
© ESO/Y. Beletsky
ESO-Teleskop erhält Herzstück aus Potsdam: Den Himmel vermessen
Potsdamer Forscher entwickeln und fertigen ein Herzstück für das ESO-Teleskop in Chile. Damit soll die Erforschung unserer Galaxie vorangetrieben werden.
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Es ist ein wichtiger Meilenstein. Sowohl für die weitere astronomische Erforschung unserer Heimatgalaxie, als auch direkt für das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP). Denn die Babelsberger Astronomen übernehmen erstmals die Leitung eines großen Instrumentierungsprojekts der Europäischen Südsternwarte (ESO) – und haben sich dazu in einem internationalen Wettbewerb behauptet. Die Potsdamer entwickeln und fertigen nun den Spektrograf für eines der ESO-Flaggschiffe, mit dem dann von dem Vista-Teleskop im südamerikanischen Chile aus bis zum Jahre 2037 über 75 Millionen Himmelsobjekte erfasst werden sollen. Dass die Technik zur Zerlegung des Lichtes (Spektrografie) von den Potsdamer Forschern kommt, spricht laut Generaldirektor der Europäischen Südsternwarte, Tim de Zeeuw, dafür, dass das AIP mittlerweile ein Schlüsselpartner im ESO-Verbund geworden ist. Ohne die Potsdamer gehe es in diesem Bereich nicht mehr, wie er bei der Vertragsunterzeichnung für das 4Most-Projekt unter AIP-Federführung am Dienstag in Potsdam betonte.
Mit dem 4-Meter spektroskopischen Multi-Objekt-Teleskop (4Most) soll das vom Vista-Teleskop eingefangene Licht zerlegt werden, um aus dem Lichtspektrum dadurch Rückschlüsse auf Entfernung und Bewegung von Himmelsobjekten zu gewinnen. Die Technik soll voraussichtlich ab 2021 Aufnahmen liefern, garantiert wird nach Angaben der Entwickler ein Beobachtungszeitraum 15 Jahren. Die Kosten für den Hardwareanteil bei 4Most liegen laut AIP bei 15 bis 16 Millionen Euro.
40 Prozent des gesamten Himmels werde somit erfasst
Das Besondere an 4Most ist, dass zeitgleich die Lichtspektren von rund 2400 Himmelskörpern erfasst werden können. Das somit entstehende Gesichtsfeld reiche aus, um einen Großteil des Südhimmels in wenigen Jahren zu durchmustern. Mehr als 40 Prozent des gesamten Himmels werde erfasst, so das AIP. „Die massive Parallelität, verbunden mit der hohen spektroskopischen Auflösung, erlaube 4Most, chemische und kinematische Unterstrukturen zu identifizieren und so den Ursprung unserer Heimatgalaxie zu ergründen“, erklären die AIP-Forscher. Dank einer breiten Wellenlängenabdeckung könne die Entwicklung von Galaxien und der großräumigen Struktur des Kosmos bestimmt werden.
Der wissenschaftliche Vorstand des AIP, Matthias Steinmetz, nannte als wissenschaftliche Ziele die Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte der Milchstraße, die Identifikation von Quasaren und die Erstellung einer 3D-Karte des Kosmos mit einen Tiefe von bis zu zehn Lichtjahren. „Die Unterzeichnung ist ein Meilenstein für unser Institut“, sagte Steinmetz. Erstmals übernehme das AIP die Konsortialführung für ein Großprojekt der ESO. „Wir verdanken diesen Erfolg sowohl der wissenschaftlichen Expertise, die wir in unserem Institut vereinen, als auch dem großen Engagement unserer Wissenschaftler, Ingenieure und Mitarbeiter“, so Steinmetz.
ESO-Chef Tim de Zeeuw erwartet, dass mit 4Most zahlreiche astronomische Fragestellungen neu gestellt werden können: „Beispielsweise zur Geschichte und Zukunft unserer Milchstraße oder zur Entwicklung massiver Schwarzer Löcher in den Zentren von Galaxien.“ Das Instrument wird eigens für das Vista-Teleskop in Chile entwickelt. Das 4Most-Konsortium unter Potsdamer Leitung besteht aus 15 europäischen Instituten und Hochschulen.
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