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Sport: „Das ist ja gar kein Mädchensport“

Die „Burning Ropes“ aus Beelitz zeigen, was man mit einem Springseil alles anfangen kann

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„Fjui, flatsch, fjui, flatsch, fjui“ – mit einem leisen Pfeifen saust Sarah Baganz’ Springseil durch die Luft. So schnell, dass der Draht kaum zu sehen ist. Immer wieder fliegt das Seil am Kopf der 16-Jährigen vorbei und unter ihren Füßen durch, wo es kurz den Boden berührt. „Flatsch, fjui, flatsch.“ Wie ein Flummi hüpft Sarah durch die Sporthalle am Beelitzer Platanenring – 170 mal, dann sind 30 Sekunden um, die der Wettkampfzeit entsprechen. Schwer atmend lässt sich die 16-Jährige auf die Knie fallen. „Das ist anstrengend“, sagt sie und schnappt nach Luft.

Bei den „Burning Ropes“, den „brennenden Seilen“ aus Beelitz, ist Springseilspringen mehr als nur eine Aufwärmübung. Ob alleine gegen die Uhr, im Handstand, beim Radschlag, im Liegestütz oder im Team – die Beelitzer hüpfen was das Zeug hält und zählen längst zu den Profis. Seit ihrem Start vor vier Jahren haben sich die Mädchen und Jungs unter der Führung von Katrin Baganz und Gabi Kahn in die Spitze der Springseilspringer etabliert. Aktuell sicherten sie sich den ersten und dritten Platz bei den Deutschen Teammeisterschaften in Wuppertal. Das nächste Ziel haben die 30 Mädchen und zwei Jungs im Alter von 7 bis 16 Jahren schon im Blick: Die Einzelmeisterschaften im Mai.

„Wir trainieren dreimal in der Woche“, sagt Gabi Kahn. Jeweils zwei bis zweineinhalb Stunden treffen sich die Springer, um neue akrobatische Sprünge auszuprobieren oder ihre Technik in den Disziplinen zu verbessern, bei denen es um Geschwindigkeit geht. Etwa 200 Sprünge schaffen Vollprofis in 30 Sekunden, sagt Kahn – offiziell gezählt wird dabei aber nur jeder zweite Sprung. Damit die Kampfrichter bei dem Tempo mit dem Zählen hinterherkommen, achten sie nur auf das rechte Bein, erklärt die Trainerin, macht also 100 Sprünge in 30 Sekunden.

Ende der 70er Jahre ist das sogenannte „Rope Skipping“ oder auch „Rope Jumping“ mit seinen verschiedenen Disziplinen in den USA entstanden. Eine Kampagne der American Heart Association hatte dem Seilspringen zu einem ungeahnten Aufschwung verholfen. Ein spezielles Traininsprogramm sollte Herz- und Kreislauf stärken und zugleich den Spaß an der Bewegung bei Kindern und Jugendlichen wecken. Mit Erfolg.

In Amerika ist Springseilspringen beliebt, sagt Gabi Kahn. Einmal im Jahr treffen sich die Beelitzer deshalb mit Profis aus den USA zum gemeinsamen Trainingslager. „Rope Skipping ist ein Sport, mit dem man sich sehen lassen kann“ – im wahrsten Sinne des Wortes, sagt Trainerin Baganz: „Ein Seil kann man immer dabei haben, egal wo man ist.“

Bis vor einigen Jahren hatten sich die Mütter gar nicht für das Seilspringen interessiert. Erst als ihre Töchter in der Schule damit anfingen und bei Wettbewerben antraten, wuchs das Interesse. „Unsere Mädels waren schlecht vorbereitet“, sagt Baganz. So nahmen die Mütter das in die Hand und gründeten die „Burning Ropes“. Mit acht Springerinnen begannen sie das Training – bis heute ist der Sport vor allem bei Mädchen beliebt.

Der achtjährige Jacob kann darüber nur den Kopf schütteln: „Das ist ja gar kein Mädchensport“, sagt er während einer der kurzen Hüpf-Pausen. „Da kann man viel lernen und es macht Spaß“, erklärt Jacob und auch der elfjährige Konstantin nickt: „Für mich ist das besser als Fußball“ – seitdem er springe, halte er im Sport meist länger durch als die Rasenrenner, sagt er. Zumal die Springseilspringer bei ihrem Sport nicht zimperlich sein dürfen, erklärt die neunjährige Jessica aus Langerwisch: „Das Seil geht öfter mal gegen die Beine. Dann bleibt da ein roter Strich“, sagt sie und zeigt auf ihren linken Unterschenkel. Ein kleiner roter Streifen ist da zu sehen. „Das tut schon weh, geht aber auch schnell wieder weg“, sagt sie, eh sie wieder zum Seil greift. Jessica will weiter üben, um genauso gut zu werden wie die Großen. Immerhin: Sie schafft heute schon 31 Sprünge in einer halben Minute.

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