Landeshauptstadt: Das zweitälteste Gewerbe der Welt
Am 5. Mai war internationaler Hebammentag: „Medizinisierungs-Trend“ entgegensteuern
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Am 5. Mai war internationaler Hebammentag: „Medizinisierungs-Trend“ entgegensteuern Von Nicola Klusemann Mit Sorge beobachte sie schon eine Zeit, das ihr Beruf „medizinisiert“ werde. „Das zweitälteste Gewerbe der Welt droht untergebuttert zu werden“, sagt Martina Schulze, Vorstandsmitglied im Hebammen Landesverband Brandenburg e.V. Die Schwangeren würden zu Kranken gemacht, die Hebammen zu „Erfüllungsgehilfen“ der Ärzte. Es sei nur ein Trend, aber man müsse früh gegensteuern. Den Internationalen Hebammentag am 5. Mai nutzte die engagierte Frau deshalb, um ihr Berufsbild klar zu umreißen. „Frauen wissen oft gar nicht, was ihnen zusteht“, stellt Martina Schulze fest. Im Rahmen einer normalen Schwangerschaft können Hebammen viele Untersuchungen übernehmen, die mittlerweile überwiegend vom Arzt übernommen werden. Vom positiven Schwangerschaftstest bis zum ersten Geburtstag des Kindes erstrecke sich der Betreuungsumfang. Dazu gehörten Schwangeren-Konfliktberatung, soziale Fragen, Ernährungstipps, Linderung von Schwangerschaftsbeschwerden sowie Nachsorge – alles auf Wunsch auch per Hausbesuch. „Wir betreuen selbstverständlich auch Frühchen, kranke Kinder und Frauen, die eine Totgeburt hatten“, zählt Martina Schulze auf. Die Kosten übernähmen die Krankenkassen, abgerechnet würde nach der Brandenburgischen Gebührenordnung für Hebammen. Die Klinikhebamme, die 80 Prozent ihrer Arbeitszeit im St. Josefs-Krankenhaus verbringt und den Rest freiberuflich im Einsatz ist, sieht sich aber nicht als Konkurrenz zu den Medizinern. „Man sollte sich ergänzen.“ Sie komme ohne Pharmazie aus; sie empfehle als Hilfen alte Hausmittel, Tees oder auch Akupunktur. Es gebe aber auch Fälle, „in denen ich einen Arzt zu Rate ziehe“. Viele der insgesamt 277 im Landesverband organisierten Hebammen kooperierten mit Gynäkologen oder Kinderärzten. „Für mich persönlich wäre nie eine Hausgeburt in Frage gekommen“, sagt die Mutter von drei Söhnen. Im Idealfall begleite eine Hebamme die Gebärende bis zur Geburt – auch im Krankenhaus. Der Arzt werde erst am Schluss hinzugerufen. „Es ist beruhigend zu wissen, dass man im Notfall die Medizin abrufbereit im Hintergrund hat.“ Ähnlich entscheiden auch die meisten Frauen. Etwa ein Prozent der Kinder kamen im vergangenen Jahr bundesweit zu Hause zur Welt. In Potsdam wurden 2004 rund 2000 Babys im Krankenhaus geboren und etwa 60 im Geburtshaus.
Nicola Klusemann
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