Landeshauptstadt: „Das wird ein hartes Jahr“
Ein Gespräch mit Michael Wegener über den Umbau des Waschhauses und damit verbundene Probleme
Stand:
In den kommenden Wochen beginnt der dritte Bauabschnitt für das Zentrum für Kunst und Soziokultur in der Schiffbauergasse. Davon ist auch das Waschhaus betroffen. Was kommt jetzt auf Sie zu?
Im März müssen wir das Offizze räumen, das Gebäude mit unserer Werkstatt, dem Tanzstudio, den Proberäumen und dem Tonstudio sowie den Büros der Landesverbände Freies Theater und Soziokultur. Die Werkstatt zieht vorübergehend in Container, das Tanzstudio verteilt sich in der Stadt. Ab Herbst soll das Tanzstudio mit der fabrik vier Studios in dem so genannten Studiohaus beziehen, das gerade im Schirrhof gebaut wird.
Und was passiert mit dem Tonstudio und den Proberäumen?
Das ist ein Problem. Obwohl diese Bereiche Bestandteil der Konzeption Schiffbauergasse waren, gibt es bisher keine Lösung. Die Proberäume der Bands fallen weg, um das Tonstudio kämpfen wir noch. Langfristig suchen wir nach einer Lösung, die Proberäume und Tonstudio vereint. Auch eine Verbandsetage war Bestandteil der Konzeption Schiffbauergasse. Nun sieht es so aus, als könnten sich die Verbände die Büros in der Schiffbauergasse nicht mehr leisten.
Auch die Sanierungsarbeiten am Kesselhaus sollen schon im März beginnen?
Das so genannte Kesselhaus, der Anbau am Waschhaus, wird abgerissen und dann wieder neu aufgebaut werden. Das Waschhaus wird ja praktisch vergrößert.
Und wann beginnen die Arbeiten am Waschhaus?
Wir müssen bis zum 15. Juni ausziehen. Eigentlich sollten wir für die Übergangszeit in der Roten Villa unterkommen. Der Platz wäre auch ideal gewesen. Aber nun benötigt die Bundesbaukulturstiftung wohl doch schon früher mehr Raum. Wir sollen jetzt für ein Jahr in Baucontainern untergebracht werden. Das ist sehr misslich für uns. Über den Sommer haben wir dann nur die Openairfläche für das Kino und die Schinkelhalle zur Verfügung. Das wird sehr schwer. Wir müssen unser Programm umstellen.
Warum?
Das Problem besteht darin, dass wir die Schinkelhalle als Ausweichobjekt haben und das man dort nur etwa zehn Prozent unseres Programms abbilden kann. Die kleinteiligen Waschhaus-Programme gehen da einfach nicht. Wir hoffen, im Herbst dann die so genannte Russenhalle mit dem Foyer beziehen zu können. So dass wir dann wenigstens zwei Veranstaltungsräume haben. Im Waschhaus hatten wir derzeit drei.
Das Waschhaus finanziert sich zu 75 Prozent aus Eigenleistungen. Sind durch den Umzug finanzielle Einbußen zu erwarten?
Ja klar, wir haben große Bedenken, weil wir die 75 Prozent Eigenleistungen nur schaffen, wenn wir große Veranstaltungsflächen haben und auch große Partys machen. Nur wenn man größere, wirtschaftlich interessante Veranstaltungen macht, kann man eine hohe Eigenerwirtschaftungsquote erringen. Das wird dieses Jahr das Problem sein. Eigentlich hätten wir uns gewünscht, dass uns für diese Zeit, und nur für diese Zeit, eine Zuschusserhöhung zugesagt worden wäre.
Eine Zuschusserhöhung seitens der Stadt?
Ja, das liegt in der Verantwortung der Stadt. Die Kulturförderung muss von der Stadt ausgehen, denn das ist schließlich ein städtischer Standort. Und wenn es nur 25 000 Euro für das Jahr wären. Das würde womöglich nicht einmal auffangen, was uns durch fehlende Einnahmen verloren geht. Aber es würde helfen.
Und für die ersten Monate im sanierten Waschhaus ab Sommer 2008 braucht ihr keine Hilfe?
Den bisherigen Zuschuss natürlich allemal, aber keine Sonderzahlung. Wenn wir die Übergangszeit wirtschaftlich überleben, haben wir das Gröbste geschafft. Danach ist mir nicht bange. Sollten wir es im sanierten Waschhaus nicht schaffen, ist es unsere eigene Schuld.
Was genau wird am Waschhaus saniert?
Es wird zu einer grundsätzlichen Umstrukturierung kommen. Der so genannte Zwischengang, der Mittelteil der ehemaligen Galerie, wird nach beiden Seiten sozusagen Ein- und Ausgang. Damit erhält das Waschhaus erstmals einen richtigen Eingangsbereich. Durch den neuen Eingang wollen wir auch die Warteschlangen von der Schiffbauergasse holen, die direkt zum Hans Otto Theater führt. Der Eingang führt dann zwischen Kesselhaus und Russenhalle.
