater in der Landwirtschaft. Sie war das 9. von 12 Kindern, also an eine große Familie von Anfang an gewöhnt. Ein kurzes Intermezzo als Hausmädchen in Berlin wurde wegen Heimwehs und der bevorstehenden Heirat mit Reinhold Hohlweg, den sie seit ihrer Jugend in der Herrnhuter Kirchengemeinde kannte, nach zwei Jahren beendet. Auch mit ihm hieß es Land bewirtschaften und sich ums Vieh kümmern.
Besonders schwer wurde das Leben dann für die junge Mutter von sechs Kindern, als 1945 die Russen Reinhold zur Zwangsarbeit verschleppten. Er hat sie nicht überlebt, aber erst 1998 erfuhr Ella durch das DRK von seinem Tod. Nach der Flucht aus Polen, Lageraufenthalt und endlich der Zuweisung eines Zimmers in Vogtsbrügge bei Kyritz arbeitete Ella Hohlweg wieder in der Landwirtschaft, diesmal auf dem Rand-Berliner Stadtgut Joachimshof. Urlaub hat sie kaum gemacht. „Auf dem Lande“, sagt sie ganz selbstverständlich, „gab es keine Freizeit.“ Und am wohlsten fühlt sie sich ohnehin im Kreise ihrer Lieben.
Sozialdezernentin Elona Müller, die gerade erst dem ältesten Potsdamer zum 104. gratulieren konnte, fühlte sich wohl in froher Runde. 31 über Hundertjährige zählt Potsdam derzeit.
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