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Diskutanten im Hans Otto Theater: CDU-Politiker Rainer Dallwig und Anna Lüdcke, Moderator Christopher Hanf, Schauspieler Paul Sies und Intendantin Bettina Jahnke.

© Henri Kramer

Update

Debatte nach Aktion gegen Garnisonkirche: CDU-Vertreter distanzieren sich von Förderstopp-Drohung gegen Theater

Am Samstagabend ist im Hans Otto Theater über gekaperte Werbeplakate kontrovers diskutiert worden. Viele Gemeinsamkeiten gab es nicht.

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Die für eine Aktion gegen die Garnisonkirche gekaperten Plakate des Hans Otto Theaters (HOT) haben am Samstagabend (21.1.) für eine kontroverse Podiumsdebatte in dem Schauspielhaus gesorgt. Dabei distanzierten sich die zwei kommunalen CDU-Kulturpolitiker Anna Lüdtke und Rainer Dallwig von der Forderung ihres vor dem Abschied stehenden Unionskreischefs Oliver Nill, der sogar die Förderung des Theaters infrage gestellt hatte. Diese Meinung komme aus einer „anderen Ecke“ der Union, sagte Dallwig, ohne Nill zu nennen. Zuvor hatte HOT-Schauspieler Paul Sies vor allem Nills Forderung kritisiert: „Die Kunstfreiheit endet nicht mit der staatlichen Trägerschaft.“

Der Anlass der Debatte: Linke Aktivisten hatten Anfang Dezember mehrere Plakate zum Stück „Die schmutzigen Hände“ mit einer Botschaft gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche versehen: Solche rechten Wallfahrtsorte müssten verhindert werden. Die Bilder gingen durch die sozialen Netzwerke. HOT-Intendantin Bettina Jahnke ging aber nicht gegen die Aktion vor. Lüdcke und Dallwig forderten wegen dieser öffentlich erklärten Duldung in einem Brief eine Entschuldigung - und bekamen die Diskussion am Samstag.

Beide betonten, dass die Duldung der Aktion durch das Theater nicht gutzuheißen sei, weil so die Gefühle von Anhängern des umstrittenen Wiederaufbauprojekts verletzt worden seien, diese sich als Nazis verunglimpft sähen. Ihre Antipoden, HOT-Intendantin Bettina Jahnke und Schauspieler Sies, betonten hingegen die Kunstfreiheit und die politische Haltung, die ein Theater einnehmen dürfe und müsse.

Lassen Sie die Kirche im Dorf

Bettina Jahnke, Intendantin des Hans Otto Theaters

Jahnke betonte, es seien nur sechs von 130 Plakaten überklebt worden: „Lassen Sie die Kirche im Dorf!“ Ob sie diese Plakate denn hätte abreißen sollen, obwohl das HOT für Haltung, Offenheit und Toleranz stehe?, fragte sie. Das sorgte für Applaus. Schauspieler Sies warnte in Richtung CDU, das Einnehmen von Opferrollen helfe niemandem. Aus dem Publikum - knapp 100 Gäste - sagte Lutz Boede von der linken Wählergruppe Die Andere, unangenehme Meinungen aus der Bevölkerung seien den Befürwortern der Garnisonkirche zuzumuten.

Lüdcke hingegen äußerte sich besorgt um den politische Diskurs und sagte, dass durch solche Aktionen Debatten noch polarisierter geführt würden. Ein Theater müsse nicht neutral sein, so Dallwig - sollte aber auch keinen rechtsverletzenden Aktivismus unterstützen. Zudem rechnete er vor, dass mit den einige Wochen lang sichtbaren Plakaten eben nicht für das Theater geworben wurde. Gegner der Aktion hätten sich gefragt, warum so Steuergeld für Werbung gegen die Garnisonkirche fehlgeleitet worden sei.

Ziviler Widerstand müsse mit so einer Art Kunstaktion in einer Demokratie möglich sein, erwiderte Jahnke - und Kunst dürfe auch zum Widerspruch einladen. Ein weiteres Zeichen für den nötigen Dialog, der an diesem Abend mehrfach beschworen wurde: Sie selbst sei nun in den noch im Bau befindlichen Turm der Garnisonkirche eingeladen worden, so die Intendantin.

Und: Nach Veröffentlichung dieses Textes teilte der CDU-Fraktionschef Matthias Finken den PNN mit, an der Aktion der Stadtverordneten Lüdcke und von Dallwig habe die Stadtfraktion keinen Anteil.

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