NACHRICHTEN: Das Schicksal der Übrigen
Heinz Schwollius saß 1946 im KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße. Am Sonnabend erzählte er aus seiner Haftzeit
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Nauener Vorstadt - Die Tür zur Todeszelle des KGB–Gefängnisses in der Leistikowstraße öffnet sich. Der russische Soldat verliest ungerührt: „Heinz Schwollius und Dietrich Marx, Sie sind zu zehn Jahren Haft begnadigt. Die Übrigen werden erschossen.“ Der heute 77-jährige Schwollius erinnert sich an die Szene, „als wär“s gestern gewesen“. Der schlimmste Moment war der endgültige Abschied von seinen Zellengenossen, sagte Schwollius am Sonnabend Nachmittag im Zeitzeugengespräch, das der Verein Gedenk- und Begegnungsstätte ehemaliges KGB-Gefängnis Potsdam in unregelmäßigen Abständen veranstaltet.
Wie lange er in der Todeszelle verbracht hat, die übrigens nicht im heute zu besichtigenden Haus in der Leistikowstraße 1 lag, sondern nebenan, im heutigen Hort der Evangelischen Grundschule, wusste er am Ende selbst nicht mehr. „Wir waren am lebendigen Leibe verfault, hatten die Krätze, Läuse, Wanzen.“ Drastische Szenen, zumal für den damals 16-Jährigen. Mit neun weiteren Gefangenen saß er in einer Zelle ein, die „fünf, vielleicht sechs Meter lang“ war. Möbliert war der Kellerraum mit einer Holzpritsche und einem Kübel in der Ecke, „für die Notdurft“. Tag und Nacht brannte künstliches Licht, schlafen durften die Gefangenen nur auf dem Rücken, die Hände sichtbar auf dem Körper.
Kaum ein Jahr vor seiner Verhaftung am 13. Januar 1946 war Schwollius erst zurück nach Potsdam gekommen. Während des Krieges zur Vollwaise geworden, lebte er seit 1943 in einem Internat der Handelsmarineschule in Lindau am Bodensee. Nach Kriegsende wollte er wieder in die Heimatstadt. Auch, weil seine Großmutter dort auf ihn wartete. Die Reise zu Fuß quer durch Deutschland, „mit dem Seesack auf dem Rücken“, für den Halbwüchsigen ist das ein Abenteuer. Schwollius schlägt sich durch und hat Glück. Als er nach Potsdam kommt, liegt die Heiliggeistkirche, in der er 1929 getauft wurde, in Schutt und Asche. Nur zwei Wochen nach der Rückkehr stirbt seine Großmutter. Der 16-Jährige steht wieder alleine da.
Er kommt bei der antifaschistischen Jugend unter, wird Gruppenleiter, mit eigener Wohnung. Seine Karriere nimmt jedoch ein abruptes Ende, als man ihn zum Eintritt in die KPD bewegen will: „Das kommt für mich nicht in Frage“, sagt er dem russischen Kulturoffizier und ist seine Wohnung sofort los. Fortan hat man ein Auge auf ihn: Er wird vorgeladen, man droht ihm „fies“, lässt ihn aber wieder laufen.
Warum er, zusammen mit Freunden, am 13. Januar verhaftet wird? Der 77-Jährige sucht bis heute nach Indizien: Da war der Freund, der im Dezember 1945 verhaftet wurde. Auf der bescheidenen Sylvesterfeier 1945/46 im Freundeskreis habe man überlegt, wie man ihm helfen könne. Schwollius vermutet Verrat. Ironie des Schicksals, dass der Verräter später mit Schwollius in einer Zelle sitzt.
