Soupworld in Potsdam: Das Mini-Max-Prinzip
Astrid Buzin wollte mehr Zeit für sich und ihre Familie haben. Also machte sie sich selbständig. Mittlerweile hat die Potsdamerin drei kleine Suppenküchen in der Stadt. Ein Besuch.
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Potsdam - Fehlendes Selbstbewusstsein kann man Astrid Buzin nicht nachsagen. Groß prangt ihr strahlendes Lächeln auf einer Fahne vor ihrem Geschäft Soupworld in der Potsdamer Lindenstraße. Seit zwölf Jahren führt die 41-Jährige die Suppenküche, aus einem Laden im Stadtteil Am Stern sind mittlerweile mehrere Standorte geworden, einer davon in der Innenstadt. Die Mutter zweier Kinder machte sich selbständig, um mehr Zeit für ihre Familie zu haben – und es funktioniert.
Vor allem Angestellte kommen in der Mittagspause vorbei. „Das ist ein Fastfood-Restaurant. Wir haben eine ganz kleine Bar, den Tresen, den Wochenplan. Die Kunden suchen sich eine Suppe aus, bezahlen und bekommen sofort ihre Suppe auf den Tisch“, sagt Buzin.
Um 14.30 Uhr ist Schluss
Zwei Frauen sitzen in der Lindenstraße draußen in der Sonne an einem Tisch und löffeln ihr Mittagssüppchen, Soljanka soll es heute sein. Drinnen kümmert sich Mitarbeiterin Ines Kohlmann um weitere Gäste, die konzentriert die Tageskarte betrachten – zur Auswahl stehen heute neben dem Klassiker Soljanka noch ein deftiger Eintopf, „Chicken Tikka“ Kokossuppe und die „vegetarische Überraschungswoche“. „Viel los ist nicht. Ein Montag“, sagt Kohlmann freundlich und füllt erst etwas Reis und dann die Kokossuppe in einen der weißen Thermobecher. Viele nehmen die zwischen drei und fünf Euro teure Mahlzeit auch mit an den Arbeitsplatz. Wie jeden Tag ist hier um 14.30 Uhr Schluss. Dann muss aufgeräumt und der nächste Tag vorbereitet werden. Abends hat die Soupworld dann nicht mehr geöffnet. Einige Mitarbeiter seien Frauen und hätten Kinder, sagt Kohlmann. Das sei daher schon ideal.
Astrid Buzin ist überzeugt davon, dass sie es richtig gemacht hat. 2004 hatte die damalige Reiseverkehrskauffrau nach eigenen Angaben genug von ihrem Beruf. Sie sei Reiseleiterin in Ecuador oder Costa Rica gewesen, habe Pauschalreisen betreut oder in der Kalkulation gearbeitet. Das sei aber nicht mehr gegangen. „Eine 40-Stunden-Woche gibt es nicht. Keinen Feierabend und du opferst dich“, so Buzin. Dann gab es einen Punkt, wo sie Familie haben wollte und mehr Zeit für sich. „Und es gibt nicht viele Jobs auf der Welt, wo ich das miteinander vereinbaren kann“, so Buzin, die gerade erst auf dem Potsdamer Gründertag von ihren Erfahrungen berichtete.
Idee für die Soupworld stammt aus Lateinamerika
Die Idee für die Suppenküche sei in Lateinamerika entstanden. Dort würden die Menschen nicht so ängstlich sein, so Buzin. „Viele machen dort einfach eine kleine Bar auf und können davon leben.“ Das kleine Restaurant in der Lindenstraße ist sehr zurückhaltend eingerichtet. Einfache Holztische und Stühle stehen in dem knapp 20 Quadratmeter großen Raum. Mittlerweile gibt es drei Soupworlds in Potsdam, in der Lindenstraße, in der Babelsberger Garnstraße und am Patrizierweg. Dort hatte auch alles begonnen und dort ist auch immer noch die Küche von Buzin. Dass die Produkte beliebt sind, zeigt auch die Zahl der Supermärkte, die die Ware von Buzin abnehmen. So sind ihre glutenfreien Suppen ohne Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffe etwa in den Regalen der Bio-Company zu finden sowie bei verschiedenen Regio-Läden in Potsdam und Berlin.
Dennoch, so ganz vom Tourismus kann sie nicht lassen. „Mein touristisches Herz schlägt immer noch“, versichert die in Luckenwalde geborene Buzin. Sie versuche, die verschiedenen Esskulturen aus aller Welt in die Suppen zu bringen. Das ist dann etwa das muslimische Curry „Gäng Massaman“, eine vegane indische Dahl-Linsensuppe, oder auch ein afrikanischer Landtopf. Oder die Standards wie Berliner Kartoffelsuppe oder eine deftige Gulaschsuppe. Das Angebot wechselt wöchentlich, bis zu fünf Suppen gibt es täglich – an heißen Tagen wie jetzt sogar die kalte spanische Gazpacho.
"Glaube ich an meine Idee?"
Natürlich war es anfangs ein wenig holprig, räumt Buzin dann doch ein. In den ersten Jahren gab es wohl auch Geldsorgen. Wie geht man damit um? „Es gilt, sich die Frage zu stellen: Glaube ich an meine Idee? Oder muss ich mir einzugestehen, dass die Idee doch nicht so toll war?“ Sie habe jedenfalls nicht losgelassen und ihre Idee weiterverfolgt. „Und ich bin froh darüber.“
Aber wie sieht es mit der Rente aus, der Absicherung fürs Alter? Seit etwa zwei Jahren mache sie sich darüber tatsächlich Gedanken. Nun müsse eine Lösung her. „Noch habe ich aber keine Lösung, aber sie kommt, oder ich arbeite eben bis 80“, sagt Buzin und lacht. Es gebe immer eine Lösung. Wie wäre es mit weiteren Geschäften? „Ich bin jetzt zufrieden, ich kann davon leben“, sagt Buzin. Sie habe sechs tolle Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit, sei verheiratet und habe ihre Kinder Maria (6) und Jakob (11). Ja, sie könne die vierte oder fünfte Filiale aufmachen, „aber warum, für wen, wozu?“ Das würde mehr Arbeit bedeuten – und weniger Zeit für die Familie.
Stefan Engelbrecht
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