Von Heike Kampe: Das Klassenzimmer ist der Wald
Die Waldschule in den Ravensbergen gibt es inzwischen seit zehn Jahren. Etwa 11 000 Besucher zählte die Einrichtung der Waldpädagogik im vergangenen Jahr. Das Angebot soll weiter ausgebaut werden
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Der Weg zum Waldhaus führt über sandige Pfade durch den ergrünenden Forst. Schnell ist vergessen, dass man sich soeben noch zwischen den Neubauschluchten der Potsdamer Waldstadt befunden hat. Auf den letzten Metern geht es steil bergauf, bevor man vor den Toren der Waldschule steht. 107 Meter hoch, auf dem Großen Ravensberg. Seit zehn Jahren gibt es die Einrichtung an dieser Stelle inzwischen, den ebenfalls in den Ravensbergen beheimateten Falkenhof seit fünf Jahren – am Wochenende wird daher groß gefeiert.
Bei Ankunft an der Waldschule begrüßt Nebelkrähe Lisa die Besucher mit lautem Krächzen. Vorbei an den Tiergehegen, die Eichhörnchen, Eichelhäher und Fasane beherbergen, geht es weiter in den Garten. Hier sitzen etwa 20 Kinder auf Holzbänken und essen ihr Pausenbrot. Die Hortgruppe der zweiten Klasse der Grundschule Glindow besucht bereits zum siebten Mal die Waldschule. Ilka Simm-Schönholz begrüßt die Kinder mit der Gitarre in der Hand und einem gemeinsamen Lied. Es ist eines der mehr als 20 Projektmodule vor allem für Kinder und Jugendliche, die in der Waldschule angeboten werden.
Die energiegeladene Mittvierzigerin Ilka Simm-Schönholz leitet die Waldschule, die vom Verein „Wald-Jagd-Naturerlebnis e.V.“ betrieben wird. Angefangen hat alles im Juni 1999. Lehrerin Simm- Schönholz, Kita-Leiterin Sabine Henze und Malermeister Achim Schönholz verschrieben sich der Idee, Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene mit einem umweltpädagogischen Konzept für Wald und Natur zu begeistern. Ein brachliegendes Grundstück in den Ravensbergen schien der ideale Ort für die Umsetzung des ehrgeizigen Vorhabens zu sein. Mit der Idee im Kopf und dem Konzept in der Hand gingen sie zum Eigentümer des Areals, dem Landesvermessungsamt. Dort hieß es: „Na dann machen Sie mal.“
Zehn Monate und unzählige Arbeitsstunden später war das Grundstück von wuchernden Himbeersträuchern befreit, ein Teich und ein Bachlauf waren angelegt und Holzbänke aufgestellt. Die ersten Gäste empfing die Waldschule im April vor zehn Jahren. Mittlerweile besuchen 31 Kita- und Hortgruppen die Waldschule regelmäßig. Hinzu kommen spezielle Veranstaltungen für Schulklassen, Kindergeburtstage, Nachtwanderungen und vieles mehr. Jedes Jahr nutzen etwa 11 000 Besucher die zahlreichen Angebote.
„Viele Kinder, die an unseren Projekten teilnehmen, kommen am Wochenende mit ihren Eltern her“, freut sich Ilka Simm-Schönholz über die Resonanz. Den Erfolg ihres Engagements hat sie jeden Tag vor Augen. Kinder, die beim ersten Besuch noch laut durch den Wald gepoltert waren, gehen nach ein paar Besuchen in der Waldschule leiser und aufmerksamer durch ihre Umgebung und erzählen begeistert von ihren Entdeckungen. Für die nächsten Jahre hat sich Ilka Simm-Schönholz vorgenommen, als weiteren Baustein auch ein Programm für Senioren anzubieten.
Die Hortkinder sind inzwischen gespannt, welches Thema sie heute erwartet. Nach dem Begrüßungslied nimmt Denny Sindele, der an der Waldschule ein freiwilliges ökologisches Jahr absolviert, das Programm in die Hand. Aus einem Karton holt er das perfekte Gummi-Ebenbild einer langen Schlange hervor. In den folgenden eineinhalb Stunden werden die Kinder erfahren, warum eine Schlange keine Ohren hat, wie sie sich bewegt und wie sie sich ernährt.
Unterdessen geht es mit Ilka Simm- Schönholz im Geländewagen in flottem Tempo durch den Wald zum Falkenhof. Rauhaarteckel Troll begrüßt Schwanz wedelnd sein Frauchen. Etwa zehn Greifvögel sitzen im freien Gelände majestätisch auf ihren Stangen. Sie haben heute Ruhetag. Die Falknerei entstand 2006 unweit der Waldschule auf dem 7800 Quadratmeter großen Areal einer ehemaligen Wetterstation. Sie beherbergt heute 17 Greifvogelarten, einen Streichelzoo, eine Schmetterlingswiese und eine Streuobstwiese mit alten Apfelbaumsorten. „Man freut sich immer wieder, wenn etwas Neues geschafft ist“, sagt Ilka Simm-Schönholz.
Am Samstag, dem 17. April, werden in der Waldschule und dem Falkenhof die Erfolge der vergangenen Jahre gefeiert. Beginn ist 10 Uhr in der Waldschule und 13 Uhr auf dem Falkenhof.
Die Waldschule im Internet
www.waldhaus-potsdam.de
Heike Kampe
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