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Storyteller. Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf mit ihrer Software.

© A. Klaer

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Start-Up DramaQueen: Zwei HFF-Absolventen haben eine Software zum Drehbuchschreiben entwickelt

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Jeder Filmstudent weiß: Das Schreiben eines Drehbuchs ist zuerst einmal ein Handwerk mit bestimmten Regeln. Warum also nicht einfach diese Regeln in ein Computerprogramm übertragen, das einem beim Drehbuchschreiben hilft? Diese Idee hatten zwei Absolventen der Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen (HFF), die 37-jährige Evi Goldbrunner und der 41-jährige Joachim Dollhopf, die Anfang 2012 zusammen mit drei Programmierern die Software „DramaQueen“ erstellten.

„Einfach auf das Knöpfchen drücken und hinten kommt das fertige Drehbuch raus – das funktioniert natürlich nicht“, stellt Dollhopf gleich klar. Vielmehr lässt sich mit der Software die grobe Architektur der Handlung konstruieren, die man anschließend nur noch mit konkreten Inhalten füllen muss. Dazu gibt das Programm zahlreiche Auswahlfelder, nach deren Anklicken sich jeweils weitere Detailfragen ergeben: Soll die Hauptfigur ein Held, ein komischer Held oder ein Anti-Held sein? Startet der Film mit einer schwierigen oder glücklichen Ausgangssituation? Ist der erste Anstoß zum Hauptplot ein positiver oder negativer? Die Bedeutung jeder Entscheidung wird von der Software kurz erklärt.

Goldbrunner und Dollhopf, die heute in Potsdam leben, hatten sich vor einigen Jahren beim Deutsch- und Geschichtsstudium in Bayern kennengelernt, entschieden sich jedoch 2002 in den Bereich Film zu wechseln. Zum Studium gingen sie an die HFF-Potsdam. 2009 machten sie ihren Diplom-Abschluss, Goldbrunner als Drehbuchautorin und Dramaturgin, Dollhopf als Regisseur. Danach arbeiteten beide als Autoren für eine Telenovela. Mit Förderung des HFF-Gründungszentrum Media Exist gründeten sie Anfang 2012 die DramaQueen GmbH mit derzeit fünf Mitarbeitern. Die Idee zu dem Projekt kam ihnen allerdings schon während des Studiums: „Wir haben DramaQueen zum Teil auch aus eigenen Bedürfnissen entwickelt“, sagt Dollhopf. „Es gibt zwar viele Programme, die einem bei der Formatierung eines Drehbuchtextes helfen, aber eigentlich ist das ja der letzte von hundert Schritten“, meint Goldbrunner. „Unsere Software sollte die Autoren vom ersten bis zum letzten Schritt begleiten.“

Genauso funktioniert auch die Bedienung: Nach und nach wird man vom Programm von ganz allgemeinen Fragestellungen zu immer konkreteren geführt. Anfangs kann man sich entscheiden, ob man ein Drei-Akt-, ein Drei-Sequenzen- oder 12-Stadien-Modell bevorzugt; dementsprechend verändert sich die Plotstruktur, die in Form eines Kurvendiagramms einen schnellen Überblick über das Skelett des Drehbuchs ermöglicht. Jeder der drei farbigen Kurven ist eine Figur zugeordnet, die den jeweiligen Plot trägt. An- und Abstieg der Kurve zeigt an, ob die Charaktere an den jeweiligen Wendepunkten ihren Zielen im Film näher kommen oder nicht. „So was macht man als Autor normalerweise in einer Excel-Grafik, was wahnsinnig aufwendig ist“, sagt Dollhopf.

Goldbrunner lädt zur Demonstration ein bereits vorhandenes Drehbuch und zeigt auf das Diagramm: „Der Plot sollte möglichst nicht linear sein, sonst ist die Handlung zu vorhersehbar. Die Linie hier sieht etwas zu flach aus, da setzen wir jetzt mal einen Wendepunkt.“ Sofort bekommt die Kurve einen Zacken – der Autor muss sich nur noch überlegen, was bei dem Wendepunkt geschehen soll. In diese Grob-Struktur können dann Szenen und Dialoge geschrieben werden.

„Der Autor kann daran auch leicht sehen, warum seine Geschichte nicht funktioniert – vielleicht wollte er zum Beispiel einen komischen Helden haben, aber seine Figur verhält sich ganz anders“, sagt Goldbrunner. Dollhopf betont aber: „Das Programm ist nur ein Werkzeug und kann Kreativität und Talent nicht ersetzen.“ Letztlich funktioniert DramaQueen wie eine Art interaktives Lehrbuch des Drehbuchschreibens. Die Computer-Analyse von über 600 Drehbüchern stecke in der Software, so Goldbrunner: „Es ist die Quintessenz dessen, was wir gelernt haben.“

Obwohl die Betaphase erst seit Mitte November läuft, hatten sich Anfang Dezember schon über 400 Tester der kostenlosen Beta-Version gefunden, die man im Internet herunterladen kann. „Vom Profischreiber bis zum Hobbyautor“, meint Dollhopf. Das Feedback sei sehr positiv, so Goldbrunner, im Frühjahr wolle man die ebenfalls kostenlose Basisversion anbieten, wozu es dann noch eine kostenpflichtige Vollversion geben wird. Wie Evi Goldbrunner erzählt, gibt es auch Gespräche mit HFF-Dozenten, die Software eventuell im Unterricht einzusetzen. Wenn DramaQueen Erfolg hat, könnten sich die Macher sogar vorstellen, ihre Software zu spezialisieren, zum Beispiel für Serien, Genre-Literatur oder Computerspiele. Erik Wenk

Am 26. Januar findet von 11-18 Uhr an der HFF das öffentlichen Weiterbildungsangebot „Babelsberg Plus“ mit den Entwicklern Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf statt, Marlene-Dietrich-Allee 11. Teilnahmegebühr: 30 Euro (weitere Infos: www.dramaqueen.info).

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