Sport: Dauerbrennerin
Nach überstandener Gürtelrose will Potsdams Ausnahmeschwimmerin Jana Henke nun das Olympia-Ticket
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Nach überstandener Gürtelrose will Potsdams Ausnahmeschwimmerin Jana Henke nun das Olympia-Ticket Wer Jana Henke unterschätzt, macht einen Fehler. Wer glaubt, mit ihren 30 Jahren sei die Potsdamerin eine „Schwimm- Oma“, die der internationalen Spitze nur noch hinterherkrault – der macht sogar einen großen Fehler. Denn der Schützling von Trainer Rainer Welke machte nicht nur in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften auf sich aufmerksam, sondern belehrte auch in den letzten Jahren Skeptiker immer wieder eines Besseren. Nun strebt die Spezialistin auf den langen Freistilstrecken ihre dritten Olympischen Spiele nach Barcelona 1992 (Dritte über 800 m) und Sydney 2000 (Siebente über 800 m) an. Um ab 14. August im Wasser von Athen dabei sein zu können, muss Jana Henke bei den am Freitag beginnenden 116. Deutschen Meisterschaften im Berliner Europa-Sportpark das Ticket dorthin lösen. „Mein Hauptaugenmerk liegt auf den 800 Metern“, sagte sie den PNN. „Aber wenn die Nominierung dazu reicht, werde ich in Athen auch die 400 Meter schwimmen.“ Henkes Vorteil auf dem langen Kanten: Bei den Weltmeisterschaften 2003 in Barcelona wurde sie Fünfte in 8:30,11 Minuten, und mit dieser Zeit unterbot sie schon die Olympia-Norm des DSV. „Die Ergebnisse der WM zählen für Athen mit“, erklärte dazu Trainer Welke, dessen Schwimmerin am Sonntag in Berlin Zweite werden muss, um das Ticket nach Griechenland in der Tasche zu haben. Größte Konkurrentin ist die acht Jahre jüngere Titelverteidigerin Hannah Stockbauer (Erlangen). Entsprechend optimistisch geht Jana Henke, die auch die 200 und 1500 m kraulen wird, die Titelkämpfe an: „Über die 800 Meter gibt es laut Meldeliste eigentlich nur Frau Stockbauer und mich für die ersten Plätze.“ Auf der halb so langen Distanz sieht es auch ihr Coach als schwierig an, sich auf die für Athen geforderte Zeit zu steigern. „Das dürfte bis auf Stockbauer allen deutschen Kraulerinnen schwer fallen“, sagte er. Wird die Potsdamerin zum Auftakt am Freitag über 400 m Zweite, stehen ihre Chancen nicht schlecht, in Athen auch diese Distanz zu schwimmen. Dabei sah es vor einigen Wochen noch keineswegs gut aus für die Dauerbrennerin: In der letzten Woche des Trainingslagers in Mexiko-City bekam sie eine Gürtelrose auf dem Schulterblatt. Die Erkrankung wurde glücklicherweise gleich erkannt und konnte dadurch sofort behandelt werden. Dennoch: Zwei Wochen stark eingeschränktes Üben waren die Folge, denn die für die Gürtelrose verantwortlichen Windpockenerreger sind ansteckend, so dass Jana Henke nicht ins Wasser durfte. „Ob die Trainingsrückstände ganz aufgeholt sind, wird sich jetzt in Berlin zeigen“, erzählte sie. „Was ich im Wasser nicht konnte, habe ich um so mehr an Land gemacht. Beispielsweise Radfahren und Krafttraining mit speziellen Zugübungen. Irgendwie geht es schon. Ich lass mich durch so etwas nicht mehr verrückt machen.“ Ähnliches nämlich hatte die gebürtige Löbauerin, die seit nunmehr 16 Jahren unter Welkes Regie erfolgreich in der Nationalmannschaft schwimmt und immer noch erfolgshungrig ist, schon vor Olympia 2000 erlebt. „Damals konnte ich anderthalb Wochen gar nichts machen“, erinnert sie sich. Trotzdem qualifizierte sie sich für Sydney. Nehmerqualitäten wie diese sind eine Grundlage dafür, dass Jana Henke immer noch als Leistungssportlerin durchs Wasser krault. Nachdem sie 1991 WM- und 1992 Olympiadritte, 1993 Europa- und zwei Jahre später Vizeeuropameisterin geworden war, verpasste sie 1996 bei den nationalen Titelkämpfen in Braunschweig als Dritte über 800 Meter das Olympia-Ticket nach Atlanta. Vieles sprach dafür, dass sie – damals 23 – aufhören würde. Doch denkste. Die Ausnahmeschwimmerin aus dem Luftschiffhafen kam wieder, und wie: 1997 und 1999 jeweils EM- Bronze, dazwischen 1998 Vierte der WM. Als sie ohne Medaille aus Sydney heimkehrte, wurde wieder gemunkelt: Na, ob sie nun genug hat? Von wegen. 2002 wurde Jana Henke in Berlin, von wo aus sie täglich zum Arbeiten und Training nach Potsdam kommt, erneut Europameisterin über 800 m Freistil – in 8:23,83 Minuten, das waren 6,47 Sekunden unter ihrer bisherigen Bestzeit. Bei den (verpassten) Weltmeisterschaften 2001 in Fukuoka wäre sie mit dieser Zeit Titelgewinnerin geworden! Und auch bei den WM im vergangenen Jahr holte sich die medizinisch-technische Assistentin der Potsdamer Praxisgemeinschaft für Labormedizin und Mikrobiologie auf Hermannswerder eine Medaille. Über 800 m wurde es zwar „nur“ Platz fünf, über 1500 m Freistil aber Bronze in persönlicher Bestzeit von 16:10,13 Minuten. „Olympische Spiele sind etwas ganz Besonderes. Die haben ein einzigartiges Flair, auch durch die vielen Sportarten nebeneinander“, schwärmt Jana Henke. Und gibt so eines ihrer Motive preis, bis Athen – und vielleicht sogar noch darüber hinaus – Hochleistungssport zu treiben. Mit allem ihr eigenen Ehrgeiz. Niemand sollte sie unterschätzen.
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