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Von Erik Wenk: Das Unglück kann jeden treffen

Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger und Suppenküchen-Chef Friedhelm Lother diskutierten über soziale Gerechtigkeit

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Innenstadt - „Warum ist es überhaupt nötig, in einer wohlhabenden Stadt wie Potsdam eine Suppenküche zu haben?“, fragte ein Gast bei der Gesprächsrunde „Ist Deutschland noch gerecht? Leistungsgesellschaft oder Suppenküche?“, die am Dienstag in der Geschäftsstelle der Linken-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung in der Dortustraße stattfand. „Egal wie stark der Sozialstaat ist, es wird immer Menschen geben, die es – aus den verschiedensten Gründen – nicht schaffen“, gab die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) zur Antwort. Für solche Menschen müsse der Staat soziale Absicherungen bieten, auch in Potsdam.

Davon kann auch Friedhelm Lother ein Lied singen, der an diesem Abend zusammen mit Müller-Preinesberger die Gesprächsrunde führte: Er ist seit 2002 Leiter der Suppenküche Potsdam, ein Ort, wo die, „die es nicht geschafft haben“, nicht nur ein bezahlbares Essen bekommen, sondern auch soziale Kontakte finden, unkompliziert eine neue Jacke oder etwas Spielzeug für Kinder mitnehmen, ihre Wäsche waschen oder eine Dusche nehmen können. Rund 1000 Essensportionen hat die Suppenküche, die eng mit der Potsdamer Tafel zusammenarbeitet, allein im Januar 2011 ausgegeben.

Das Unglück kann jeden treffen: Lother erzählte davon, dass auch einst erfolgreiche Unternehmer, Ärzte oder Juristen in der Suppenküche mit in der Schlange stehen. „Ich bin von Grund auf von dieser Gesellschaft enttäuscht und glaube auch nicht an Gerechtigkeit“, sagte Lother.

Ganz so pessimistisch gab sich Müller-Preinesberger nicht: Sie hob den relativ gut aufgestellten sozialen Rechtsstaat Deutschland hervor, und wies auf die gute Zusammenarbeit der Stadt mit den sozialen Institutionen in Potsdam hin. Dass sich die Suppenküche auf dem Gelände der Stadtverwaltung befindet und nicht in irgendeiner Nebenstraße, geht beispielsweise auf ihre Initiative zurück. Weder am Standort noch an der Finanzierung der Suppenküche werde sich in Zukunft etwas ändern, betonte sie: „Das wird nicht angetastet.“

In Bezug auf Prävention von sozialem Abstieg lobte die Sozialbeigeordnete das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung als richtigen Ansatz, um Kinder und Jugendliche sozial einzubinden. Dass eine solche Einbindung in Potsdam schon stärker der Fall ist, verbuchte Lother als erfreuliche Bilanz: „Es kommen mittlerweile sehr viel weniger Kinder zu uns in die Suppeküche.“ Dies hänge möglicherweise mit der Etablierung des Kinder- und Jugendwerks „Die Arche“ zusammen, die seit 2009 in Potsdam besteht. Lother lobte außerdem das Engagement der Sparkasse, die der Suppenküche im letzten Jahr ein Auto gesponsert habe, mit dem nun zum Beispiel Lebensmittel aus Berlin geholt werden können. Auch über die Zusammenarbeit mit der Stadt äußerte er sich zufrieden.

„Die Spenden sind in den letzten Jahren leicht rückläufig, aber es bringen sich nach wie vor viele Menschen bei uns ein“, resümierte Lother. Die Zahl der Menschen, die die Suppenküche aufsuchen, ist trotzdem gewachsen, was unter anderem mit dem starken Zuzug zusammenhängen dürfte.

Potsdams Bilanz in Sachen soziale Gerechtigkeit gehört dennoch nicht zu den schlechtesten, betonte Müller-Preinesberger: Ein Beispiel dafür sei, dass die Stadt mittlerweile Bauaufträge nur noch an Unternehmen vergibt, die sich an den Mindestlohn halten. Zumindest in Bezug auf Potsdam endete die Diskussion damit relativ versöhnlich, auch wenn Müller-Preinesberger zugestand: „Es kann sicher immer noch mehr gemacht werden.“

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