Von Henri Kramer: Demütigung eines Ex-Vorsitzenden
Parteitag: Pete Heuer unterliegt Günther Waschkuhn / Heftige Kritik an Führungsstil des abgewählten Chefs
Stand:
Fast alle Redner sind gegen Heuer. Mehr als eine Stunde lang. Der Beginn des Kreisparteitags der Potsdamer Linken gerät zu einer Abrechnung mit der Arbeit des Kreisvorsitzenden. Der erste Angriff im Theatersaal vom Treffpunkt Freizeit gehört Maria Strauß, Landesgeschäftsführerin der Linken und Mitglied im Kreisvorstand. Das bisher 14-köpfige Gremium sei vom ersten Tag an nicht arbeitsfähig gewesen, kritisiert sie – und nennt aus ihrer Sicht einen Schuldigen: Pete Heuer. „Er war es leider, der Brücken zerstört hat.“
So geht es weiter. Die Stadtverordnete Hella Drohla liest einen Brief des Linke-Stadtverordneten Rolf Kutzmutz vor: „Kein gutes Arbeitsklima“ habe im Kreisvorstand geherrscht. Auch Linken-Landespolitiker Heinz Vietze ist mit Heuer nicht zufrieden: „Ein Kreisvorsitzender muss sagen, wo die Probleme sind.“ Der nächste Schlag gehört der künftigen Vorsitzenden des Sozialausschusses, Jana Schulze: Die persönliche Mitarbeiterin von Stadtfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg erinnert an den Skandal, als sie vor versteckten ZDF-Kameras vermeintlichen Hartz-IV-Empfängern Tipps zum Sozialbetrug gab. „Alle in der Partei haben sich hinter mich gestellt, nur einer nicht “ Gemeint ist Heuer. Schulze tritt vom Rednerpult auf der Bühne weg.
Klar positioniert sich auch Brandenburgs Linke-Chef Thomas Nord. Mangelnden Führungsstil wirft er Heuer vor, dieser sei beispielsweise nachtragend. „Es gibt ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen dem Kreisvorsitzenden und der Mehrheit im Kreisvorstand“, so Nord. Davon spricht später auch Scharfenberg, selber Mitglied im Vorstand.
Heuer sitzt schweigend da, spielt mit seinem Stift. Und verteidigt sich in seiner Bewerbungsrede mit eindringlichen Worten: „Ich werde nicht gehen, wie es andere Generationen vor mir frustriert getan haben. Ich werde bleiben.“ Scharfenberg bietet er seine Zusammenarbeit an, dass sei man den Wählern schuldig. „Ich reiche dir die Hand.“ Scharfenberg klatscht nach der Rede nicht. Andere dagegen schon.
Und so fällt das Wahlergebnis gegen Heuer auch nicht so deutlich aus, wie es nach so heftigen Vorwürfen zu erwarten wäre. Der in der Parteibasis weitgehend unbekannte Günther Waschkuhn gewinnt mit 58 zu 41 Stimmen gegen Heuer.
Es ist nicht der einzige Umbruch des Tages. Mit der 27-jährigen Barbara Paech und dem 30-jährigen Ronny Besançon werden zwei junge Nachwuchskräfte zu stellvertretenden Kreisvorsitzenden erhoben. Auch der Vorstand ist nach dem Samstag ein neuer. Denn Schwergewichte wie Landtagsabgeordnete Anita Tack, Scharfenberg oder Kutzmutz treten nicht noch einmal an. Weil sie nach dem achtbaren Wahlergebnis von Heuer offenbar Angst vor der Strafe der Delegierten haben? So unken zumindest Vertraute aus dem Heuer-Lager. Mit Lothar Schröter scheitert zudem ein Intimus von Scharfenberg bei den Vorstandswahlen. Am Ende sind nur zwei der alten Vorstände noch dabei. Ein Umbruch, wie ihn der Potsdamer Linke-Kreisverband mit seinen 1300 Mitgliedern seit Jahren nicht erlebt hat.
Dessen Zukunft will nun Waschkuhn gestalten. „Ich bin nicht Teil des Problems, aber vielleicht die Lösung“, sagt er. Und: „Die Linke muss eine Mittmach-Partei sein.“ Und noch einen wichtigen Satz sagt der Mann, der während des Parteitags stets neben Scharfenberg sitzt: „Ich habe keine weiteren Ambitionen.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: