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Landeshauptstadt: Das Schrippengeheimnis

„Nacht des Backens“: 250 Gäste in der Bäckerei Braune / Inhaber Gniosdorz führte durch den Betrieb

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Innenstadt – Für die Bäckerei Braune war es eine Premiere: Zum ersten Mal in der über 150-jährigen Geschichte wurde die Backstube in der Nacht von Freitag auf Samstag bei laufender Produktion für das Publikum geöffnet. Anlass war die „Nacht des Backens“, die der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks bundesweit zum zweiten Mal organisierte. Von den vier Bäckereien, die laut Handwerkskammer in Potsdam produzieren, nahm nur die Bäckerei in der Friedrich-Ebert-Straße 101 teil.

Werner Gniosdorz, seit 1989 Inhaber des Geschäfts, führte die Besucher von 23 bis 5 Uhr selbst durch den Betrieb, der seit 1853 im Familiebesitz ist. Seine Mutter sei eine geborene Braune, erklärt der 51-jährige Konditormeister gleich zur Begrüßung. Etwa 250 Gäste zählte er in der Nacht insgesamt. Für ihn und seine etwa 20 Mitarbeiter waren die späten Arbeitszeiten allerdings keine Ausnahme. Denn gebacken wird immer nachts: Bei Braunes von Montag bis Freitag. Dass die Bäckerei am Montag geschlossen hat, soll vorerst so bleiben, sagt Gniosdorz.

In der Backstube duftet es nach Hefe und Mehl, es ist wohlig warm. Wärme und Feuchtigkeit sind wichtig, damit der Teig für die Brote und Brötchen beim Gehen nicht austrocknet, erklärt Gniosdorz, der wie seine Mitarbeiter eine Hose in schwarz-weißem Pepita-Karo trägt. Bäckergeselle Mirko markiert unterdessen die Mischbrote. Zwei Schnitte und ein „M“ unterscheiden sie später von den Roggenbroten, die drei Schnitte bekommen, erklärt Gniosdorz: „Die Brote müssen im Regal verschieden aussehen, sonst funktioniert das nicht.“

Nachdem die Brote im Ofen verschwunden sind, geht es ohne Pause weiter: Zusammen mit Bäckermeister Thomas verarbeitet Mirko den Knüppelteig. Die beiden flechten per Hand ihn zu Zöpfen: Sie rollen je drei Teigstücke zu langen Würmern und schlingen sie danach blitzschnell umeinander. Die Frühstücksschrippen dagegen werden im Automaten „gewirkt“, erklärt Gniosdorz. Ihr Geheimnis liege nicht im Rezept, sondern im Backvorgang, verrät er bereitwillig: Denn sie kommen nicht wie die anderen Brötchen in den Stikkenofen, wo die Teile auf zwanzig Blechen übereinander in Umluft gebacken werden, sondern werden stattdessen – wie die Brote – im Etagenofen gebacken. Dort backen sie auf fünf voneinander unabhängig beheizten Etagen: „Ohne Luftbewegung entwickelt sich ein Brötchen ganz anders.“ 3000 Stück werden wochentags gefertigt, zum Wochenende sogar 5000, erklärt der Chef: „Es ist ein großes Problem, vorher einzuschätzen, was gebraucht wird.“ Das hänge nicht zuletzt vom Wetter ab: Ein Regenguss oder auch zu große Hitze – und die Kunden bleiben zuhause. Die Schrippen seien neben den Käsestangen die beliebtesten Produkte.

Die Käsestangen entstehen in den Konditoreiräumen: Hier ist es viel kühler als in der Backstube – und duftet süß. Konditorlehrling Sabine füllt die Sandmasse für 20 Tortenböden in die Formen. „Soviel Tortenböden haben wir nur in der Erdbeersaison“, erklärt Gniosdorz und nimmt die Besucher mit in den Keller, wo Konditorin Karin Menzdorf den Blätterteig für die Käsestangen bearbeitet. Wie ein zusammengefaltetes Stofftuch sieht der aus, bevor er in einer Walzmaschine plattgerollt wird. Oben werden unterdessen die ersten Brote auf zwei Meter langen Brettern in den Laden balanciert. Die Brote sind immer zuerst fertig, erklärt Gniosdorz. Denn die Kunden wollen früh vor allem warme Schrippen.

„Beeindruckend“ fand Besucherin Heike Hendl die nächtliche Führung durch den Betrieb: „Aber die Arbeitszeiten!“ Der siebenjährige Eyke, der mit seiner Familie kam, kann sich trotzdem vorstellen, später Bäcker zu werden: „Es duftet besser“, begründete er die Wahl. Er schwankt momentan noch zwischen Bäcker und Glasbläser. Jana Haase

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