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Landeshauptstadt: „Das T-Werk muss bekannter werden“

Jens-Uwe Sprengel über fehlende Mietverträge und die Kunst, Freies Theater zu machen

Stand:

Im jüngsten Kulturausschuss hat der Geschäftsführer des Waschhauses, Michael Wegener, darauf aufmerksam gemacht: Noch immer haben die Freien Träger in sanierten Gebäuden der Schiffbauergasse keine Mietverträge. Wie arbeiten Sie in dieser Situation?

Wir haben die Häuser auf Handschlag übergeben bekommen. Zwar zahlen wir keine Miete, sondern nur die Betriebskosten, trotzdem wäre ein Vertrag notwendig, um bestimmte Abläufe zu regeln. Was die Technik im Haus betrifft, fehlt diese Regelung. Hinzu kommt, dass noch nicht geklärt ist, wer für welche Folgekosten aufkommt.

Welche Folgekosten?

Die Wartung der Lüftungs- und der Brandmeldeanlage ist eine Aufgabe des Vermieters. Wir hatten mehrfach schon Überschwemmungen, weil die Rückstauklappe nicht funktionierte. Die verantwortliche Sanitärfirma sagte, sie seien nicht schuld. Für solche Fälle gibt es weder einen Ansprechpartner noch ist geklärt, wer welche Kosten übernimmt.

Der Kommunale Immobilienservice (KIS) als Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Potsdam soll die Gebäude ja übernehmen.

Das ist zumindest die letzte Aussage aus dem jüngsten Kulturausschuss. Es gab im vergangenen August einen Termin hier im Haus, wo der Sanierungsträger dem KIS das Gebäude übergeben wollte. Nachher stellte sich heraus, dass nicht alle Personen anwesend waren, die für diese Übergabe notwendig waren. Dann wurde es immer wieder vertagt und bis heute ist nichts passiert.

Hat dies Auswirkungen auf Spielbetrieb?

Nein, nicht direkt. Eher gibt es Probleme im Alltäglichen. So ist der Schirrhof als unser Vorplatz nicht beleuchtet. Im zähen Ringen haben wir erreicht, dass wir jetzt wenigstens am Haus eine provisorische Beleuchtung bekommen sollen. Wenn es regnet, ist der Schirrhof, der ja als Parkplatz dient, eine einzige Pfütze. Das ist für unser Publikum oft recht unangenehm.

Noch ist die Schiffbauergasse eine Baustelle, trotzdem können die Galerie Kunstraum, das Waschhaus und auch das T-Werk über Besucherzahlen nicht klagen. Eher im Gegenteil. Ist diese Kritik nicht ein Jammern auf hohem Niveau?

Wir sind ausgesprochen glücklich über die schönen Räume und die guten Voraussetzungen für unsere Arbeit. Nur möchten wir diese auch gern optimal nutzen. Und da wäre es sehr schade, durch solche Kleinigkeiten das Publikum gleich am Anfang zu verschrecken.

Auch das Standortmanagement ist noch nicht geklärt?

Nein. Da gab es vor einem Jahr das Modell einer Kultur GmbH, das gescheitert ist. Seit dem ist nichts passiert.

Beim Marketing für das Zentrum für Kunst und Soziokultur, wie der Standort Schiffbauergasse offiziell genannt wird, wirkt die Stadt ebenfalls noch sehr unentschlossen.

Im vergangenen Jahr waren noch drei Mitarbeiter der Stadtverwaltung für die Schiffbauergasse aktiv. Jetzt ist der Standortbeauftragte Martin Schmidt-Roßleben ganz allein. Überregionale Anzeigenschaltungen, die zum Jahresanfang erfolgen müssen, waren so in diesem Jahr nicht möglich. Es scheint auch, dass über das „Standortmarketing Schiffbauergasse“ und die Frage, was das Standortmanagement leisten muss, in der Stadtverwaltung große Unklarheit herrscht. Daher rührte auch der Hilfeschrei von Michael Wegener im jüngsten Kulturausschuss: Gebt der Schiffbauergasse eine vernünftige Basis!

Am Freitag hatte mit „Winterreise“, eine Koproduktion des T-Werks mit dem Theaterlabor Bielefeld Premiere.

Die „Winterreise“ wurde in Bielefeld produziert und ist dort auch schon gespielt worden. Nun folgte die Potsdamer Premiere. Daneben haben wir auch mit dem Leipziger Figurentheater Wilde und Vogel eine engere Zusammenarbeit begonnen, um unser Programm noch interessanter zu gestalten.

Warum Koproduktionen?

Weil wir Inszenierungen in dieser Größenordnung nicht allein realisieren können. Die Produktionskosten liegen um ein Vielfaches über dem, was aus unserem Etat möglich wäre. Hinzu kommen die räumlichen Kapazitäten. In unserem Frühjahrsprogramm hatten wir vier Premieren. Um die alle hier zu produzieren und proben zu können, reichen bei laufendem Spielbetrieb die Räume gar nicht. Außerdem können durch solche Kooperationen Inszenierungen auch in anderen Städten gezeigt werden.

