zum Hauptinhalt
Auch in der Speicherstadt warten noch große Wohnungen auf Mieter – zum Beispiel eine Dreizimmerwohnung im Dachgeschoss für knapp 1500 Euro Kaltmiete monatlich.

© Andreas Klaer

Wohnen in Potsdam: Das Luxusproblem

Trotz Knappheit stehen in Potsdam Wohnungen leer. Wieso manche Wohnungen in der Landeshauptstadt schlecht vermietet werden können.

Stand:

Potsdam - Die Attribute sollen unwiderstehlich klingen: exklusive Ausstattung, traumhafter Havelblick, Echtholzparkett und genügend Platz für eine Sofalandschaft. Auf Immobilienportalen wird eine ganze Reihe von großen Wohnungen in Potsdam angeboten, die im gehobenen Preissegment liegen. Allein das Portal Immobilienscout24 führte am Dienstag 96 Wohnungen über 100 Quadratmetern und einer Kaltmiete von zwölf Euro je Quadratmeter oder mehr. Doch reißenden Absatz finden die schmucken Residenzen offenbar nicht. Einige von ihnen warten schon seit mehr als einem Jahr auf einen Mieter. Sie stehen leer – trotz der immer wieder beklagten Wohnungsknappheit in Potsdam.

450 Wohnungen mit mehr als 100 Quadratmetern stehen in Potsdam leer

Mit der Situation vertraut ist auch Günter Fischer von der Immobilienmaklergesellschaft Engel & Völkers. Bereits im Spätsommer 2015 hatten die Makler bei einer Marktuntersuchung festgestellt, dass in Potsdam 450 Wohnungen mit mehr als 100 Quadratmetern leer stehen, für die Kaltmieten von 11,50 Euro und mehr verlangt werden. „In diesem Bereich gab es einen satten Überhang am Markt“, sagt der Immobilienfachmann.

Unter den angebotenen Wohnungen befinden sich ebenso kürzlich fertiggestellte Neubauten wie sanierte Altbauten, aber auch Wohnungen, für die sich offenbar seit Längerem kein Mieter findet. So wird auf Immobilienscout eine neugebaute Vier-Zimmer-Wohnung in der Speicherstadt angeboten – 2014 fertiggestellt zum Erstbezug. Das 127-Quadratmeter-Dachgeschoss-Penthouse mit Gäste-WC und „großzügigen Terrassen“ ist nicht gerade ein Schnäppchen. 13,83 Euro soll der Mieter für den Quadratmeter zahlen – kalt. Doch der Quadratmeterpreis ist nicht immer das Problem: Ganz in der Nähe wird ein Mieter für eine Sechs-Zimmer-Wohnung in einem sanierten Altbau gesucht. Die 10,63 Euro kommen im Vergleich geradezu moderat daher. Angesichts der Wohnungsgröße von 235 Quadratmetern muss ein Mieter 2500 Euro monatlich für die Kaltmiete aufbringen.

„Die Klientel, die dies bezahlen kann, gibt es hier nicht in dieser Menge“, erklärt Fischer. Das Problem sei nicht allein der Quadratmeterpreis, sondern die Gesamtsumme der Miete. Diese sollte ein Drittel des Haushaltseinkommens nicht überschreiten, so eine Faustregel. Schaut man in den statistischen Jahresbericht der Stadt, wird klar, dass die Gruppe überschaubar ist. Im Jahr 2014 gab es in Potsdam etwa 14 300 Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von über 3600 Euro. Sie haben einen Anteil von 16,6 Prozent an den Potsdamer Haushalten – dieser ist in den vergangenen Jahren gewachsen, wenn auch nur langsam. Alle anderen haben weniger zur Verfügung.

Am Bedarf vorbei gebaut

Fischer meint, dass teilweise am Bedarf vorbei gebaut wird. „Für teure, große Wohnungen gibt es in Potsdam weniger Mietinteressenten als in Berlin oder westdeutschen Großstädten. Viele Investoren sehen das aber nicht“, sagt er. Er rät Investoren, den lokalen Markt zu erforschen und passende Angebote zu machen. Effektivere Wohnungsgrößen seien nötig, auch kleine Größen sinnvoll. Gerade angesichts steigender Baupreise sei die Vermietbarkeit wichtig.

Fischers Beurteilung stützt auch Reiner Braun vom wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Beratungsinstitut Empirica. Große Wohnungen seien zwar auch in Potsdam gefragt. Schließlich gebe es nicht nur Singlehaushalte, sondern auch Mietinteressenten, die ein zusätzliches Arbeits- und Gästezimmer gebrauchen können. Allerdings sei das eine Preisfrage. Wenn Wohnungen auf einem Markt wie Potsdam länger leer stehen, sei die Miete einfach zu hoch.

Insgesamt gab es in Potsdam Ende 2014 nach Angaben der Stadtverwaltung 11 780 Wohnungen mit einer Fläche von mehr als 100 Quadratmetern. Allerdings sind in der Zahl auch Einfamilienhäuser enthalten. Trotz des auch in Potsdam vorhandenen Trends zu kleineren Haushaltsgrößen sind auch große Mietwohnungen gefragt. So hat Potsdams größter Vermieter, die kommunale Immobilienholding Pro Potsdam, 291 Wohnungen über 100 Quadratmetern im Bestand ihrer etwa 17 000 Wohnungen. Nur drei davon seien derzeit unbewohnt, teilte die Pro Potsdam mit. Aber auch sie seien schon an neue Mieter zugesagt. Die Nachfrage könnte mit dem Mietpreis zusammenhängen: Die großen Wohnungen der Pro Potsdam befinden sich überwiegend in sanierten und unsanierten Altbauten und werden zu einstelligen Eurobeträgen pro Quadratmeter vermietet. Die Durchschnittsmiete im Bestand lag im vergangenen Jahr bei 5,90 Euro pro Quadratmeter kalt. Nur wenige große Wohnungen befinden sich in den Neubauten, die in den vergangenen Jahren ohne Fördergelder errichtet wurden. Dort liegt die Miete im Durchschnitt bei 9,50 Euro je Quadratmeter.

Sie wollen mehr darüber lesen, was Potsdam bewegt? Die PNN gibt es auch als E-Paper - jetzt 30 Tage lang im Probe-Abo testen. Hier geht es zum E-Paper >> 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })