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Aufgemauert. Sieben Jahre nach dem Beginn des Bürgerengagements am Winzerberg ist die einst verwahrloste Anlage nicht wiederzuerkennen. In drei Jahren will der Bauverein den alten Weinberg, den Friedrich II. anlegen ließ, fertiggestellt haben.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Das Wunder am Winzerberg

Bauverein will historische Anlage 2015 wiederhergestellt haben. Der erste Wein im Mai

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Sanssouci - Nach dem „Kleinen Wunder von Babelsberg“, dem Aufbau der Kirche am Neuendorfer Anger, zeichnet sich am Winzerberg am Park Sanssouci ein neues Mirakel ab. In beiden Fällen sind es engagierte Bürger unter Leitung von Baudenkmalpfleger Roland Schulze, die es vollbringen. Die Anlage, die der Schlösserstiftung gehört, sollte ursprünglich aus Kostengründen dem Verfall überlassen bleiben. Friedrich II. ließ sie 1763 anlegen.

„Als wir den Verein 2005 gründeten, machten wir einen Zehnjahresplan“, berichtete Schulze am Samstag bei der ersten Führung in diesem Jahr über die Terrassen des Weinberges. Danach wird das Riesenprojekt hinter dem Triumphtor im Jahre 2015 vollendet. Die ersten Weinstöcke kommen bereits am 5. Mai in die Erde. Auf der zweiten Ebene, deren 67 Meter lange Mauer ein Jahr früher als geplant fertig wurde, sind 100 Pflanzungen vorgesehen. „Jeder kann sich daran beteiligen“, warb Schulze.

Die langen Ziegelmauern, welche die Etagen des Weinberges bilden, waren durch Wasser- und Wurzelschäden weitgehend zerstört. Vom bis fünf Meter in die Erde reichenden Fundament bis zur hölzernen Pergola musste das dazwischen liegende Mauerwerk wiederhergestellt werden. „An der ersten Mauer haben 40 bis 50 Maurer gearbeitet“, berichtete Schulze. Lehrlinge, Rentner sowie Kollegen der Maurerinnung seien darunter gewesen. Und die Pergola war ein regelrechtes Ausbildungsprojekt für Lehrlinge der Tischlerinnung.

In die zweite Etage führen stabile Stufen aus Sandstein. „Die Treppe lag zusammengefallen auf der Erde.“ Heute sei ihr nicht anzusehen, welche Teile einschließlich Geländer historisch und welche neu sind. Auf den Etagen türmen sich teilweise alte Mauer- und Säulenfragmente. „Die haben alle eine Nummer und kommen wieder an ihren Platz“, so Schulze.

Hunderte Freiwillige haben in den letzten fünf Jahren mitgewirkt. Unterstützung gab es von Diplomanden der Fachhochschule Potsdam. „Die waren ganz begeistert, denn sie konnten unmittelbar sehen, dass wir ihre Ergebnisse umgesetzt haben“, berichtete Schulze.

Ein Musterfeld mit in Holzrahmen gefassten Gewächshausscheiben ist bereits angelegt. „Die erhaltenen Teile verwenden wir wieder.“ Hinter insgesamt 5000 Glasscheiben soll der Wein wachsen und reifen. Um das Projekt zu finanzieren, bietet der Verein die Scheiben zu einem Preis von je 30 Euro als Spende an. Reihe und Nummer jeder Scheibe sowie der Name des Spenders werden eingeritzt. „Wir haben den Preis extra tief gemacht, damit sich möglichst viele beteiligen können.“ 2000 Glasscheiben seien bereits „verkauft“, so Schulze.

Am verschlossenen Bunkereingang am Rande des Weinbergs weist eine Informationstafel auf die Geschichte des Stollens hin: 1944 wurde er nach Plänen von Rüstungsminister Albert Speer von Zwangsarbeitern bergmännisch angelegt. 3000 Menschen konnten bei Luftangriffen hier Schutz finden. Der Potsdamer Polizeipräsident ordnete als örtlicher Luftschutzleiter am 12. Juni 1944 an, die Glasfenster der Treibhäuser am Weinberg zu mattieren, damit die spiegelnden Flächen feindlichen Fliegern keine Orientierungspunkte bieten. Nach dem Zusammenbruch sprengten die Russen die ersten zehn Meter des Eingangs. Im Innern ist aber noch viel erhalten. Der Eingang sei „reversibel verfüllt“, heißt es auf der Informationstafel. „Wir wollen den Bunker nicht wieder aufmachen, aber auch nicht vergessen“, sagte Schulze.

Sollte das Projekt 2015 vollendet sein, ist für den Verein noch lange nicht Schluss, denn ein so wertvoller Teil des Weltkulturerbes müsse sinnvoll genutzt werden. Außerdem: Auf der anderen Seite des Winzerhauses gibt es einen weiteren Weinberg. „Der ist zwar nicht so schön, aber erhaltenswert ist er allemal“, sagte Roland Schulze.

Führungen an jedem ersten Samstag im Monat ab 10 Uhr. Mehr Infos im Internet unter www.winzerberg.de.

Günter Schenke

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