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Landeshauptstadt: Das Vermächtnis nach 164 Jahren erfüllt

Nachfahren Wilhelm von Türks pflanzten Maulbeerbaum am Grab des berühmten Pädagogen

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Klein-Glienicke - Über 30 Verwandte des Schulreformers Wilhelm von Türk (1774 bis 1846) versammelten sich am Samstagvormittag am Grabe ihres berühmten Vorfahren in Klein-Glienicke. Der Anlass: Der ehemalige Gartendirektor der Schlösserstiftung, Michael Seiler, hatte ein Maulbeerbäumchen spendiert, das er am 164. Todestag gemeinsam mit den Verwandten nahe der Türk’schen Familiengrabstätte in die Erde pflanzte.

„Wenn ich dereinst hingegangen sein werde, so pflanzt auf mein Grab einen Maulbeerbaum...“, zitiert Gerhard Petzholtz aus Stahnsdorf den überlieferten letzten Wunsch von Türks. Petzholtz gehört ebenfalls zu dessen „Familienclan“. Seiner Initiative ist es vor allem zu danken, dass das „außerplanmäßige“ Treffen und die Baumpflanzung zustande kamen. Wie Ur-Ur-Enkel Heino von Türk, der aus Genf angereist war, berichtet, kommen die Verwandten „planmäßig“ alle fünf Jahre nach Klein-Glienicke zum Familientreffen. „Das ist ein großer Kreis von bis zu 80 Familienmitgliedern.“

Wilhelm von Türk war Regierungs- und Schulrat in Potsdam von 1817 bis 1833 und machte sich als Gründer von Fürsorgeeinrichtungen einen Namen. Für seine Verdienste verlieh ihm die Stadt die Ehrenbürgerschaft. Heute erinnern noch eine Straße und der Name der Förderschule im Bisamkiez an den Pädagogen. Mit seiner Arbeit hing auch sein Interesse für Maulbeerbäume und Seidenraupenzucht zusammen, worüber er mehrere Bücher veröffentlichte. Da die Lehrer nur ein jährliches Einkommen von 100 Talern bezogen, hoffte er, dass sie mit dem Seidenbau ihr Salär aufbessern könnten. Von Türk informierte sich über die Seidenherstellung in Italien und richtete in Klein-Glienicke eine Seidenfabrikation ein. „Es gelang ihm, 60 Pfund einer vorzüglichen Seide zu liefern“, so Heino von Türk. Die Seidenraupen fütterte er zunächst mit den Blättern der Bäume der Maulbeerallee. Oberhalb seines Wohnsitzes in Neubabelsberg richtete er sogar eine Baumschule ein.

Seiler erzählt, dass er das Bäumchen, das jetzt in der Nähe der Türk’schen Familiengrabstätte steht, seit drei Jahren im eigenen Garten aufgezogen habe. Der Samen stamme vom ältesten Maulbeerbaum Deutschlands. Dieser sei über 400 Jahre alt und befinde sich in Schildau in Sachsen. Die Grabstätte lag 40 Jahre im Grenzgebiet und war für von Türks Familie unerreichbar. Nach dem Fall der Mauer wurde sie neu gestaltet und bepflanzt – jetzt konnte die Familie den letzten Willen erfüllen. Günter Schenke

Günter Schenke

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