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INTERVIEW MIT PETER HERTEL, JOURNALIST UND AUTOR, ZUM THEMA „OPUS DEI“: „Das Schicksal der Kinder an einer solchen Schule darf uns nicht gleichgültig sein“

Herr Hertel, das Opus Dei ist durch die Verfilmung von Dan Browns Buch „Sakrileg“ als kriminelle Verschwörerorganisation in der katholischen Kirche bekannt geworden. Stimmt dieses Bild?

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Herr Hertel, das Opus Dei ist durch die Verfilmung von Dan Browns Buch „Sakrileg“ als kriminelle Verschwörerorganisation in der katholischen Kirche bekannt geworden. Stimmt dieses Bild?

Brown hat recht, wenn es um die Selbstgeißelung zölibatärer Mitglieder und weitere Bußinstrumente geht, die Wunden hervorrufen können. Unrecht hat er bei den Mördern, die sind mir nicht begegnet. Wichtiger scheint mir, dass das Opus Dei einen katholischen Staat anstrebt, den ich fundamentalistisch nenne und der die Ausgrenzung von Andersdenkenden vorsieht. Das hat mit unserer Demokratie nur wenig gemein.

Warum versucht eine solche Organisation gerade in Potsdam Fuß zu fassen?

Diese Bestrebungen habe ich schon 2003 in dem Buch „Schleichende Übernahme“ beschrieben. Es geht nicht um Potsdam, sondern darum, sich im politischen Zentrum Deutschlands zu etablieren, also in oder bei Berlin. Nach der Wende sind viele, auch hochrangige, Mitglieder von Opus Dei nach Berlin gezogen. Dass sich die Organisation nun auf Brandenburg konzentriert, liegt daran, dass hier Personalkosten neuer Schulen stärker vom Land finanziert werden als in Berlin.

Und warum ist gerade eine Jungenschule angedacht?

Das Opus Dei verfolgt in seiner ehelosen Führungscrew eine strenge Geschlechtertrennung. Gleichzeitig rekrutieren sich die zölibatären Führungskräfte der Organisation aus Männern. An solchen Schulen wird die Trennung von männlichen und untergeordneten weiblichen Mitgliedern damit schon vorweggenommen.

Also eine Art Kaderschmiede?

Ja. Das Opus Dei wendet sich vor allem an Eliten in Politik und Gesellschaft. Dies ist schon immer Grundsatz dieser Organisation, die in diesem Zusammenhang von „Fischfang“ spricht. Jugendliche sollen möglichst früh geworben und ausgebildet werden. Da ist das Gymnasium der beste Boden.

Was ist darüber hinaus an solchen Schulen problematisch?

Es gibt eine Zensur: Das Opus Dei hat Listen mit verbotenen Büchern mit Werken von Hegel, Lessing oder Kant. In solchen Schulen werden diese Autoren dann eben nicht behandelt oder nur unter bestimmten Vorzeichen. So lässt sich der Unterricht homogener und erzkonservativ gestalten. Doch über solche Gefahren werden die Eltern in der Regel nicht aufgeklärt. Allerdings denke ich nicht, dass sich eine solche Schule nur an Potsdamer richtet: Man möchte wohl auch die eigenen Kinder aus Berlin unterrichten – oder etwa Söhne von katholischen Diplomaten.

Gibt es aus Ihrer Sicht Chancen, gegen solche Pläne vorzugehen?

Eher weniger. Die Geheimorganisation Opus Dei tritt ja nicht direkt selbst auf, sondern über eine freie Initiative von Bürgern. Die wird im Auftrag des Opus Dei tätig, das aber formaljuristisch nicht in Erscheinung tritt. Dagegen lässt sich umso weniger vorgehen, als das Opus Dei eine katholische Organisation ist und die katholische Kirche – laut Verfassung – ihre Angelegenheiten in Eigenregie regelt. Dennoch wäre ein Vorgehen insofern wünschenswert, als das dass Schicksal jedes Bürgers, der als Kind in einer solchen Schule wie in einer Art Sekte indoktriniert werden könnte, uns nicht gleichgültig sein darf. HK

Der 1937 geborene Peter Hertel ist katholischer Theologe und war lange Jahre Journalist bei der ARD. Über das Opus Dei hat er seit 1970 mehrere Bücher verfasst.

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