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So sollen die Gebäude in Block IV in der Erika-Wolf-Straße künftig aussehen. 

© Repro: Andreas Klaer

Entscheidung der Jury: Das "Potsdam-Gefühl" in der neuen Mitte

Eine Auswahlkommission hat die Siegerentwürfe für die Erika-Wolf-Straße gekürt. Sie sollen Tradition und Moderne zusammenführen. 

Potsdam - Es ist die zentrale Straße. Die Schlagader der neuen Potsdamer Mitte: die Erika-Wolf-Straße. Und seit Freitag steht nun fest, wie die Fassade der Verbindung zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Altem Markt aussehen wird. Die Auswahlkommission tagte am Donnerstag bis tief in die Nacht, um aus den 18 Entwürfen für die sechs Parzellen im sogenannten Block IV die Sieger zu küren. 

„Es gelingt aus meiner Sicht, Tradition aufzunehmen, ohne im Gestern zu verharren“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) bei der Präsentation der Ergebnisse am Freitag vor der Presse. Die Entwürfe seien keine Kopie einer Innenstadt, so Schubert, sondern eine gelungene Mischung für ein neues, lebendiges Zentrum. Innerhalb der kommenden fünf Jahre soll hier im Herzen der Stadt ein Quartier mit Wohnungen – teils mietpreisgedämpft –, Geschäften, Kultur und Gastronomie entstehen. 

"Spannende Fassade"

Schubert lobte insbesondere, dass die Jury einen Entwurf mit „spannender Fassade“ ausgewählt hat, die diesem Ort ein neues Gesicht geben werde. Dabei bezog er sich auf ein schmales Gebäude, das sich an das Acht-Ecken-Haus anschließt. Die Front ist von senkrechten Glasstäben bedeckt, die durch eine wellenartige Gestaltung aussehen, als seien sie zusammengeschoben worden. Es ist der architektonische Ausdruck eines besonderen Abschnitts der Straße: Da die jetzigen Maße der Blöcke aufgrund der Breite der Friedrich-Ebert-Straße nicht ganz genau mit historischen übereinstimmen, entsteht eine Lücke. Diese Fuge, wie die Planer sie nennen, soll auch in der Straße erkennbar bleiben. „Wir haben uns mutige, zeitgenössische Architektur gewünscht“, hatte Sigrun Rabbe, Geschäftsführerin des Sanierungsträgers, bei der Vorstellung der Entwürfe gesagt.

Diese Parzelle war auch die einzige, bei der die Juryentscheidung knapp war. Wie der Moderator des Auswahlverfahrens, der Stadtplaner Uli Hellweg, erläuterte, sei das Votum der Kommission bei allen anderen Parzellen sehr eindeutig ausgefallen. Bei diesem habe letztendlich eine einzige Stimme den Ausschlag gegeben. Er zeigte sich jedoch zufrieden mit dem Ergebnis. Ein anderer Entwurf sei durch seine auffällige Farbgebung „sehr laut“ gewesen, sagte er kritisch. In der Tat hat ein Architekturbüro inmitten der sonst eher hell gestalteten Fassade einen dunkelbraunen Entwurf vorgelegt, mit großflächigen Platten und asymmetrisch angeordneten Einschnitten. 

Öffnung zur Straße

Ein weiterer, etwas auffälligerer Entwurf hat für die Erika-Wolf-Straße Nummer neun das Rennen gemacht. Hier ist der obere Teil der Fassade in schmale, hochkant angeordnete Wellen gelegt. Das Erdgeschoss wölbt sich zu einem breiten Eingang nach hinten. Details wie dieser Eingangsbereich, der sehr offen gestaltet ist, haben die Jury überzeugt, wie Hellweg sagte. „Uns war wichtig, dass keine abgeschotteten Häuser entstehen.“ 

Bei anderen Gebäuden der Häuserzeile waren überwiegend recht klassische Entwürfe eingereicht worden. Der markanteste Bau der Straße liegt an der Ecke von Erika-Wolf- und Anna-Flügge-Straße. Das Haus direkt am Alten Markt trägt eine „stadtbildprägende Leitbildfassade“ – hier hatten die Architekten also wenig Spielraum. Vorbild ist das Palazzo Barbaran da Porto im italienischen Vicenza, an diesem orientieren sich alle Entwürfe und damit auch der Siegerentwurf eng.

Ort zum Flanieren

Bei der Auswahl der Jury, das machte Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) deutlich, ging es nicht nur um die Gestaltung der einzelnen Gebäude, sondern auch um die Frage, wie alle acht Häuser der sechs Lose zusammen in der Straße wirken werden. „Wir wollen einen besonderen Ort schaffen, der auch zum Flanieren einlädt“, so Rubelt. 

Auch Uli Hellweg betonte, in dieser einzigen Straße, die zwischen zwei Blöcken der künftigen Mitte liegt, werde „ein ganz besonderes Raumerlebnis“ möglich sein. „Wir werden hier ein Potsdam-Gefühl vermitteln, wie es sonst nirgends in der Stadt möglich ist.“ Dabei wird das nun geplante Ensemble ergänzt durch die andere Straßenseite, die zu Block III gehört und derzeit gebaut wird. 

2024 sollen die Bauarbeiten für Block IV beginnen, Block III ist bereits gut erkennbar. 
2024 sollen die Bauarbeiten für Block IV beginnen, Block III ist bereits gut erkennbar. 

© Andreas Klaer

Einbezogen werden sollten in die Entscheidungsfindung wie berichtet auch die Meinung der Potsdamer Bürger. Im April hatte der Sanierungsträger der kommunalen Bauholding Pro Potsdam dazu aufgerufen, die Entwürfe zu kommentieren. Die Resonanz war äußerst überschaubar: Nur vier Personen schickten ihre Stellungnahmen, wenn auch sehr qualifiziert und detailliert, wie Geschäftsführerin Sigrun Rabbe versicherte. 

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Die Siegerentwürfe kommen von insgesamt fünf verschiedenen Architekturbüros. Eines von ihnen ist in Potsdam ansässig, die anderen kommen aus anderen Städten Deutschlands. Gleich zwei Parzellen konnte sich das Berliner Büro Päschke Architekten sichern. Die Architekten sind in Potsdam keine Unbekannten: Sie haben bereits den Annemarie-Wolff-Platz im Bornstedter Feld entworfen. 

Baubeginn 2024

Im weiteren Verlauf werden nun die Projektentwickler der beiden Lose, die Potsdamer Daniel & Rothkegel und die Firma Dr. Wulf Böttger Immobilien aus Brühl in Nordrhein-Westfalen die Entwürfe weiter verfeinern. Sigrun Rabbe rechnet mit einem Baubeginn im Jahr 2024, anschließend veranschlagt sie zwei bis drei Jahre Bauzeit. 

Für die anderen beiden Lose des Block IV, der das ganze Karree rund um und hinter der Stadt- und Landesbibliothek umfasst, sollen die Entwürfe im ersten Quartal 2023 präsentiert werden. Hier soll wie berichtet zur Anna-Flügge-Straße ein Studentenwohnheim entstehen. Richtung Friedrich-Ebert-Straße plant die Pro Potsdam Sozialwohnungen. Außerdem sollen dort Räume für die Erweiterung des benachbarten Bildungsforums geschaffen werden, unter anderem für die Kinderbibliothek und die Volkshochschule. 

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