Wie sieht die Finanzierung für das Freie Theater T-Werk aus?

Nur etwa 40 Prozent unseres Jahresetats kommt als Basisfinanzierung aus städtischen und Landesmitteln, und finanziert im Wesentlichen die Nebenkosten des Hauses, das Personal und Teile des laufenden Spielbetriebs. Das Geld für die künstlerische Arbeit müssen wir immer wieder neu als Förderung für einzelne Projekte einwerben. So haben etwa die Produktion der „Winterreise“ oder das Festival Unidram einen höheren Etat als die derzeitige Basisförderung durch das Land Brandenburg. Wir konnten für diese Projekte in der Vergangenheit zwar zunehmend Bundesmittel akquirieren, doch ist das Einwerben der Drittmittel ein erheblicher Aufwand und vor allem immer wieder ein großer Unsicherheitsfaktor.

Wie viele Mitarbeiter hat das T-Werk?

Wir haben sechs fest angestellte Mitarbeiter. Dazu kommen Freischaffende, Praktikanten und ein Zivildienstleistender.

Ist das eine ausreichende Mitarbeiterzahl?

Da wir nicht nur Veranstalter sind, sondern auch ein produzierendes Theater mit einem Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbereich ist das für Organisation, Einwerbung von Drittmitteln und künstlerische Arbeit eigentlich viel zu wenig.

Wie wird denn das T-Werk in der Öffentlichkeit wahrgenommen?

Das ist sicherlich noch sehr unterschiedlich. In den letzten Jahren konnten wir uns zwar ein neues, sehr breites Publikum erarbeiten. Doch für einen Teil der Potsdamer Bevölkerung ist das T-Werk als Theater noch kein Begriff. Vielen ist gar nicht bekannt, dass wir im Mai vergangenen Jahres hier eröffnet haben. Manche denken, wir machen nur Kinderproduktionen. Andere wissen nicht, dass Unidram von uns organisiert wird. Wir müssen den Namen T-Werk noch weiter promoten.

Wie viele Eigenproduktionen macht das T-Werk im Jahr?

Im Schnitt sind es etwa fünf Produktionen mit professionellen Schauspielern, dazu noch zwei Produktionen mit Jugendlichen. Außerdem sind wir bei bis zu vier Inszenierungen Koproduzenten.

Und daneben noch verschiedene Festivals, wo das T-Werk vor allem als Organisator auftritt?

Als nächstes finden Ende April die internationalen Kinderkulturtage „Welttraum“ statt. Dann folgt am 12. Mai die 3. Lange Nacht des Freien Theaters, zu der wir zehn Theater aus ganz Brandenburg nach Potsdam einladen. Im Herbst präsentieren wir das Internationale Theaterfestival Unidram und im Winter kommt dann die Märchennacht.

Wie versucht das kleine Freie Theater T-Werk sich neben dem weitaus größeren Nachbarn Hans Otto Theater zu etablieren?

Wir finden es sehr positiv, wenn es ein gut arbeitendes Stadttheater in unserer Nachbarschaft gibt. So erlangt das Theater in der Konkurrenz zu anderen Kunstformen wie etwa dem Film eine größere Popularität. Natürlich bedienen wir mit unserem Programm auch Bereiche, die in einem Stadttheater nicht vorkommen, wie beispielsweise das Figurentheater. Grundsätzlich kann man aber nur gewinnen, denn Besucher, die ins HOT gehen, entdecken durch die örtliche Nähe auch das T-Werk. Außerdem funktioniert die Zusammenarbeit zwischen allen Kulturanbietern sehr gut.

Wie hat sich das T-Werk in den vergangenen Jahren entwickelt?

Als Haus mit eigenem Veranstaltungsprogramm sind wir noch stärker Veranstalter und Produzent für andere Theater geworden. Bei den hervorragenden Bedingungen, die wir mit unserem Haus zur Verfügung gestellt bekommen haben, sehen wir uns natürlich auch in der Pflicht etwas zu bieten. Doch da stoßen wir inzwischen schnell an unsere Grenzen.

Warum?

Unsere finanzielle Basis stammt noch aus der Zeit, als wir das Waldschloss bedienten. Zu dieser Zeit wurde außerdem ein großer Teil der Personalkosten von der Bundesagentur für Arbeit bezuschusst. Für die Bespielung des T-Werks stellt sich die Frage, ob diese Basis noch ausreicht, um die Potenziale auszuschöpfen und die entsprechende Qualität zu liefern. Schließlich haben sich unsere Besucherzahlen seit der Gründung von T-Werk vor zehn Jahren nahezu verdoppelt und diese Entwicklung möchten wir in der Zukunft gern fortsetzen.

Das Gespräch führte Dirk Becker

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