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Landeshauptstadt: Dass ein Mund nicht reicht
Zwölf Potsdamer Schüler in Israel: Ein Reisetagebuch von Josefine Markarian
Stand:
Zwölf Schüler der Voltaire-Gesamtschule reisten in dieser Woche nach Israel – als Dankeschön für ihr Engagement beim „Stolperstein“-Projekt, für das sie vor zwei Jahren die Lebensgeschichten von ermordeten Juden aus Potsdam recherchiert hatten. Begleitet wurden die Zehntklässler von ihrer Schulleiterin Ortrud Meyhöfer, Religionslehrerin Ulrike Boni-Jacobi und Oberbürgermeister Jann Jakobs. Voltaire-Schülerin Josefine Markarian berichtet für die PNN von ihren Eindrücken.
Mittwoch, der 18. November
Gestern noch im kalten Deutschland stehen wir jetzt hier vor Palmen, laufen am Strand in kurzen T-Shirts und genießen die Wärme. Keiner von uns kann es fassen! Am Dienstag ging es los: Wir flogen von Tegel nach Tel Aviv, besuchten dort gleich im Anschluss die Deutsche Botschaft, mit einem kurzen, aber eindrucksvollem Zwischenstop am Strand, und kamen zu unseren Gastfamilien in Herzeliya. Sie sind alle unglaublich nett, offen, fürsorglich und sprachbegabt.
Heute besuchten wir die Schule unserer Gastgeschwister. Die Lehrer konnten sehr gut English, wir wurden unglaublich nett empfangen und alle Schüler sprachen uns auf Englisch an, besonders um die Jungen standen immer große Mädchentrauben. Wir stellten auch unser Projekt vor und beantworteten viele Fragen.
Wie es auf einem typischen Markt in Tel Avis zugeht, erlebten wir nach der Schule: Da wurde laut gerufen, gehandelt, es gab die verschiedensten Früchte, viel Schmuck und Kleidung und leckere Falafel, sowie andere traditionelle Gerichte. So etwas kennt man gar nicht aus Deutschland.
Dann gingen wir an den Strand, wo die Wellenreiter wagemutig auf den Schaumkronen ritten, im Sonnenuntergang. Wir alle fühlen uns in der Gruppe der Schüler sehr wohl, die Atmosphäre ist einmalig und es wird viel gelacht. Später trafen wir uns noch alle vor einer Pizzeria und redeten viele Stunden lang: Wir lernen so viel wie möglich über die Kultur, Sprache, politische Lage und Geschichte, und unsere Gastgeber fragen viel nach unserer Heimat. Wir alle hoffen, dass eine Schulpartnerschaft zwischen der Voltaire-Gesamtschule und dieser hier entstehen kann, damit wir nicht die einzigen bleiben, die diese Welt kennenlernen dürfen. Und wie so oft, wenn man so viel sagen und erzählen möchte, dass ein Mund nicht reicht, fehlen uns die Worte, abermals, und wir freuen uns auf morgen. Was wohl noch alles kommen mag?
Freitag, der 20. November
Keine Minute vergeht, ohne dass ich davon schwärmen könnte. Wir sind jetzt seit drei Tagen in Israel und es wird immer besser.
Heute war ein sehr, sehr ereignisreicher Tag. Um sieben Uhr trafen wir uns an der Schule, alle wurden ausgestattet mit viel Proviant von ihren Gasteltern gebracht. Es ging nach Yad Vashem in Jerusalem. Ein eindrucksvoller Ort, eines der besten Museen, die wir je betreten hatten, darin waren wir uns einig.
Die Holocaust-Gedenkstätte gibt umfassende Informationen, in einer wunderbaren Gestaltung und tollen Architektur, es blieb kein Auge trocken. Ich hatte das Gefühl, in mir würde ein Luftballon aufgeblasen, der nun gegen meine Brust und meinen Kopf drückte und hinauswollte, aber einfach nicht platzen konnte.
Zeit zum Nachdenken blieb nach der Führung aber nicht, das Programm ging gleich weiter. Wir fuhren in das Rathaus Jerusalems, wo wir mit dem Bürgermeister sprechen durften, der unsere Fragen mit viel Geduld und sehr nett beantwortete. Ein kurzer Snack und wieder los.
Wir besuchten ein Museum über Judentum in Italien. Nachdem wir dann noch das Panorama Jerusalems ausgiebig bestaunt hatten, besichtigten wir einen Garten, in dem einige Freiwillige sich mit Recyclingmethoden beschäftigen. Die Stimmung dort war sehr entspannend, es gab Kuchen und Kaffee, ein Chor sang.
Der Besuch bei einer Radiostation von Schülern stand als nächstes auf dem Programm. Wir wurden wieder einmal herzlichst aufgenommen. Die Radiomacher stellten interessierte Fragen und schließlich nahmen einige von uns an Live-Interviews teil – eine für mich ganz neue, aber spannende Erfahrung.
In Herzeliya standen unsere Gastgeschwister schon bereit, um uns abzuholen, wir gingen alle zusammen Bowlen, es herrschte tolle Stimmung, wir bilden ein tolles Team und verstehen uns super. Wie könnte es besser sein!
Ich kann meine Freude über dieses Projekt in Worten gar nicht ausdrücken. Wir hoffen jetzt mit vollem Herzen auf ein Wiedersehen mit unseren neuen Freunden in Deutschland. Der Tag war unvergesslich. Niemals zuvor habe ich solch beeindruckende Sachen erlebt. Wir freuen uns auf den morgigen Tag, es geht nach Jerusalem und ans Tote Meer. Gute Nacht also, oder wie man hier sagt: „Laila Tov“.
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