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Stern-Zeichen. Das Modell eines DDR-Fernsehtransporters, Typ Mercedes.

© A. Klaer

Von Peer Straube: DDR-Fernsehen mit Mercedes-Transporter

Ausstellung im Deutschen Rundfunkarchiv in Babelsberg zeigt rund 170 Modelle von Übertragungswagen

Von Peer Straube

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Babelsberg - Das Auto wirkt wie aus einem James-Bond-Film. Eine schwarze Edellimousine, runde Kotflügel, ein schnittiges Cabrio. Ein Mann im schwarzen Anzug steht darin und noch einer im grauen Zwirn. Von weitem sieht es so aus, als hielte er eine Bazooka – doch beim näheren Hinsehen entpuppt sich die vermeintliche Feuerwaffe als riesige Fernsehkamera.

Das Auto und die Männer sind nur wenige Zentimeter groß. Es ist das Modell eines SIS 110, eines Übertragungswagens des DDR-Fernsehens aus den 50er Jahren. SIS steht für „Sawod imeni Stalina“, zu Deutsch Stalin-Werk, eine sowjetische Schmiede für Luxuskarossen. Der Nobelschlitten ist Bestandteil einer Sonderausstellung, die insgesamt rund 170 Fahrzeugmodelle umfasst. Sie heißt „Die blaue Post der DDR – Fahrzeuge des Rundfunks und Fernsehens“ und wird derzeit im Deutschen Rundfunkarchiv auf dem Gelände der Babelsberger Medienstadt gezeigt. Der Chemnitzer Dieter Fichtner hat sie in akribischer, achtjähriger Arbeit mit viel Liebe zum Detail angefertigt. Der 65-Jährige hat seine Liebe zum Modellbau schon als Kind entdeckt – inzwischen hat er 2500 Stück zu Hause, etwa 600 davon selbst gebaut.

Zunächst Schiffe, nach der Wende spezialisierte er sich auf Fahrzeuge der DDR. „Das ist ein abgeschlossener Zeitraum“, begründet Fichtner seine Wahl. Doch für einen gelernten Kfz-Mechaniker und -elektroniker lag sie wohl nahe. „Ich habe mich von Anfang an auf Spezialfahrzeuge gestürzt, die es im Handel nicht gab.“ Vor acht Jahren begann Fichtner, sich der „Blauen Post“ zu widmen. Die Recherchen führten ihn auch ins Rundfunkarchiv, das über umfangreiches Bildmaterial über die verwendeten Fahrzeugtypen verfügt. Im Handel erhältliche Fahrzeugmodelle baute er entsprechend um, was es nicht gab, bastelte er selbst.

„Die Sammlung ist bundesweit wohl ziemlich einmalig“, gerät Rundfunkarchiv-Mitarbeiter Jörg-Uwe Fischer ins Schwärmen. „Die Detailgenauigkeit ist ganz außergewöhnlich.“ Auf jedem Fahrzeug prangt selbst das Posthorn – in winziger Größe – der Hinweis, das die DDR-Übertragungswagen unter der Hoheit des Ministeriums für Post- und Fernmeldewesen standen. Die DDR-Fernsehleute nutzten praktisch alles, was in den Autowerken des Ostblocks vom Band rollte – Barkas, Moskwitsch, Wolga, Ikarus, Robur, Horch, Wartburg – nahezu alle Typen wurden genutzt und sind als Modelle nun in der Ausstellung verewigt.

Um sich mit den Kameras ins rechte Licht setzen zu können, griff die DDR allerdings von Anfang an auch gern auf die Autos des Klassenfeindes zurück. Die allerersten Übertragungswagen, von 1955 und noch für Schwarz-Weiß-Fernsehen, waren englische Fabrikate, Pye Morris. Bis zur Wende kaufte man gern jenseits des Eisernen Vorhangs – Marconis aus England, selbst Mercedes-Laster, von Bosch zum Ü-Wagen umgebaut, fanden beim DDR-Fernsehen Verwendung. „Anfangs musste der Stern abmontiert werden, damit das nicht so auffällt“, erklärt Fichtner. Ein entsprechendes Modell hat er ebenfalls angefertigt. Am längsten dauerte der Bau eines Mastwagens. Vier Monate hat Fichtner an dem Modell gesessen – ein ZIL 131 Sosna, ein Laster mit Antennenmast.

Bei der Eröffnung der Ausstellung vor wenigen Tagen war vor allem das Interesse bei den RBB-Kameraleuten groß – viele haben noch selbst in den originalen Ü-Wagen gesessen. Bis zum 17. Februar ist die Schau noch zu sehen – montags bis freitags jeweils von 9 bis 17 Uhr.

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