Am 1. März 1946 kommt es jedenfalls zur Verhandlung. Schwollius wird wegen Angehörigkeit zum Jungvolk zum Tod durch Erschießen verurteilt. Dabei war er 1943 vom Jungvolk ausgetreten. Von März bis Mai sitzt er in der Todeszelle, überzeugt, dass sich das Ganze als Irrtum herausstellen würde: „Wir dachten: Uns kann man gar nichts anhaben, denn wir sind ja völlig unschuldig.“ Irgendwann im Mai kommt dann der Tag der Begnadigung. Für Schwollius ist es der Beginn einer achtjährigen Schreckens-Odyssee durch die Lager in Torgau und Bautzen. Die Spur seiner Kameraden verliert sich hingegen bis heute im Ungewissen. Wo und wann sie ermordet wurden, konnte bis jetzt niemand sagen. Für Schwollius, der heute mit Frau und Kindern in Stuttgart lebt, ist der Mord an den Jugendlichen ein unfassbares Verbrechen. Umso verärgerter ist er, wenn er „immer wieder“ hört, dass nur Nazis im Gefängnis gesessen hätten. Deshalb engagiert er sich auch mit anderen Zeitzeugen für die Gedenkstätte: „Wir können uns noch wehren, weil wir am Leben sind. Die Erschossenen können das nicht.“
Bolzwiese wird fertig gestellt
Eiche - Die „Bolzwiese“ auf dem Schulvorgelände in Eiche von der Straße am Alten Mörtelwerk aus soll nunmehr im Oktober fertiggestellt werden. Dies teilte die Stadtverwaltung dem Ortsbeirat mit. Allerdings wurden die Mittel für das Vorhaben von 50 000 auf 30 000 Euro gekürzt, so dass es nur mit Abstrichen umgesetzt werden kann. Die vom Verein „Regenkinder“ angeregte Ausstattung unter anderem mit einer Kletterwand kann damit nicht verwirklicht werden. Erfüllt wird die Forderung, über den Platz einen gesicherten Schulweg mit Pflasterung und Beleuchtung zu führen. Darüber hinaus will der Bereich Grünflächen zwei Spielgeräte aufstellen. Ihre Auswahl wurde jedoch nicht mit Ortsbeirat und Schule abgestimmt. Ortsbürgermeister Andreas Klemund wies darauf hin, dass die richtige Auswahl auch deshalb wichtig ist, weil Anwohner von der neuen Bolzwiese Lärmbelästigungen befürchten. eh
„Schüler mit Wirkung“ gestartet
Babelsberg - Der Landesschülerrat hat gemeinsam mit dem Bildungsministerium den Wettbewerb „Schüler mit Wirkung“ ins Leben gerufen. Die Aktion wurde gestern in Babelsberg mit der Enthüllung zweier Plakate gestartet, die für eine Mitarbeit in den Schülervertretungen werben. Der Wettbewerb soll zeigen, wie sich Jugendliche an ihren Schulen engagierten, und damit auch Anstöße für andere Schulen geben, sagte ein Sprecher des Landesschülerrats. Jugendliche und Gruppen könnten dazu Projekte vorstellen, die demonstrieren, „was Schüler auf die Beine stellen“. Eine Jury werde die besten Projekte auswählen. Die Arbeiten müssen bis 31. Dezember an die Gremiengeschäftsstelle des Landesschülerrates im Bildungsministerium, Steinstraße 104-106 in 14480 Potsdam eingesandt werden. ddp
Bahnhofsumfeld wird neu gestaltet
Waldstadt/Rehbrücke - Mit der Fällung von 22 Bäumen beginnen am Freitag die Bauarbeiten für das neue Bahnhofsumfeld am Stopp Rehbrücke. Auf Potsdamer Seite des Bahnhofes werden laut Stadtverwaltung in Abstimmung mit dem Amt Nuthetal neue Haltestellen, eine Fußgänger-Insel sowie eine Wendemöglichkeit für Busse geschaffen. Zudem sollen neue Fahrradabstellanlagen sowie Pkw-Stellflächen entstehen. Ein Grund für die Arbeiten sind Veränderungen im Öffentlichen Nahverkehr und der Umbau des Tram-Endhaltes und Regionalbahn-Stopps zu einem ÖPNV-Kreuz.
B-Plan Griebnitzsee
Potsdams Bündnis90/Die Grünen rufen zu einer Beteiligung am B-Planverfahren Uferweg Griebnitzsee auf. Der Plan liege noch bis Freitag aus, so der Kreisvorsitzende Jürgen Stelter. Er erklärte, es gebe noch keinen Konsens über Punkte wie Zugänglichkeit des Ufers und die Bebauung. „Eine breite Artikulation der öffentlichen Meinung kann daher einen endgültigen Beschluss noch beeinflussen“, so Stelter. Die Planunterlagen können bis Donnerstag täglich von 7 bis 18 Uhr in der Hegelallee 6-10, Haus 1, 8. Etage eingesehen werden. PNN
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