Aus dem GERICHTSSAAL: „Das war wie eine Eingebung!“
Langfinger zwischen 80 und 25 Jahren vor Gericht
Stand:
„Eigentlich wollte ich bei Karstadt eine Flasche Parfüm kaufen. Aber dann ist es über mich gekommen. Das war wie eine Eingebung“, erzählt Swetlana S.* (25) vor Gericht. Die Moldawierin steckte am 2. November vorigen Jahres gleich drei Flaschen Duftwasser im Gesamtwert von 193, 40 Euro in ihre Tasche. „Der Detektiv, der sie erwischte, hat notiert, sie hätten sich vor der Tat gründlich umgesehen. Dann sollen Sie die Sicherheitsetiketten von der Ware entfernt haben. Spontanes Handeln sieht anders aus“, entgegnet Amtsrichterin Kerstin Nitsche. „Es war eine dumme Idee“, räumt die junge Mutter zerknirscht ein. Seit September 2009 lebt sie in Deutschland. Ihr Ehemann betreibt ein Bauunternehmen, das mehr schlecht als recht läuft. Geld für Luxus ist da nicht drin. „Statt eine Flasche Parfüm zu klauen, mussten es gleich drei sein“, wettert der Staatsanwalt. „Der Schaden ist relativ hoch. Für eine Einstellung des Verfahrens sehe ich keinen Raum.“ Er beantragt, die bislang nicht Vorbelastete mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je fünf Euro zu sanktionieren. Das Urteil des Gerichts fällt ebenso aus. „Was mir als Strafe zugedacht ist, scheint mir angemessen“, erklärt Swetlana S. leise.
Günther G.* (58) kann vor Aufregung kaum sprechen. Mit rotem Kopf sitzt der schwergewichtige Mann auf der Anklagebank. Er soll am 18. November 2009 bei Kaufland in der Waldstadt II Waschmittel, eine DVD und Alkohol für 24 Euro entwendet haben. Leider machte der Arbeitslose nicht zum ersten Mal lange Finger. Der Staatsanwalt betont das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung. „Ich habe eine Überfunktion der Schilddrüse. Und außerdem hatte ich Tabletten genommen“, versucht Günther G., sein Tun zu erklären. „Die Schilddrüse hat etwas mit den Diebstählen zu tun?“, wundert sich die Richterin. „Ist es nicht vielleicht so, dass bei Hartz IV das Geld knapp ist?“ Der Angeklagte nickt und räumt ein: „Ich hatte mich damals nicht so richtig im Griff. Aber das ist jetzt vorbei.“ Günther G. kassiert wegen Ladendiebstahls eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro. In diese Sanktion wird ein Urteil vom 12. November 2009 - auch da ging es um Diebstahl – einbezogen. Als nächste nimmt Martha M.* (80) auf der Anklagebank Platz. Ist auch sie eine dreiste Diebin oder nur schusslig, wie sie dem Gericht weismachen will? Die Anklage wirft ihr vor, am 23. November 2009 bei Rewe Am Stern Waren für knapp 20 Euro gestohlen zu haben. „Ich hatte meine Einkaufstasche am Rollator. Da habe ich die ganzen Sachen hineingeschmissen. Dann habe ich vergessen, sie an der Kasse aufs Band zu legen“, versichert die alte Dame. Das Gericht stellt das Verfahren gegen die Rentnerin ein. Allerdings muss sie eine Geldbuße von 200 Euro an die Staatskasse zahlen. (*Namen geändert.) Hoga
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