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Eine Reliquienmonstranz mit dem Wappen des Abtes Gabriel aus dem Jahr 1716 (l.) und ein Missale Cisterciense (r.) und ein liturgisches Buch mit Texten fuer die Feier der Heiligen Messe nach dem Zisterzienserritus aus dem Jahr 1702, stehen im Kreuzgang von Kloster Neuzelle.

© Michael Urban/ddp

Von Bernd Kluge: Das Ornat des Abtes Marinus

Stiftung präsentiert ab Frühjahr 2009 im Stift Neuzelle die Schätze aus Brandenburgs einzigem Barockkloster

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Neuzelle - Auf den ersten Blick wirkt der mittelalterliche Kreuzgang im ehemaligen Zisterzienserkloster Neuzelle mit seinem grau-weißen Schlämmanstrich schlicht und unspektakulär. Doch wer weiter im Karree um den Kreuzhof geht, dem offenbart das historische Gemäuer unterhalb der Kreuzrippengewölbe seine geheimen Schätze: „Schauen Sie hier“, sagt Walter Ederer, der Kulturmanager der Stiftung Stift Neuzelle, und weist auf Fragmente mittelalterlicher Wandmalereien, in den Putz geritzte lateinische Inschriften und ein verstecktes Mönchsportal, das einst in die benachbarte Kreuzkirche führte.

Hier, in dem für 3,2 Millionen Euro sanierten Kreuzgang, soll im Frühjahr 2009 eine neue Dauerausstellung über die einzige vollständig erhaltene barocke Klosteranlage im Land Brandenburg eröffnet werden, wie Ederer ankündigt. Unter dem Titel „Auf Leben und Tod“ werde die Schau die Wechselbeziehungen zwischen der Klostergeschichte und der politischen Geschichte Europas veranschaulichen. „In Vorbereitung der Schau kooperieren wir mit der Martin-Luther-Universität Halle, die uns wissenschaftlich begleitet“, erläutert der Kulturmanager, der seit Jahren mit dem früheren Kloster befasst ist.

Bisher sind in Nebenräumen des spätgotischen Kreuzganges lediglich Schautafeln und Vitrinen zur Klostergeschichte zu sehen, außerdem gibt es Informationen zum Leben der Zisterziensermönche und zur heutigen Nutzung der Anlage. Die künftige, umfassendere Dauerausstellung werde unter anderem Teile des sogenannten Klosterschatzes zeigen. Dazu zählen insgesamt mehr als 250 liturgische Schaugeräte, sakrale Silberkelche, kirchliche Kleidungsstücke, Gemälde und Dokumente. Besonders stolz ist Ederer auf das Ornat des Abtes Marinus – eine kostbare Amtstracht, die nur zu besonderen Anlässen getragen wurde und von der es laut Ederer europaweit nur noch fünf Exemplare gibt.

Das Ornat und weitere 18 Original-Gegenstände aus dem Klosterschatz werden derzeit noch restauriert. Auch der Kreuzgang selbst wird Ausstellungsobjekt: Die Baugeschichte des 1268 begründeten Zisterzienserklosters lasse sich anhand der archäologischen Funde im Kreuzgang hervorragend belegen und illustrieren, sagt Ederer. Eine schmale Treppe führt hinunter in den mit Feldsteinen ausgelegten Klosterkeller und gibt den Blick frei auf die Gründungsmauern der Anlage.

In der Tourismus-Information Neuzelle verspricht man sich von der Dauerausstellung im Kreuzgang einen neuen Besucherschub. „Wir denken, dass deutlich mehr Besucher kommen werden, um das Herzstück des Klosters zu entdecken“, sagt Leiterin Gabriele Werner. Sie zählt dabei sowohl auf an der Klostergeschichte interessiertes Fachpublikum als auch auf normale Besucher. Bisher kommen nach ihren Angaben jährlich um die 100 000 Menschen in den Ort an der Oder.

„Viel ist aus der jahrhundertealten Geschichte der barocken Klosteranlage allerdings nicht mehr da“, stellt Ederer fest. Einiges sei bei der Auflösung des Klosters 1817 an Kirchengemeinden verschenkt worden, anderes verschwand vermutlich bei der Auflösung der staatlichen Stiftung im Jahr 1955. „Es tauchen immer mal wieder Sachen auf“, sagt der Kulturmanager und zeigt auf einen dicken Stapel vergilbten Pergaments mit Sütterlin-Schrift und dem Abt-Siegel. Diesen Briefwechsel über die Pachtung von Wiesen zwischen einer Gutsfamilie aus der Region und der Klosterverwaltung hatten Anwohner kürzlich auf dem Dachboden eines alten Hauses gefunden.

Der größte Klosterschatz von Neuzelle, die großformatigen Passionsdarstellungen vom „Heiligen Grab“, bekommt bis 2012 für rund fünf Millionen Euro ein eigenes unterirdisches Museum. Vom Klosterwirtschaftsgebäude aus geht es dann für Besucher durch einen Tunnel in den benachbarten Scheibenberg. Dort werden in einem knapp zehn Meter hohen Sarkophag zwei Szenen der einem Kulissentheater ähnelnden Passionsdarstellungen gezeigt. „Wir haben lange vergeblich nach einem Raum innerhalb der Klostergebäude gesucht, der groß genug dafür ist, und uns deshalb zu dieser Lösung entschlossen“, sagt Ederer.

Bernd Kluge

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