Kommt es auch zu Änderungen im Saal?
Der Saal wird gespiegelt und die Bühne kommt auf die andere Seite. So wie es ganz am Anfang war. Durch den neuen Eingang und die Verlagerung der Bühne kommt man dann von hinten in den Saal. In den Kesselhaus-Neubau sollen die Garderobe und endlich ausreichend Toiletten eingebaut werden.
Wird es wieder Galerieräume im sanierten Waschhaus geben?
Nein, denn darum gibt es ja jetzt den wunderschönen Kunstraum, der sich schon jetzt phantastisch entwickelt hat.
Besteht nicht die Gefahr, dass das Waschhaus durch die Sanierung seinen gewissen Charme verliert?
Ich denke nicht. Von außen werden die Klinker weiter zu sehen sein, denn das Waschhaus steht unter Denkmalschutz. Da nicht viel Geld da ist, wird nicht zu befürchten sein, dass die Innenräume ganz edel verkleidet werden. Was uns nur recht sein kann, denn wir wollen wieder eine schöne Patina haben.
Das Waschhaus hat noch immer mit dem Image „Partyschuppen“ zu kämpfen.
Ja, aber das ist sehr ungerecht und kurzsichtig. Unsere Hauptzielgruppe sind Jugendliche und Jugendliche machen gern Party. Es ist Teil ihrer Kultur. Insofern wäre es verschenkt, wenn wir ein Konzert veranstalten, danach abschließen und die Leute woanders hingehen. Wir nutzen die Möglichkeiten, die da sind. Darüber hinaus sind wir im klassischen Sinne ein soziokulturelles Zentrum.
Ein soziokulturelles Zentrum?
Ja, 360 Grad ist noch immer unser Logo und Motto. Das heißt, wir bedienen fast alle Kunstsparten. Schwerpunkt sind natürlich Bildende Kunst und Musik, aber auch Tanz insbesondere für Jugendliche, daneben Film und Literatur. Da haben wir Besucher im Alter von 8 bis 80. Hinzu kommt die Betreuung straffälliger Jugendlicher. Viele von denen kommen durch ihre Arbeit im Waschhaus zum ersten Mal mit Kunst und Kultur direkt in Kontakt.
Daneben ist das Waschhaus auch ein klassischer Ausbildungsbetrieb.
Ja, wir bilden mittlerweile in vier verschiedenen Berufen aus. Derzeit haben wir acht Auszubildende. Daneben sind permanent fünf Zivildienstleistende in unserem Haus. Und wir bieten alle Formen von Praktika an.
Wie siehst Sie die Zukunft des Standortes Schiffbauergasse?
Als ich 1994 hier anfing, habe ich es auch deshalb getan, weil ich es spannend fand, den Standort zu entwickeln. Ich bin sehr froh, dass das Hans Otto Theater mit einer neuen Frische hierher gekommen ist. Ohne das Theater hätte langfristig die Immobilienaktion die Kultur hier vertrieben. Die Zusammenarbeit mit der fabrik und dem T-Werk läuft sowieso sehr gut. Die bisherigen Kontakte zu den beiden großen Unternehmen VW und Oracle sind auch sehr interessant. Da ist eine große Offenheit zu spüren. Ich glaube, das kann hier was ganz großes werden. Also, ich habe totale Lust darauf.
Aber?
Es ist immer wieder ärgerlich, wenn man das Gefühl hat, die Stadt oder mehrere Leute an den verantwortlichen Stellen spüren das nicht. Von draußen gucken die Leute viel interessierter und viel aufgeregter auf den Standort, spüren auch die Riesenchance, das Einmalige. Aber hier vertut es sich oft im Kleinkrieg und im Gezerre um Verantwortlichkeiten und jeder will etwas anderes.
Gibt es ein konkretes Beispiel?
Der Kommunale Immobilienservice und der Sanierungsträger zerren darum, wer die Immobilien später verwalten darf. Aus meiner Sicht hat die Stadt die Förderung erhalten und der KIS verwaltet ihre Immobilien. Hier geht es um einen Kulturstandort. Der Sanierungsträger ist eher immobilienorientiert.
Und dann ist ja auch immer noch die Frage nach dem zukünftigen Standortmanagement offen.
Es gibt mit Martin Schmidt-Roßleben einen Standortbeauftragten, der sich auch redlich bemüht und unheimlich viel bewegt hat. Auf der anderen Seite hängt der total in der Luft, denn er ist niemanden gegenüber weisungsberechtigt und kann immer nur versuchen zu vermitteln. Das ist eine unvorstellbare Situation, wenn man bedenkt, dass hier 100 Millionen Euro in den Kulturstandort fließen. Ich dachte eigentlich immer, dass der Oberbürgermeister irgendwann aufwacht. Wir sind zwar immer noch in der Phase des Aufbaus, doch mittlerweile hätte man schon längst darüber nachdenken müssen, andere sagen sogar, man hätte gar nicht anfangen dürfen, bevor solche Fragen nicht geklärt sind.
Das Gespräch führte Dirk Becker
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