
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Deckel-Mosaik für Tibet
Potsdamer Tibet-Aktivisten gedachten des 53. Jahrestages des tibetischen Aufstands am Brandenburger Tor
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Innenstadt - Die Botschaft war weithin sichtbar: Rund 6000 rote, weiße, gelbe, grüne und blaue Deckel von Plastikflaschen verwendete die Potsdamer Regionalgruppe der Tibet Initiative Deutschland (TID) am Samstag, um vor dem Brandenburger Tor ein fünf Quadratmeter großes Mosaik der tibetischen Flagge zu legen. Unter dem Motto „Genug! Stoppt die Gewalt in Tibet!“ erinnerten die Aktivisten damit an den 53. Jahrestag des Aufstands der Tibeter gegen China und machten auf die nach wie vor herrschende Unterdrückung von Tibet aufmerksam.
„Sogar am Freitagmorgen habe ich noch einen einzelnen Deckel in meiner Sammelbox gefunden, die ich vor die Tür gestellt hatte“, sagte TID-Mitglied Horst Furtner aus Babelsberg über die Sammelaktion, die seit Februar läuft. „Das fand ich toll: Obwohl es nur ein Deckel war, es war irgendjemandem doch wichtig, ihn abzugeben und etwas für Tibet zu tun.“ Besonders freute es die Aktivisten, dass sich viele Potsdamer Schüler an der Aktion beteiligt und gemeinsam gesammelt hatten. Sogar aus Lübben war ein großes Paket mit Deckeln gekommen.
Auch die 42-jährige Exil-Tibeterin Sonnam Chuki aus Potsdam nahm an der Gedenkaktion teil. Geboren wurde sie in Indien, ihre Eltern waren zuvor – wie viele andere – in das südliche Nachbarland geflohen. 1993 hatte sie ihren deutschen Mann kennengelernt. „Der Zustand in Tibet ist unerträglich“, sagt Chuki. Sie selbst hat ihr Heimatland noch nie betreten: „Ich bin nur bis zur Grenze gekommen. Mein Mann durfte rüber, ich nicht.“ Vor allem die steigende Zahl der Selbstverbrennungen zeige, dass die Situation in Tibet immer verzweifelter wird: Über 420 Tibeter sind laut TID seit dem März 2011 festgenommen worden, 50 wurden durch chinesische Sicherheitskräfte getötet, 18 tibetische Nonnen und Mönche haben sich selbst verbrannt.
Die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung in Sachen Tibet bezeichnete die Potsdamer Aktivistin Gerit Dieter als „zurückhaltend“, viele diplomatische Versuche der letzten Zeit seien ergebnislos verlaufen. „Zudem besitzt nicht mal die chinesische Bevölkerung selbst Meinungsfreiheit; die Tibeter werden sie wohl noch weniger bekommen.“ An eine echte Freiheit Tibets kann Gerit Dieter schon gar nicht mehr glauben: „Ich fordere daher nicht ‚Free Tibet!’, sondern ‚Save Tibet!’“ Selbst das sei schon schwierig genug, denn die Tibeter seien mittlerweile „Fremde in ihrem eigenen Land“, stellte der Potsdamer Aktivist Ernst Cantner bitter fest: „80 Prozent der Bewohner der Hauptstadt Lhasa sind Han-Chinesen.“ Dazu kommen Zwangssterilisationen von tibetischen Frauen sowie die erzwungene Ansiedlung tibetischer Nomaden in Betonbauten. Cantner hat dafür nur ein Wort: „Völkermord.“
Am Samstag gab es sowohl in Deutschland als auch international zahlreiche öffentliche Gedenkaktionen: In Berlin etwa versammelten sich TID-Mitglieder und führten ein Theaterstück mit dem chinesischen Generalsekretär Hu Jintao als Feuerteufel auf. Neben großen Veranstaltungen in München und Frankfurt am Main hissten zudem die Rathäuser von über 1200 deutschen Städten und Gemeinden, darunter auch Potsdam, als Zeichen der Solidarität die tibetische Flagge.
Das Deckel-Mosaik ist eine Aktion, die es in Potsdam bislang noch nicht gegeben hat. Mitinitiator Horst Furtner könnte sich sogar vorstellen, dass Flaschendeckel im Laufe der Zeit eine Art Symbol für den Protest gegen Chinas Tibet-Politik werden könnten: „Chinas Unterdrückung ist wie ein Deckel, den man auf einem unter Druck stehenden Gefäß hält“, so der TID-Aktivist. Außerdem sei China der größte Produzent von Plaste-Flaschen-Deckeln.
Im Internet:
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